21.07.2021 Abwehrkräfte

Coronavirus: Warum Vitamin D wichtig ist

Beobachtungsstudien in europäischen und US-Krankenhäusern haben ergeben, dass bei COVID-19-Erkrankten häufiger ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel festgestellt wird.
Beobachtungsstudien in europäischen und US-Krankenhäusern haben ergeben, dass bei COVID-19-Erkrankten häufiger ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel festgestellt wird. Fotoquelle: picture alliance / Zoonar | Firn

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie wurde vermutet, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung mit einer geringeren Erkrankungswahrscheinlichkeit und einem milderen Verlauf einer COVID-19-Erkrankung einhergeht. Inzwischen weiß man, dass sich ein ausgeglichener Vitamin-D-Spiegel tatsächlich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken kann.

Hilft Vitamin D also gegen COVID-19? Schützt das Vitamin vor einer SARS-CoV-2-Infektion? Unstrittig ist: ein ärztlich nachgewiesener Vitamin-D-Mangel kann unter Umständen einen schlechteren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung begünstigen. Beobachtungsstudien in europäischen und US-Krankenhäusern haben ergeben, dass bei COVID-19-Erkrankten häufiger ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel festgestellt wird. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und COVID-19 konnte nicht abschließend nachgewiesen werden.

Niedriger Vitamin-D-Mangel schwächt Abwehrkräfte

Mit der Fragestellung der Gabe von Vitamin D im Hinblick auf die Corona Pandemie hat sich Ende 2020 auch das britische Nationale Institut für Gesundheit (NICE) zu COVID-19 und Vitamin D beschäftigt, berichtet die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). "Dabei kamen die Autoren zu dem Schluss, dass es keine sichere Evidenz für eine präventive Wirkung von Vitamin D im Zusammenhang mit COVID-19 gibt", so die DGE. Die Ergebnisse bisheriger wissenschaftlicher Meta-Analysen reichen nicht aus, um eine Einnahme von Vitamin-D-Ergänzungsmitteln pauschal zu empfehlen. Eine prophylaktische Vitamin-D-Einnahme schützt deshalb nicht vor einer COVID-19-Infektion. Vor COVID-19 schützt nur eine vollständige Impfung. Ein niedriger Vitamin-D-Spiegel kann jedoch die Abwehrkräfte gegen das Coronavirus schwächen und somit den Körper für eine COVID-19 Infektion anfälliger machen. "Ein Vitamin-D-Mangel führt nachgewiesen zu einem schlechteren Verlauf bei einer COVID-19 Erkrankung", erklärt auch Professor Dietrich Baumgart, Facharzt für Kardiologie und Innere Medizin in der Praxisklinik Preventicum in Düsseldorf und Essen. "Eine immunstärkende Wirkung hat Vitamin D hochdosiert ab einer 20.000er-Einheit. Ob jemand einen Mangel hat, kann der Hausarzt durch einen einfachen Bluttest feststellen", erläutert Baumgart.

Bluttest gibt Auskunft über Vitamin-D-Spiegel

Vitamin D ist in hoher Dosierung verschreibungspflichtig. "Geringere Dosierungen mit 1.000er-Einheit sind ohne Rezept in Apotheken erhältlich, aber auch nicht so wirksam," so Baumgart. Die Notwendigkeit einer Vitamin-D-Supplementierung sollte immer mit einem Arzt besprochen werden. Die Dosis der Vitamin-D-Gabe richtet sich nach dem Vitamin-D-Wert im Blut. Ein Bluttest gibt Auskunft über den Vitamin-D-Spiegel. Wer einen ärztlich nachgewiesenen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel hat, sollte in der Regel eine Vitamin-D-Supplementation erhalten. Ein Arzt kann dann ein Vitamin-D3-Präparat verschreiben. Auch ein Kombipräparat mit Vitamin K kann sinnvoll sein.

Die medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen unterscheiden sich teilweise erheblich. Fachleute raten häufig erst zur Einnahme von zusätzlichem Vitamin D, wenn eine mangelhafte Versorgung festgestellt wurde, die nicht durch Ernährung und Sonnenbaden ausgeglichen werden kann. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen Vitamin-D-Arzneimittel nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn kein erheblicher Mangel besteht oder keine Krankheiten vorliegen, die beispielsweise mit Vitamin-D3-Tropfen gezielt behandelt werden können, ist es keine Kassenleistung. Dosierungen mit einer Dosis von 1.000 I.E. (Internationale Einheit) sind ohne Rezept in Apotheken erhältlich, aber auch nicht so wirksam.

Zusammenhang von COVID-19 und Vitamin-D-Mangel?

Eine unabhängige Rolle einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung ist in Hinblick auf den Krankheitsverlauf bei COVID-19 nicht abschließend geklärt. Bis dahin ist es ratsam, die allgemeinen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu folgen. Die Mehrheit der Deutschen ist nicht optimal mit dem Vitamin versorgt: Die deutsche Bevölkerung leidet generell unter einem Vitamin-D-Mangel aufgrund des Mangels an Sonnenlicht. Das heißt jedoch nicht, dass die Betroffenen an einem Behandlungsbedürftigen Vitamin-D-Mangel leiden. Einen Vitamin-D-Mangel können alle haben, die weniger als 20 Minuten täglich an der Sonne sind.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind rund 30 Prozent der Erwachsenen mangelhaft mit dem Vitamin versorgt. Eine ausreichende Versorgung erreichen knapp 40 Prozent der Erwachsenen. Einfache Maßnahmen wie regelmäßiger Aufenthalt im Freien, können die körpereigene Vitamin-D-Produktion ankurbeln. Das Vitamin wird im Körper fast ausschließlich durch natürliche UV-B-Strahlung produziert. Nur ein sehr kleiner Teil der benötigten Vitamin-D-Menge gelangt über eine ausgewogene und frische Nahrung in den Körper. Deshalb ist tägliche Bewegung an der frischen Luft ratsam. Gelingt das nicht, können Vitamin-D-Präparate durchaus als Nahrungsergänzungsmittel empfehlenswert sein. Ein ärztlich festgestellter Vitamin-D-Spiegel gibt Auskunft über die Menge, die individuell bei einem Mangel verabreicht werden muss. Nur ein Arzt kann die empfohlene Höchstmenge festlegen.

