04.08.2021 Unverträglichkeiten und Beschwerden

Vitamin D: Diese Nebenwirkungen können auftreten

Von Annette Bulut
Bei nachweislichem Mangel helfen Vitamin-D-Präparate aus der Apotheke oder dem Drogeriemarkt. Die Einnahme sollte mit dem Arzt abgestimmt werden.
Bei nachweislichem Mangel helfen Vitamin-D-Präparate aus der Apotheke oder dem Drogeriemarkt. Die Einnahme sollte mit dem Arzt abgestimmt werden. Fotoquelle: picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

Kann man Vitamine überdosieren? Nicht alle, manche schon. Und das kann zu unerwünschten Nebenwirkungen oder Beschwerden führen. Einige Vitamine sind wasserlöslich und werden vom Körper ausgeschieden. Andere sind fettlöslich und reichern sich im Körper an. Zu diesen Vitaminen zählt man die Gruppe der D-Vitamine.

"Diese werden nicht mit dem Urin ausgeschieden, wenn ein Zuviel vorhanden ist. Vielmehr sammeln sie sich im Körper an", erklärt Professor Dr. Helmut Schatz, Vorstandsmitglied der deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Laut einer aktuelle Studie bewirken Vitamin D-Gaben von mehr als 1.000 IE (Internationalen Einheiten) pro Tag wohlmöglich sogar einen negativen Effekt mit erhöhtem Sturzrisiko bei älteren, gebrechlichen Menschen.

Wie kommt es zu einer Überdosierung und Nebenwirkungen?

Um einer Erkrankung vorzubeugen, nehmen etliche Menschen ohne ärztliche Empfehlung täglich ein Vitamin D Präparat ein. Denn vielen ist bekannt, dass Vitamin D für den Knochenstoffwechsel unerlässlich ist und das Immunsystem stärkt. Das kann aber ungewollt auf Dauer zu Überdosierung führen. Auch kann die Wirkung von Medikamenten durch die Einnahme von Vitaminpräparaten verändert werden.

Die meisten kennen außerdem ihren persönlichen Vitamin-D-Spiegel nicht. Das begünstigt eine falsche Dosierung. Eine langanhaltende Überdosierung kann zu unerwünschten, teils dramatischen Nebenwirkungen führen. Außerdem haben manche Medikamente Wechselwirkungen mit Vitamin D3. Es gibt auch Personen, die Vitamin-D-Präparate generell nicht vertragen. Sie bekommen nach der Einnahme eines Präparats Symptome wie Übelkeit oder Magen-Darm-Probleme.

In hohen Dosen verschreibungspflichtig

Vitamin D ist in hoher Dosierung verschreibungspflichtig. Geringere Dosierungen mit einer Dosis von 1.000 IE (Internationale Einheit) sind ohne Rezept in Apotheken erhältlich. Nur bei einer langanhaltenden Überdosierung treten Vitamin-D-Nebenwirkungen auf. Das kann im schlimmsten Fall zu einer Vergiftung (Intoxikation) mit Vitamin D führen. "Dies ist darauf zurückzuführen, dass Vitamin D als fettlösliches Vitamin im Fett- und Muskelgewebe gespeichert werden kann", warnt das Robert-Koch-Institut.

Bei unkontrollierter Vitamin-D-Einnahme können Nierensteine, akutes Nierenversagen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Übelkeit und Erbrechen bis hin zu Bewusstseinsstörungen und Koma die Folge. Man spricht von einer Hyperkalzämie. Diese ist durch einen zu hohen Kalziumspiegel im Blut verursacht. Der Grund: Das Vitamin hebt den Kalziumspiegel, da es die Kalziumaufnahme aus dem Darm fördert. Der Kalziumspiegel und damit eine eventuell lebensbedrohliche Überdosierung wird durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden. Experten raten deshalb darauf zu achten, dass die tägliche Zufuhr von bis zu 5.000 IE (Internationalen Einheiten) Vitamin D eingehalten werden sollte.

Vitamin-D-Überdosierung durch zu viel Sonne?

Kann der Körper Vitamin D auch per Sonneneinstrahlung überproduzieren? Das geht nicht. Der maximale Vitamin-D-Wert, den der Körper selbst bilden kann, liegt bei 10.000 IE (Internationalen Einheiten).

