Die Unschuldigen
13.01.2021 • 20:15 - 22:05 Uhr
Spielfilm, Drama
Lesermeinung
Heimlich sucht die polnische Nonne Teresa (Eliza Rycembel) Hilfe beim französischen Roten Kreuz.
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Die Ärztin Mathilde Beaulieu (Lou de Laâge) arbeitet für das französische Rote Kreuz in der Nähe Warschaus. Heimlich kümmert sie sich um die schwangeren Nonnen eines Klosters.
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Originaltitel
Les innocentes
Produktionsland
F, PL
Produktionsdatum
2016
Spielfilm, Drama

Der Horror nach der Befreiung

Von Maximilian Haase

Gleich mehreren tabubehafteten Themen nähert sich Anne Fontaine in ihrem ebenso ruhigen wie mitreißenden Drama "Die Unschuldigen": Mehrere Nonnen eines polnischen Klosters sind nach Vergewaltigungen sowjetischer Soldaten schwanger – und verzweifelt. Nach wahren Begebenheiten.

Kaum eine Regisseurin ist so vielfältig wie Anne Fontaine: Bekannt geworden mit dem Erotikdrama "Nathalie" (2003), erreichte die Französin mit ihrem Biopic "Coco Chanel" 2009 ein größeres Publikum. Acht Jahre später überzeugte sie mit ihrer Édouard-Louis-Verfilmung "Marvin" und zeigte zuletzt Anfang 2020 bei der Berlinale ihr Polizei- und Sozialdrama "Bis an die Grenze". Fünf Jahre zuvor hatte sie ein historisches Drama gedreht, das ebenso unter die Haut geht wie beinahe jedes ihrer Werke: "Die Unschuldigen" erzählt die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte eines polnischen Klosters, in dem 1945 mehrere von sowjetischen Soldaten vergewaltigte Nonnen schwanger wurden. ARTE zeigt den ruhig inszenierten, doch mitreißenden Film nun als Free-TV-Premiere.

Behutsam nähern sich Fontaine und ihre Kamerafrau Caroline Champetier in gediegenen Bildern den Geschehnissen in einem Kloster nahe Warschau kurz nach dem Sieg der Roten Armee über die Wehrmacht. Für die Polen ist der Krieg zwar vorbei, doch hat die Befreiung vor allem für viele Frauen einen schrecklichen Beigeschmack: Vergewaltigungen durch sowjetische Soldaten sind keine Seltenheit. Dass auch das Kloster davon betroffen ist, soll nicht an die Öffentlichkeit gelangen – ein Schweigen, das für die Opfer doppelten Schmerz bedeutet.

Erst als eine von außen kommende junge Ärztin sich der Nonnen annimmt, wächst so etwas wie Hoffnung auf ein besseres Leben. Die Figur der französischen Medizinerin Mathilde Beaulieu (Lou de Laâge) ist inspiriert von den Memoiren Madeleine Pauliacs, die 1945 für das französische Rote Kreuz in Polen arbeitete – und dort in einem Nonnenkloster tatsächlich geheime Hilfe bei Geburten leistete. Ihr Alter Ego im Film muss jedoch erst Schritt für Schritt hinter das schlimme Geheimnis des Ordens gelangen.

"Ein schrecklicher Film für die Kirche"

Zunächst wird sie in der Krankenstation, die eigentlich nur französische Soldaten aufnimmt, von der Klosternovizin Schwester Teresa (Eliza Rycembel) um Hilfe gebeten: Deren Freundin Schwester Zofia (Anna Próchniak) liegt hochschwanger im Kloster und bangt um ihr Leben und das ihres Kindes. Mathilde geht das Risiko ein – und rettet die Schwester mit einem heimlich durchgeführten Kaiserschnitt. Hilfe bekommt die Ärztin dabei von der französischsprachigen Maria (Agata Buzek), die fortan ihre Vertraute wird. So erfährt sie vom ganzen Ausmaß: Insgesamt sieben der Nonnen sind schwanger. Mathilde erfährt, dass die Schwangerschaften Folge zahlreicher Vergewaltigungen sind. Mit allen Mitteln versuchen die Klosteroberen zu verhindern, dass der Skandal publik wird – eine Schließung des Klosters wäre dann unabwendbar.

Dennoch nimmt Schwester Maria das Heft in die Hand – auch wenn ihr der Widerspruch zwischen Glaubensbekenntnis, Kirchenloyalität und ihrem Handeln bewusst wird. Sie bittet die französische Ärztin, auch den anderen schwangeren Nonnen zu helfen. Mathilde erhält heimlich Zutritt zum Kloster und rettet eine Betroffene nach der anderen. Doch auch das Versprechen der Mutter Oberin (Agata Kulesza), die Kinder in gute Hände zu geben, erweist sich als Lüge: Eigentlich hat sie vor die Babys auszusetzen. Prompt müssen die beiden mutigen Frauen Mathilde und Maria an verschiedenen Fronten kämpfen.

Getragen von starker Besetzung erzählt Anne Fontaine in "Die Unschuldigen" von jenem Mut, aber auch von Angst, Zweifel und gleich mehreren tabubehafteten Themen in einer ohnehin schrecklichen Zeit. Vor allem ist es ein Film über die Solidarität zwischen Frauen, die, mögen sie noch so unterschiedlich sein. sich vom Patriarchat, von männlicher Gewalt und den Vorschriften der katholischen Kirche nicht einschüchtern lassen wollen. Fontaine zeigte ihren Film sogar im Vatikan. Von den Geistlichen im Publikum habe ein Erzbischof das Drama als "schrecklichen Film für die Kirche" bezeichnet – und dann ergänzt, dass es wichtig sei, solche Filme zu zeigen.

Die Unschuldigen – Mi. 13.01. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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