Dürer
04.12.2021 • 20:15 - 21:45 Uhr
Fernsehfilm, Dokudrama
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Originaltitel
Dürer
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2021
Fernsehfilm, Dokudrama

Die Agnes an seiner Seite

Von Wilfried Geldner

Gerade noch rechtzeitig zum Dürer-Jahr – Albrecht Dürer wurde vor 550 Jahren, am 21. Mai 1471 in Nürnberg geboren – serviert die Biopic-Spezialistin Marie Noëlle im ARTE-Film "Dürer" ein Porträt des weltberühmten Superstars der Kunstgeschichte zwischen Fiktion und Dokument.

Während sie in Italien oder den Niederlanden ihre Maler wie Leonardo oder Rembrandt feiern, blüht der große Dürer bei uns eher im Verborgenen – oder wird im Volksmund gar bewitzelt. Zu oft wurde er ideologisch schon missbraucht. im Kaisereich als Anti-Franzose, bei den Nazis als typisch arisch, wegen seiner Heiligenbilder als frommer Christ und Reformator. Den allermeisten ist er ohnehin nur als penibler Hasenzeichner und Meister der "betenden Hände" bekannt. Das ARTE-Porträt von Marie Noëlle ("Marie Curie") korrigiert dieses Bild in Reenactment-Szenen und zahlreichen Statements von Kunstwissenschaftlern und Historikern. Dabei wird aber auch auf Dürers Agnes, seine Ehefrau und Managerin, ein deutlicher Akzent gelegt.

Die Kinderlosigkeit der 1494 geschlossenen Ehe wird im Film immer wieder stark betont – teils im Bettgeflüster zwischen Mann und Frau, teils gar in vorwurfsvollen Hausdialogen mit Dürers Mutter, die 18 Kinder gebar, von denen allerdings nur drei überlebten. Offensichtlich hat die Mutter ihrem Albrecht auch eine übergroße Dosis Religiosität einzuimpfen versucht, die zusammen mit betrüblichen Kindheitserlebnissen beitrugen zu Dürers gelegentlicher Melancholie.

Der Meister selbst ließ sich's dennoch nicht verdrießen, blieb auf seinen Maler-Bildungsreisen durch Europa fröhlich und zugleich schöpferisch. In Venedig wich die Skepsis der dortigen Künstler alsbald der Bewunderung, sein Altarbild "Das Rosenkranzfest" zeigte 1506 der Welt, dass er keineswegs nur Kupferstecher war – er konnte auch mit Farben malen. Sein freier Umgang mit der Weiblichkeit ist aus weltlichen Akten zu erahnen. Der Film selber wagt sich da nicht weit vor, sondern begnügt sich mit Zitaten aus den Briefen an Dürers Freund Willibald Pirkheimer. Merkwürdig auftrumpfend wirken zudem die Vorwürfe der Mutter wegen des "Lasterlebens" ihres Sohnes auf dem Totenbett.

Agnes – die unterschätzte Frau an seiner Seite

Den weitaus größten Teil nehmen aber die wiederkehrenden Statements der Kunsthistoriker, Journalisten und gar einer Psychiaterin ein. Noch einmal wird der "Feldhase" grundlegend interpretiert – wie realistisch: das Atelierfenster im Auge des Tiers, die feinen Härchen. Beim "Rasenstück" wird in der Untersicht von Dürers Insektenblick gar Humor entdeckt. Man kann das Dürer-Lob, was die Naturtreue betrifft, stets noch ein Stück weitertreiben.

Auf Historienszenen aus Nürnberg (damals Weltstadt) oder Venedig verzichtet der Film wohl schon aus Kostengründen. Es wertet ihn eher auf, auch auf billiges Reenactment wird verzichtet, ebenso wie auf die Wiederholung gängiger Dürer-Superlative. Allerdings geben sich die Schauspiel-Stars Wanja Mues als Dürer und Hannah Herzsprung als Agnes eher vergeblich viel Mühe, aus dem Dürer-Leben ein richtiges Drama zu machen. Morphing-Szenen, wenn sich die Schauspieler Dank ihrer großen Ähnlichkeit in ihre berühmten Porträt-Vorlagen verwandeln, wirken allenfalls verblüffend. Und ein wenig peinlich wird's, wenn Agnes im Zeitsprung ihrem Albrecht dessen Bilder auf dem Smartphone zeigt.

Zuletzt wird es feministisch, wenn sich die von der misogynen Männerwelt lange unbeachtet gebliebene Agnes mittels Tricktechnik gleich in mehrere Frauen aufteilt. Aber immerhin war sie es, die dem Genie an ihrer Seite geschäftstüchtig zu weltweitem Erfolg und Nachruhm verhalf. Womöglich wäre so ein Agnes-Porträt der zeitgemäßere Film gewesen, eine neue Dürer-Perspektive da sicher aufgetan.

Dürer – Sa. 04.12. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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