Die Stiftung Warentest empfiehlt generell nur dann Vitamin-D-Tabletten zuzuführen, wenn nicht durch Vitamin-D-haltige Ernährung und Sonnenlicht eine Tagesdosis von 20 Mikrogramm Vitamin D – das entspricht 800 IE Vitamin D – erreicht werden können. Die Selbstmedikation mit einem Vitamin-D-Präparat sieht die Verbraucherorganisation kritisch: "Es gibt keine pauschale Empfehlung, ob und wie viel Vitamin D3 über ein Präparat zugeführt werden sollte. Für frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel existieren derzeit weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene verbindliche Höchstmengen für den Vitamin D-Gehalt." Die Stiftung Warentest empfiehlt: Die Einnahme höherer Dosierungen sollte deshalb nur unter ärztlicher Kontrolle und unter Berücksichtigung des individuellen Vitamin-D-Status erfolgen.

Auch die Verbraucherzentrale warnt davor, dass Nahrungsergänzungsmittel mit ihren isolierten Nährstoffen gesundheitsschädlich sein können, wenn sie zu hoch dosiert sind oder öfter als empfohlen genommen werden. Von Produkten mit hochdosierten Antioxidantien (Vitamin D) zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs rät die Verbraucherzentrale grundsätzlich ab. Ein Zuviel an einzelnen Nährstoffen könne außerdem die Aufnahme anderer Nährstoffe behindern. Zur Behandlung einer Krankheit oder eines Mangels seien Nahrungsergänzungsmittel die falsche Wahl.

Unverträglichkeiten, Nebenwirkungen und Beschwerden

Der Körper hat einen Vitamin-D-Speicher, der das Vitamin für sonnenarme Monate vorhält. Es kann im Fettgewebe und der Skelettmuskulatur des Körpers gespeichert werden. Allerdings ist der Speicher bei vielen Menschen in Deutschland nicht genügend gefüllt. Etwa 50 Prozent der Deutschen leiden unter einem Vitamin-D-Mangel. Deshalb kann die zusätzliche Vitamin D-Versorgung mit einem Vitamin D-Präparat durchaus sinnvoll sein. Es bedeutet jedoch nicht, dass die Personen automatisch an einem behandlungsbedürftigen Vitamin-D-Mangel leiden. Oder, dass der Mangel mit Vitamin-D-Präparaten aus der Apotheke oder dem Reformhaus ausgeglichen werden muss. Denn die Vitamin-D-Produktion kann zunächst einmal mit täglichen 20-minütigen Aufenthalten an der frischen Luft angekurbelt werden.

Allein durch die Ernährung kann der Körper den Vitamin-D-Spiegel nicht auffüllen. Nur wenige Lebensmittel enthalten in nennenswerter Menge Vitamin D. Dazu zählen Fischarten wie Makrele und Hering, Eier sowie Milchprodukte. Vitamin D3 (Colecalciferol) wird also nur mit wenigen tierischen Lebensmitteln aufgenommen. Den größten Teil produziert der Körper selbst in der Haut durch UV-B-Strahlung.

Mangel kann zu Osteoporose führen

Mehr als die Hälfte der Deutschen erreicht nicht den Vitamin-D-Blutspiegel, der für die Knochengesundheit optimal ist. Ein schwerer und anhaltender Vitamin-D-Mangel kann unter anderem zur Erweichung von Knochen und Verformungen des Skeletts führen. Im höheren Alter trägt ein Vitamin-D-Mangel darüber hinaus oft zur Entstehung von Osteoporose bei. Studien bestätigen zudem, dass eine gute Vitamin D-Versorgung bei älteren Menschen das Risiko für Stürze, Knochenbrüche, Kraftverlust, Mobilitäts- und Gleichgewichtseinbußen senken kann.

Bei einer diagnostizierten Osteoporose ist oft die gemeinsame Anwendung von Vitamin D mit Calcium erforderlich. Dabei kommt es manchmal zu Nebenwirkungen. Bei zu hohen Calciumwerten im Blut können Übelkeit und Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung, Durst und vermehrter Harndrang, Schwitzen, Appetitlosigkeit sowie Mattigkeit, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Bluthochdruck und Schwindel auftreten. "Dann sollte ein Arzt überprüfen, ob das Blut zu viel Calcium enthält und gegebenenfalls die Dosis anpassen", empfiehlt die Stiftung Warentest zum Thema Vitamin D.

Vitamin D bei Babys und Hyperkalzämie

Bei Babys soll die Vitamin-D-Zufuhr Wachstumsstörungen der Knochen (Rachitis) vorbeugen. In seltenen Fällen aber vertragen Säuglinge das Vitamin D nicht, das haben Forscher der Universität Münster in Zusammenarbeit mit einem kanadischen Wissenschaftlerteam nachweisen können. Ursache ist ein Gendefekt in einem Enzym, das Vitamin D abbaut. Die Erkrankung heißt Idiopathische infantile Hyperkalzämie.

