Der Regisseur Martin Scorsese hat einmal über Michael Ballhaus gesagt: "Mit ihm zu arbeiten, ist, als sei man im Himmel, nur dass man dafür nicht sterben muss". Im Filmgeschäft dieser Tage ist kaum ein Deutscher so gefragt wie der Kameramann Michael Ballhaus. Filme wie "Die Zeit nach Mitternacht" (1985), "Die Farbe des Geldes" (1986), "Jung und rücksichtslos" (1984), "Baby, It's You" (1982), "Die Herzensbrecher" (1984) und vor allem "Bram Stoker's Dracula" (1992) machten ihn auch in den USA berühmt.
Typisch für Ballhaus sind seine exakten Blickwinkel, die die jeweilige Atomsphäre einer Situation perfekt einfangen können: bedrückende Enge, rasant-schnelle Fahrten, weite Räumlichkeiten, drohende Gefahr usw. Bemerkenswert sind auch die kreisenden Bewegungen, bei denen die Kamera schwerelos zu schweben bzw. zu fliegen scheint.
Als Sohn eines Theaterschaupielerpaares und Verwandter des Regisseurs Max Ophüls prägten ihn die Dreharbeiten zu "Lola Montez", die er 1955 am Set verfolgte. Ballhaus studierte Fotographie und begann als Kameramann beim Fernsehen. Er traf auf Rainer Werner Fassbinder, war acht Jahre lang mit stilbildend für dessen Filme und gewann zweimal den Bundesfilmpreis (für "Die bitteren Tränen der Petra von Kant", 1972, und "Despair - Eine Reise ins Licht", 1978).
Neben Fassbinder arbeitete er u.a. mit den deutschen Filmemachern Bohm, Stein, Schlöndorff, Hans W. Geissendörfer ("Der Zauberberg", 1981, "Ediths Tagebuch", 1983) und Peter Lilienthal ("Dear Mr. Wonderful", 1982, "Das Autogramm", 1984). Anfang der Achtzigerjahre ging er in die USA und machte zunächst mit kleineren Produktionen auf sich aufmerksam. Doch seit ihn Martin Scorsese für sich entdeckte, zählt Ballhaus zur Weltelite und wurde für "Nachrichtenfieber" (1987), "Die fabelhaften Baker Boys" (1989) und "Gangs of New York" (2002) jeweils für den Oscar nominiert.
Später fotografierte Ballhaus für Robert Redford "Quiz Show" (1994), für Wolfgang Petersen "Outbreak - Lautlose Killer" (1995) und "Air Force One" (1997) und für Barry Levinson "Sleepers" (1996). Außerdem hat er zehn Jahre nach "Die Waffen der Frauen" auch 1998 wieder mit Regisseur Mike Nichols für den Film "Mit aller Macht" zusammengearbeitet. Ein weitertes Projekt war 1999 "Wild Wild West" von Ex-Kameramann Barry Sonnenfeld mit Will Smith in der Hauptrolle, 2000 drehte er erneut für Mike Nichols, diesmal die Komödie "Good Vibrations - Sex vom anderen Stern". Für Robert Redford rückte er "Die Legende von Bagger Vance" ins rechte Licht.
Weitere Filme, die Michael Ballhaus fotografierte: "Die Nachbarskinder" (1960), "Das Martyrium des Peter O'Hey" (1964), "Darf ich Sie zur Mutter machen?" (1968), "Deine Zärtlichkeiten", "Wir zwei" (beide 1969), "Bambule" (1970), "Whity", "Warnung vor einer heiligen Nutte" (beide 1971), "Adele Spitzeder", "Tschetan, der Indianerjunge" (beide 1972), "Welt am Draht", "Tatort - Tote brauchen keine Wohnung", "Martha" (alle 1973), "Ein Haus für uns" (TV-Mehrteiler), "Made in Germany und USA", "Faustrecht der Freiheit", "Das Amulett des Todes" (alle 1974), "Mutter Küsters' Fahrt zum Himmel", "Sommergäste" (beide 1975), "Ich will doch nur, dass ihr mich liebt", "Satansbraten", "Also es war so...", "Chinesisches Roulette" (alle 1976), "Frauen in New York", "Nur zum Spaß, nur zum Spiel", "Bolwieser", "Deutschland im Herbst", "Adolf und Marlene" (alle 1977), "Der Gehilfe", "Bourbon Street Blues" (alle 1978), "Die erste Polka", "Die Ehe der Maria Braun", "Trilogie des Wiedersehens", "Alpensaga - Der deutsche Frühling" (alle 1979), "Der Aufstand", "Groß und Klein" (beide 1980), "Lili Marleen", "Malou", "Looping", "Heute spielen wir den Boss", "Kindheit in Amacueca" (alle 1981), "Der Auslöser" (1982), "Heller Wahn" (1983), "Girls Wanna Have Fun" (1984), "Tod eines Handlungsreisenden" (1985), "Unter dem Kirschmond" (1986), "Die Glasmenagerie", "Das Haus in der Carroll Street" (beide 1987), "Liebe auf texanisch", "Die letzte Versuchung Christi", "Zwei hinreißend verdorbene Schurken" (alle 1988), "Grüße aus Hollywood", "GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia" (beide 1990), "Schuldig bei Verdacht", "Was ist mit Bob?" (beide 1991), "Mambo Kings" (1992), "Geht's hier nach Hollywood?" (1994), "Kreuz & quer" (1996), "Gone Underground" (2000), "Mutti" (2002), "Molly Gunn", "Was das Herz begehrt" (beide 2003), "Departed - Unter Feinden" (2006).
In dem Dokumentarspielfilm "Der kleine Godard" und in "Spiel der Verlierer" (beide 1978) war er auch vor der Kamera zu sehen. Ebenso in der Fassbinder-Dokumentation "Ich will nicht nur, dass ihr mich liebt" (1992).