Die erste von drei neuen "Terra X"-Folgen mit Ausflügen in die Geschichte porträtiert den Nürnberger Scharfrichter Frantz Schmidt (ca. 1555 bis 1634). Als Sohn eines sozial geächteten Henkers war er gezwungen, denselben Beruf zu ergreifen. Dabei sehnte sich Schmidt danach, als ehrbarer Bürger anerkannt zu sein.
Er hatte den Beruf nicht selbst gewählt, wurde damals Henker wie sein Vater, weil ihm nichts anderes übrig blieb. Scharfrichter, auch Henker genannt, waren ausgegrenzt von der bürgerlichen Gesellschaft. Sie wurden als unehrbar, kurz "unehrlich" bezeichnet, so wie der um 1555 geborene Nürnberger Scharfrichter-Sohn Frantz Schmidt, der von 1578 bis 1617 dem Rat der Stadt Nürnberg als Scharfrichter diente und nun im Zentrum einer spannenden Doku steht. Der Film aus der Reihe "Ein Tag in ..." lief Anfang September bereits bei ARTE und wird jetzt als erste von drei neuen "Terra X"-Folgen mit Exkursionen in die Geschichte am frühen Abend im ZDF erneut ausgestrahlt. Dank des erhalten gebliebenen Tagebuchs von Frantz Schmidt legt die Doku den Akzent auf dessen Innenleben: Der Scharfrichter sehnte sich danach, eines Tages nicht mehr ausgegrenzt zu sein und als ehrbarer Bürger anerkannt zu werden. Was für eine Geschichte!
1593 gelang ihm das, er bekam das Nürnberger Bürgerrecht, nach 361 vollstreckten Todesurteilen und 345 "Leibstrafen", also Folterungen zum Erlangen von Geständnissen, wie man sie noch heute in allerlei historischen Folterkellern und Verliesen in touristischen Führungen erahnen kann. Die Hinrichtungen selbst waren nach strengen Regeln in solche mit dem Schwert, durch Feuer (selten) oder Wasser (für Kindsmörderinnen) eingeteilt. Das Schwert war ohne Spitze, um dessen Gewicht nach vorne zu verlagern, die waagrechte Ausführung verlangte höchste Kunst. Misslungene Hinrichtungen wurden nicht selten mit Steinwürfen quittiert. Die Anerkennung wurde jedoch durch den Titel "Meister" bestätigt.
Fast möchte einen Mitleid ergreifen, wenn man nun als Zuschauer von den Skrupeln und Plagen des Meisters Frantz (dargestellt von Lucas Prisor) erfährt. Eine Handvoll Historiker sind denn auch zur Stelle, um im Film Sinn und Zweck des verachteten Vollstreckerhandwerks und seine Vorführung vor aller Augen zu erklären. Naheliegendes Reenactment wird im Historienfilm eher sparsam eingesetzt, und wenn der finale Schwertstreich kommt, schaut die Kamera so rechtzeitig weg wie die kostümierten Komparsen.
Der Nürnberger "Meister" hat es geschafft, für sich und seine Familie die Ehrbarkeit zu erwerben, er bekam die Bürgerwürde der Stadt Nürnberg und wurde 1624 vom Kaiser Ferdinand II. mit der Bestätigung seiner "Ehrlichkeit" belohnt, nachdem er sich ab 1617 zu seinem – damals üblichen – Zweitberuf des Wundheilers (Arme wieder einrenken, usw.) entschlossen hatte.
All das wäre jedoch völlig unbekannt geblieben, hätte nicht der Historiker und Autor Professor Joel Harrington von der Uni in Nashville das Tagebuch des Henkers Frantz in einem Regal der Nürnberger Stadtbibliothek entdeckt und mit seinem Buch "Der Scharfrichter – Ein Henkersleben im Nürnberg des 16. Jahrhunderts" die Filmvorlage daraus gemacht.
Der zweite Teil von "Terra X: Ein Tag in ..." führt am kommenden Sonntag zur selben Sendezeit zur Physikerin Laura Bassi im Bologna des Jahres 1752. Im Zentrum der dritten Folge steht der jüdische Passfälscher Cioma Schönhaus 1943 in Berlin.
"Terra X: Ein Tag in Nürnberg 1593 – Der Scharfrichter Frantz Schmidt" – So. 13.10. – ZDF: 19.30 Uhr