Wie das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet, wurden in den vergangenen Jahren Zusammenhänge zwischen niedrigen Vitamin-D-Werten und verschiedenen chronischen Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen in Beobachtungsstudien gefunden. Bislang gibt es jedoch keinen Beweis für eine ursächliche Beziehung.

Kein Schutz vor COVID-19-Erkrankung

Immer wieder hört man, dass Vitamin D vorbeugend gegen eine Infektion mit dem Corona-Virus wirken könnte. Dazu gibt es zu wenige wissenschaftlich gesicherte Daten. Viele Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass schwer an COVID-19 Erkrankte einen niedrigen Vitamin D-Spiegel haben. Kann die vorsorgliche Einnahme des Sonnenvitamins vor der Krankheit schützen? Eine Vitamin D-Gabe allein zur COVID 19-Infektionsprophylaxe oder -therapie ist derzeit nicht angebracht, so die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in einer aktuellen Stellungnahme. Die wissenschaftliche Beweislage sei hierfür nicht ausreichend. Bis belastbare Studien vorliegen, empfiehlt die Fachgesellschaft einen Kompromiss: Zur Sicherstellung einer ausreichenden Vitamin D-Versorgung rät sie für Risikogruppen die Einnahme von 400 bis 1.000 IE pro Tag des Vitamins. Dazu gehören Ältere, Bewohner von Pflegeeinrichtungen und chronisch kranke Menschen, die sich nur selten im Freien aufhalten. Mit diesem Vorgehen nutze man mögliche, bisher jedoch nicht eindeutig belegte Vorteile, ohne das Risiko potenzieller Nachteile einer Überdosierung in Kauf zu nehmen.

Besonders sehr alte Menschen leiden unter einem Vitamin-D-Mangel und sind gleichzeitig am häufigsten von einem schweren Verlauf von COVID-19 betroffen. Ob ein Zusammenhang besteht, ist nicht geklärt. Eine Studie um Zhila Maghbooli von der Medizinischen Universität Teheran hat die Vitamin D-Werte von COVID-19-Patienten und den Krankheitsverlauf von 235 Patienten untersucht. Von den älteren Patienten über 40 Jahre, die ausreichend Vitamin D versorgt waren, starben nur rund zehn Prozent. Von den Patienten, die schlechter mit Vitamin D versorgt waren, verstarben 20 Prozent. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D die Komplikationen bei COVID-19-Erkrankungen verringern kann. Das Vitamin kann zwar nicht vor Corona schützen oder schwere COVID-19-Verläufe verhindern, aber ein schlechterer Corona-Verlauf vermieden werden.

Der beste Schutz vor einer Corona-Infektion ist deshalb die Covid-19-Impfung. Sie schützt nicht nur die geimpfte Person, sondern verhindert möglicherweise auch, dass die geimpfte Person andere Personen ansteckt, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI). Der Krankheitsverlauf von COVID-19 variiert hinsichtlich Symptomatik und Schwere: es können auch asymptomatische, symptomarme oder schwere Infektionen mit weiteren Organbeteiligungen auftreten. Diese führen im schlimmsten Fall zu Lungen- und Multiorganversagen und zum Tod. COVID-19 ist eine Krankheit, an der man nicht nur schwer erkranken oder sterben könnte, sondern die auch Langzeitfolgen verursachen kann.

Untersuchungen zeigen zudem, dass sogar junge Leute nach einem milden Erkrankungsverlauf teilweise unter gravierenden Langzeitfolgen leiden, dem sogenannten Long Covid. Ein Teil der COVID-19-Patienten hat sich laut RKI auch Wochen oder Monate nach Beginn der Erkrankung noch nicht wieder erholt und leide weiterhin unter schweren Allgemeinsymptomen. Die möglichen Nebenwirkungen einer Impfung hingegen sind vorübergehend, wie etwa grippeähnliche Symptome, die kurz nach der Impfung auftreten. Darüber hinaus gibt es noch das Risiko einer allergischen Reaktion, das betrifft ungefähr einen von Hunderttausend Geimpften. Generell werden schwere Verläufe bei allen zugelassenen Impfstoffen in Deutschland mit einer sehr hohen Effektivität verhindert.

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Über die Autorin: Annette Bulut ist Diplom-Journalistin und hat eine Rundfunkausbildung in Köln absolviert. Nach beruflichen Stationen in Düsseldorf und München als Kommunikationsberaterin ist sie seit vielen Jahren freie Journalistin mit Schwerpunkt Medizin, Gesundheit und Ernährung. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für Online- und Printmedien. Ihr Ziel: Gesundheitsthemen verständlich und lebensnah mit vielen nützlichen Informationen zu vermitteln.

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