SPD-Politiker Roth beschämt über Antisemitismus: "Fühle zum ersten Mal fremd in meinem eigenen Land"
Es sind katastrophale Bilder, die aus Gaza gesendet werden. Die humanitäre Lage verschlimmert sich Tag für Tag. Sichtlich emotional reagierte SPD-Außenpolitiker Michael Roth auf die Fotos im Polittalk von Markus Lanz. Mit Blick auf Deutschland erklärte er: "Was mich schämt, ist, dass wir die Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens in Deutschland nicht mehr gewährleisten können."
Zu Beginn der Sendung sprach Markus Lanz über die "schlimmen Zustände" und "düsteren Nachrichten" aus Gaza, wo die Palästinenser neben Versorgungsproblemen in Krankenhäusern auch mit einem Wasser- und Lebensmittelmangel zu kämpfen haben. Dazu sagte Ex-Diplomat Andreas Reinicke zunächst erschüttert: "Es liegt auf der Hand, dass die Versorgung der Menschen eben zusammengebrochen ist." Für ihn sei es daher nur logisch, sich jetzt über die "Verhältnismäßigkeit" Gedanken zu machen und die Frage zu stellen, wie weit "ein Selbstverteidigungsrecht" Israels gehen könne "im Verhältnis zu dem, was einer Bevölkerung angetan wird".
"Die Glaubwürdigkeit von Israel wird durch solche Bilder erschüttert"
Eine Ansicht, die SPD-Außenpolitiker Michael Roth nicht ganz teilen konnte. Er merkte an: "Das Völkerrecht ist sehr klar: Zivile Ziele dürfen nicht angegriffen werden – und dazu gehören selbstverständlich auch Krankenhäuser." Das Dilemma sei jedoch laut Roth, dass seitens der israelischen Regierung vermutet werde, dass in Krankenhäusern, Moscheen und Wohngebieten "Waffendepots angelegt worden sind" und sich "dort die Hamas-Führer aufhalten" Dementsprechend sei es "sehr schwierig", die Terroristen von den Zivilisten zu trennen, auch wenn nach wie vor die Aufforderung gelte, "zivile Opfer zu vermeiden".
Roth wurde daraufhin emotional, als Markus Lanz weitere Bilder aus Gaza zeigte. Er sagte sichtlich angefasst: "Ich habe manchmal den Eindruck, ich müsste mich verteidigen, weil mir das nicht zu Herzen geht. Ich bin doch kein kaltherziger Mensch! Wenn ich diese Bilder sehe, finde ich das genauso furchtbar wie alle anderen auch. Aber ich versuche es eben einzuordnen und das kommt in der Debatte in Deutschland bisweilen zu kurz." In dem Zusammenhang warnte der SPD-Mann: "Von diesen furchtbaren Bildern, die Sie uns eben präsentiert haben, profitiert – und das soll nicht zynisch gemeint sein – vor allem Hamas, nicht Israel. Die Glaubwürdigkeit von Israel wird durch solche Bilder erschüttert."
Erschütterung über den wachsenden Antisemitismus
Dennoch müsse man laut Michael Roth die Bilder zeigen, auch wenn er "nicht den Eindruck" habe, "dass Israel es bewusst darauf anlegt, Zivilistinnen und Zivilisten zu töten". Es sei vielmehr "ihr erklärtes Ziel, dem Hamas-Terror ein für allemal die Grundlage zu entziehen. Und dieses Ziel halte ich unter den obwaltenden Bedingungen für richtig". Einen Waffenstillstand halte er deshalb nicht für sinnvoll. Im Gespräch mit Lanz erklärte Roth, dass seine Ansicht nichts damit zu tun habe, "dass wir nicht wollen, dass dort wieder Frieden herrscht oder dass die Gewalt beendet wird". Er befürchte vielmehr, "dass ein längerer Waffenstillstand vor allem den Hamas-Terroristen nutzen wird, um Kräfte zu schöpfen".
Der SPD-Mann stellte sich entschieden auf die Seite der Bundesregierung und sagte stolz: "In diesem Konflikt hat sich Deutschland sehr parteiisch erklärt." Gleichzeitig merkte er an: "Ich finde, das macht unsere Regierung sehr gut, (...) gemeinsam in engster Abstimmung mit den USA den Dialog mit den Nachbarn Israels aufrechtzuerhalten." Michael Roth habe daher weiterhin die Hoffnung auf eine "friedliche Koexistenz" sowie "eine Zweistaatenlösung" – auch wenn dies kein einfaches Unterfangen sei, denn: "Beide Seiten müssen anerkennen, dass die Existenz gesichert ist: die Existenz Israels (...), aber auch die Israelis müssen anerkennen, dass es einen Palästinenserstaat gibt."
Weniger optimistisch blickte Roth derweil auf sein eigenes Land. Im Gespräch mit Markus Lanz reagierte er erschüttert auf den wachsenden Antisemitismus und sagte: "Was mich schämt, ist, dass wir die Sicherheit von Bürgerinnen und Bürgern jüdischen Glaubens in Deutschland nicht mehr gewährleisten können. Dafür schäme ich mich und ich fühle mich zum ersten Mal fremd in meinem eigenen Land, weil ich es niemals für möglich gehalten hätte."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH