Rainer Werner Fassbinder machte sie zum Star: Hanna Schygulla (hier im Tatort "Wofür es sich zu leben lohnt").
Fotoquelle: SWR/Patrick Pfeiffer

Hanna Schygulla

Lesermeinung
Geboren
25.12.1943 in Kattowitz, Polen
Alter
80 Jahre
Sternzeichen
Biografie

1945 zieht Hanna Schygulla, später eine der Vorzeigefrauen des deutschen Kinos der Sechziger- und Siebzigerjahre, mit ihrer Mutter nach München. 1948 kehrt der Vater aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Sie geht nach dem Abitur für ein Jahr als Au-pair-Mädchen nach Paris. 1964 beginnt sie in München ein Studium der Germanistik und Romanistik, daneben nimmt sie Schauspielunterricht. Durch Rainer Werner Fassbinder kommt sie zum action-theater, gehört später zum Stamm des antiteaters, das sie 1968 gemeinsam mit Fassbinder, Peer Raben und anderen gründet. Bis 1969 spielt sie in zahlreichen Fassbinder-Inszenierungen, später in insgesamt 14 Filmen und zwei Fernsehserien des Regisseurs.

Ihre erste Filmrolle gibt sie in Jean-Marie Straubs Kurzfilm "Der Bräutigam, die Komödiantin und der Zuhälter" (1968), dann folgen Peter Fleischmanns "Jagdszenen aus Niederbayern" (1969) und Fassbinders "Liebe ist kälter als der Tod" (1969). 1970 erhält sie den Bundesfilmpreis als viel versprechende Nachwuchsdarstellerin. Als Rainer Werner Fassbinder, bei dem sie bis 1972 mit einer Ausnahme in allen Filmen spielt, sie in der Fernsehserie "Acht Stunden sind ein Tag" (1972) besetzt, wird Hanna Schygulla einem breiten Publikum bekannt. Mit ihrem größten Kinoerfolg "Effi Briest" (1974), der auch für Fassbinder der erste erfolgreiche Kinofilm ist, beenden die beiden ihre gemeinsame Arbeit.

Bis zur Versöhnung 1978 spielt Hanna in zahlreichen Filmen anderer bekannter Regisseure: Vojtech Jasnys "Ansichten eines Clowns" nach Heinrich Böll, Wim Wenders "Falsche Bewegung" (beide 1975), Andrzej Wajdas "Die Dämonen" (1977). Als Hanna 1978 in dem Nachkriegsmelodram "Die Ehe der Maria Braun" spielt, erhält sie den Bundesfilmpreis und einen Silbernen Bär in Berlin. Der Film sorgt - wie auch die zwei Jahre später entstandene "Lili Marleen" - für eine internationale Beachtung der Schauspielerin.

Ihre darstellerische Präsenz ist um so beachtlicher, als sie nichts Starhaftes an sich hat. Sie vermeidet - darin dem Stil des frühen Fassbinder verpflichtet - das Ausspielen von Emotionen, eher neigt sie zu übertriebenem Understatement. Dank dieser Besonderheit gelingt es ihr, selbst in extrem stilisierten Filmen wie "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1972) und "Effi Briest" (1974) als der einzig natürlich empfindende, normalen Emotionen zugängliche Mensch zu erscheinen. Durch das Understatement entsteht allerdings die Gefahr, ein Klischee ihrer selbst zu liefern wie etwa in "Lili Marleen" (1980), "Falsche Bewegung" von Wim Wenders, Volker Schlöndorffs "Die Fälschung" (1981), Margarethe von Trottas "Heller Wahn" (1983). Jean-Luc Godard bedient sich dieser Eigenschaft in "Passion" (1982) auf beinahe ironische Weise.

Hanna Schygulla lebt heute in Paris, gibt Liederabende an verschiedenen europäischen Theatern und singt Chansons nach Kompositionen von Jean-Marie Sénia. 1986 sahen sie Fernsehzuschauer neben Maximilian Schell als Katharina in Mervin Chomskis "Peter der Große". Hanna Schygulla äußert sich wenig schmeichelhaft über die Arbeit, lobt aber den Kameramann Vittorio Storaro. "Ihm ist zu verdanken, dass die Serie vom Bild her einiges bringt. Storaro hat sich von Gemälden aus der Zeit anregen lassen. Vor allem die Lichtführung ist hervorragend - wie in Bernardo Bertoluccis "Der letzte Tango in Paris". Was die Regie anbelangt, musste ich mich anfangs sehr mühsam an das kurze Timing gewöhnen. Wenn ich daran denke wie Rainer Werner bei "Berlin Alexanderplatz" gearbeitet hat!"

Obwohl sehr deutsch, erhält sie in den Achtzigern weitere Angebote aus dem Ausland. Nach Godards "Passion" spielt sie bei Ettore Scola in "Flucht nach Verennes", bei Carlos Saura in "Antonieta", bei, Marco Ferreri in "Die Geschichte der Piera" (1982/83) und "Die Zukunft heißt Frau" (1984) und Andrej Wajdas "Eine Liebe in Deutschland" (1983), "Der Sommer mit Frau Forbes" (1988) von Jaime Humberto Hermosillo, Kenneth Branaghs "Schatten der Vergangenheit" (1991), 1994 [pe.agnes_varda:Agnés Varda]s "Hundert und eine Nacht". Für die "Geschichte der Piera" von Ferreri erhält sie 1983 in Cannes den Darstellerpreis. Dann sah man sie in "The Sunset Boys" (1995/96) und "Lea" (1996).