Übergewicht und Zigaretten schwächen das Immunsystem

Bewegung, gesunde Ernährung und weitgehender Verzicht auf Alkohol sowie Nikotin stärken die Körperabwehr generell gegen Infektionen und somit auch eine Corona-Erkrankung. Unabhängig vom Alter sind Raucher besonders gefährdet. Rauchen schwächt die körpereigene Abwehrkraft massiv. Zu viel oder zu wenig zu essen kann auch schädlich fürs Immunsystem und die Abwehrkräfte sein. Zu viele ungesunde Produkte zu konsumieren, die wenig Ballaststoffe oder viel Fett, Salz oder Zucker enthalten, schwächen die Körperabwehr generell. Ungesundes Essen und Übergewicht erhöhen das Infekt-Risiko und die Gefahr von zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb ist eine frische, ausgewogene Ernährung mit ausreichend vielen vitaminreichen Lebensmitteln besonders wichtig für die Infektabwehr. Faktoren wie Stress und zu wenige Stunden Schlaf schwächen zudem die körpereigene Abwehr. E

ine schlechte, unausgewogene Ernährung mit wenig Ballaststoffen, viel Fett, Salz und Zucker führt außerdem zu weiteren Problemen wie Übergewicht und Diabetes. Und das wiederum ist eines der größten Risikofaktoren für einen schweren Verlauf bei einer COVID-19-Erkrankung. "Wir sprechen hier nicht von fünf Kilo Übergewicht, sondern von 20, 30 Kilo oder mehr. Die beiden Hauptrisiken für einen schweren COVID-19-Verlauf sind Alter und Übergewicht", sagt Baumgart. Der Grund: Das Fettgewebe von adipösen Menschen produziert vermehrt Zytokine, die zu entzündlichen Prozessen im Körper führen. Befällt das Corona-Virus eine Zelle so schüttet diese Zytokine aus – bei stark übergewichtigen Patienten allerdings ein Übermaß an Zytokinen. „Dieser Zytokinsturm führt dann zu einer Vergiftung des Körpers und zum Tod des Patienten,“ erklärt Baumgart. Eine interdisziplinäre Studie der Universität Leipzig fand heraus, dass auch fettleibige Menschen durch Bewegung ihren erhöhten Zytokinspiegel senken können. Ein Grund mehr für Bewegung an der frischen Luft, die auch die Vitamin D Produktion ankurbelt.

Psyche und Corona

"Die mentale Verfassung spielt ebenso eine große Rolle für das Immunsystem. Denn das Immunsystem wird von der Psyche beeinflusst. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Stress, Streit, berechtigte Sorgen, Angst, Einsamkeit – all das spielt hier eine Rolle", erklärt Baumgart. Nicht immer sei es einfach, sich von negativen Gedanken zu befreien. Er empfehle deshalb leicht umsetzbare Maßnahmen wie eine tägliche 20 bis 30 Minuten lange Qualitätszeit. "Qualitätszeit für mich bedeutet beispielsweise Musik zu hören, ein Buch zu lesen oder einen Mittagsschlaf zu machen. Auch Atemübungen mit bewusstem Ein- und Ausatmen sind sehr hilfreich. Den Rest der Welt für einen Moment auszublenden, wirkt Wunder und reduziert den Stress", rät Baumgart.

Fazit: Ein starkes Immunsystem ist gut, eine Impfung sehr viel besser

Mit einer starken Körperabwehr hat der menschliche Organismus die wichtigste Waffe, um einem Infekt vorzubeugen oder ihn zu bekämpfen. Je stabiler die Psyche und abwehrbereiter der Organismus ist, umso weniger anfällig ist der Körper gegenüber Viren und Bakterien, generell gegenüber Erkrankungen. Vitamin D spielt dabei eine große Rolle. Denn das Sonnenvitamin reguliert auch die Körperabwehr. Deshalb nehmen viele Menschen zurzeit Vitamin D prophylaktisch – also vorbeugend – gegen eine Corona-Infektion ein. Das allein reicht jedoch nicht aus, um sich vor einer Erkrankung mit Corona zu schützen. Eine Impfung ist der beste Schutz. So kann das Risiko der Bildung von Mutationen und ein neue Coronavirus Variante verringert werden.

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Über die Autorin: Annette Bulut ist Diplom-Journalistin und hat eine Rundfunkausbildung in Köln absolviert. Nach beruflichen Stationen in Düsseldorf und München als Kommunikationsberaterin ist sie seit vielen Jahren freie Journalistin mit Schwerpunkt Medizin, Gesundheit und Ernährung. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für Online- und Printmedien. Ihr Ziel: Gesundheitsthemen verständlich und lebensnah mit vielen nützlichen Informationen zu vermitteln.