Im Netz der Camorra
06.09.2021 • 20:15 - 21:40 Uhr
Fernsehfilm, Thriller
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Produktionsland
A, I, D
Produktionsdatum
2021
Altersfreigabe
12+
Fernsehfilm, Thriller

Auf einen guten Thriller-Tropfen?

Von Eric Leimann

Tobias Moretti spielt im deutsch-österreichischen Event-Zweiteiler einen Südtiroler Winzer und Lebensperfektionisten, der von der eigenen dunklen Vergangenheit eingeholt wird. Regiestar Andreas Prochaska ("Spur des Bösen") schrieb das Buch und inszenierte das epische Stück wie ein Alpen-Coppola.

Dieser Thriller nimmt sich die Zeit eines guten Weines, um seinen Geschmack zu entfalten. In der Koproduktion des österreichischen Privatsenders Servus TV und dem ZDF spielt Tobias Moretti in zweimal knapp 90 Minuten (Folge zwei am Dienstag, 7. September, 20.15 Uhr, ZDF) einen Südtiroler Edelwinzer, der von seiner Mafia-Vergangenheit eingeholt wird. Dabei schicken Drehbuch und Regie von Andreas Prochaska ("Spur des Bösen") ihren Helden auf einen manchmal fast quälend langsamen Höllentrip in sein Inneres und die dort fast vollständig verdrängte Vergangenheit. Die lokalen Carabinieri müssen derweil herausfinden, warum eine junge Afrikanerin in den Weinbergen der malerischen Region schwer verletzt wurde.

Winzer Matteo DeCanin (Tobias Moretti) führt ein fast perfektes Leben. Das Geschäft läuft, die heimische Landschaft ist wunderschön – und in der Familie stimmt es auch. Matteo liebt seine Frau Stefania (Ursina Lardi) und umgekehrt, die gemeinsame Tochter Laura (Antonia Moretti) ist fast erwachsen, klug und offenbar eine hochbegabte Weinbäuerin. Eigentlich steht nur eine Sache Matteos voller Punktzahl auf der Glücksskala im Weg: ein extremer Perfektionismus, der immer noch das Haar in der Suppe, eine winzige Imperfektion sieht.

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Keine weichgezeichneten "Winzerkönig"-Bilder

Von jenem Moment an, als Nino Sorrentino (Fabrizio Romagnoli) in das Leben der DeCanins tritt, wünscht sich Matteo jedoch die alten Luxusprobleme zurück. Der geheimnisvolle Süditaliener schaut zunächst nur auf eine Weinprobe bei Stefania vorbei, doch bald wird klar: Der Mann kennt Matteo von früher. Offenbar gibt es eine Vergangenheit, die Matteo seiner Familie und allen anderen in seinem Südtiroler Umfeld verschwiegen hat. Während sich die Schlinge, die Nino um sein Opfer Matteo gelegt hat, immer enger zieht, muss Carabiniere Adrin Erlacher (Harald Windisch) im Fall einer schwer verletzten jungen Afrikanerin (Precious Sanusi) ermitteln, die auf einer Passstraße in den Weinbergen angefahren wurde. Wie man sich denken kann, könnten die beiden Fälle etwas miteinander zu tun haben.

Zunächst mal zu den Trümpfen des Mafia-Epos, das in der Mediathek bereits ab 30. August als vierteilige Mini-Serie (jeweils zwei Folgen eine Woche vor TV-Ausstrahlung) gezeigt wird: Die Landschaft des Südtiroler Weingutes Manincor, auf dem gedreht wurde, ist atemberaubend schön. In den starken Bildern von Kameramann Thomas W. Kiennast ("3 Tage in Quiberon") glaubt man, eine Kulturlandschaft zu betreten und zu schmecken, die rein gar nichts mit weichgezeichneten "Winzerkönig"-Bildern sonstiger, eher leichter TV-Formate zu tun hat. Auch die Präsenz von Klasse-Schauspielern wie Tobias Moretti, Ursina Lardi und auch Morettis – echter – Tochter Antonia helfen dabei, die gewohnt düstere Atmosphäre von Ösi-Regiestar Andreas Prochaska mit Leben zu erfüllen.

Die Zerstörung der Mafiaromantik

Doch nun der Wermuts-Tropfen: Für die an sich simple Geschichte eines Mannes, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird, nimmt sich das durch Mafiaklassiker wie von Martin Scorsese und Francis Ford Coppola inspirierte Werk wirklich sehr viel Zeit. Lange Minuten muss man Schwermütigen – meist Männern – dabei zusehen, wie sie sich zu ebenso schwerer Musik während langer regnerischer Autofahrten Gedanken über die Ausweglosigkeit ihrer Situation machen, ohne dass ein echter erzählerischer oder psychologischer Mehrwert entsteht.

Letztlich ist es wohl Geschmackssache, ob man den Rhythmus des Films, der seinem Star Tobias Moretti viel Zeit zum Grübeln, Hadern und zur Entscheidungsfindung gibt, nun atmosphärisch dicht oder eher länglich findet. Eines ist jedoch sicher: Die Ausweglosigkeit, die eine persönliche Verstrickung mit der Mafia praktisch "gratis" mitliefert, transportiert die deutsch-österreichische Produktion mindestens ebenso intensiv, wie der ebenso trostlose, aber gut kritisierte "Tatort"-Zweiteiler "In der Familie" aus Dortmund und München, den das Erste vor knapp einem Jahr, im Herbst 2020 zeigte. Wer nach solchen Filmen immer noch Lust auf Mafiaromantik hat, dem ist nicht mehr zu helfen.

Im Netz der Camorra – Mo. 06.09. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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