Weitere Filme mit Hanna Schygulla: "Götter der Pest", "Katzelmacher", "Warum läuft Herr R. Amok?", "Die Revolte", "Kuckucksei im Gangsternest" (alle 1969), "Ende einer Komune", "Das Kaffeehaus", "Die Niklashauser Fart", "Rio das mortes", "Pioniere in Ingolstadt", "Baal", "Warnung vor einer heiligen Nutte", "Whity" (alle 1970), Matthias Kneißl", "Jakob von Gunten", Die Ahnfrau" (alle 1971), "Händler der vier Jahreszeiten", "Bremer Freiheit", "Wildwechsel", "Haus am Meer" (alle 1972), "Unser Werk" (1974), "Der Katzensteg", "Intermezzo für fünf Hände" (beide 1975), "Sonderdezernat K 1 - Der Stumme", "Schritte ins Reich der Freiheit" (beide 1976), "Die Rückkehr - Mein seliger Onkel", "Silvesternacht" (beide 1977), "Aussagen nach einer Verhaftung auf Grund des Gesetzes gegen Unsittlichkeit" (1978), "Die dritte Generation", "Die große Flatter" (beide 1979), "Für immer: Lulu", "Barnum", "Delta Force" (alle 1986), "Casanova", "Miss Arizona" (beide 1987), "Abrahams Gold", "Aventure de Catherine C." (beide 1989), "Tragarz puchu", "Das blaue Exil", "Madame Bäurin", "Ich will nicht nur, dass ihr mich liebt" (alle 1992), "Hey, Stranger", "Die Nacht der Regisseure" (beide 1994), "Black Out" (1998), "Marlene Dietrich - Her Own Song" (2001), "Gelobtes Land", "Die blaue Grenze", "Das unreine Mal" (beide 2005), "Winterreise" (2006), "Auf der anderen Seite" (2007), "Vijay und ich - Meine Frau geht fremd mit mir" (2013).

Filme mit Hanna Schygulla

2023
In "Poor Things" beweist Emma Stone ein weiteres Mal, dass sie zu den begabtesten Darstellern Hollywoods gehört.
Poor Things
Sciencefiction-Komödie
2021
Alles ist gutgegangen
Tragikomödie
2019
Henri Picks Tochter Joséphine (Camille Cottin) arbeitet widerwillig mit dem Kritiker Jean-Michel Rouche (Fabrice Luchini) zusammen, um dem literarischen Genie ihres Vaters auf die Spur zu kommen.
Der geheime Roman des Monsieur Pick
Tragikomödie
2015
Fassbinder
Dokumentation
2013
Vijay und ich - Meine Frau geht fremd mit mir
Komödie
2011
Faust
Drama
2007
Auf der anderen Seite
Drama
2006
Winterreise
Drama
2005
Die blaue Grenze
Drama
2004
Gelobtes Land
Politkrimi
2000
Für mich gab's nur noch Fassbinder
Dokumentarfilm
2000
Die Werckmeisterschen Harmonien
Gesellschaftsdrama
1994
Also, du bist ein richtiger Kino-Star? Catherine Deneuve und Robert De Niro  
Hundert und eine Nacht
Komödie
1992
Madame Bäurin
Heimatfilm
1992
Ich will nicht nur, dass ihr mich liebt
Dokumentarfilm
1991
Schatten der Vergangenheit
Thriller
1986
Ich bin Peter der Große! Jan Niklas
Peter der Große
Historiendrama
1986
Casanova
Biographie
1982
Passion
Gesellschaftsdrama
1982
Hanna Schygulla in der Rolle der Comtesse Sophie
de la Borde
Flucht nach Verennes
Historiendrama
1981
Die Fälschung
Literaturverfilmung
1980
Hanna Schygulla glänzt in der Rolle der Lili Marleen
Lili Marleen
Drama
1980
Berlin Alexanderplatz
Literaturverfilmung
1979
Die große Flatter
Jugendfilm
1979
Die dritte Generation
Komödie
1978
Ich bin soweit, und du? Hanna Schygulla als Maria
Braun
Die Ehe der Maria Braun
Drama
1975
Falsche Bewegung
Literaturverfilmung
1975
Ansichten eines Clowns
Literaturverfilmung
1974
Effi Briest
Melodram
1972
Händler der vier Jahreszeiten
Tragikomödie
1972
Die bitteren Tränen der Petra von Kant
Drama
1971
Jakob von Gunten
Literaturverfilmung
1970
Hanna (Hanna Schygulla) pflegt den geschundenen
Whity (Günther Kaufmann)
Whity
Melodram
1970
Irgendwie müssen wir uns doch die Zeit vertreiben, 
Schätzchen! Eddie Constantine und Hanna Schygulla
Warnung vor einer heiligen Nutte
Drama
1970
Hanna (Hanna Schygulla) ist von den Plänen ihres
Freundes nicht begeistert
Rio das mortes
Tragikomödie
1970
Pioniere in Ingolstadt
Theaterfilm
1970
Die Niklashauser Fart
Drama
1970
Baal
Drama
1969
Ich glaub', ich drehe durch! Kurt Raab
Warum läuft Herr R. Amok?
Drama
1969
Liebe ist kälter als der Tod
Drama
1969
Katzelmacher
Drama
1969
Das Leben ist öde! Harry Baer als Franz Walsch
Götter der Pest
Kriminalfilm
1969
Die Revolte
Politdrama

BELIEBTE STARS

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