03.05.2021 Nahrungsergänzungsmittel

Schwangere brauchen ein Extra an Jod und Folsäure

Von Annette Bulut
Viele Frauen gehen schlecht versorgt in die Schwangerschaft.
Viele Frauen gehen schlecht versorgt in die Schwangerschaft. Fotoquelle: picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch müssen auf eine ausreichende Versorgung mit Folsäure und Jod achten. Diese wird nur durch eine Nahrungsergänzung garantiert. Denn selbst eine gesunde Ernährung kann die empfohlenen Mengen nicht gewährleisten.

Der Grund: in der Schwangerschaft und Stillzeit braucht der weibliche Organismus einfach mehr davon. Schwangere müssen deshalb Folsäure und Jod zusätzlich zu einer abwechslungsreichen Ernährung zu sich nehmen. Die Stiftung Warentest hat erst kürzlich Empfehlungen dazu veröffentlicht und rezeptfreie Medikamente mit dem Wirkstoff getestet. "Schwangere Frauen sollten Folsäure und Jod in Form von Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, da diese nicht in ausreichender Menge über die Nahrung aufgenommen werden können. Der höhere Bedarf an anderen Nährstoffen kann über eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden", empfiehlt auch Dr. Heinz-Wilhelm Esser. Der Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid ist vielen bekannt als "Doc Esser" in TV, Hörfunk und als Buchautor.

Große Wissenslücken

Viele werdende Mütter zeigen jedoch Wissenslücken hinsichtlich ihres Folsäure- und Jodbedarfs auf. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie*. Demnach greifen Frauen häufig zu spät oder gar nicht zu den empfohlenen Nahrungsergänzungsmitteln. "Der Bedarf an den meisten Vitaminen und Mineralstoffen nimmt erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat zu und lässt sich durch eine ausgewogene Lebensmittelauswahl gewährleisten. Aber Folsäure und Jod bilden eine Ausnahme", betont der Gynäkologe Dr. Klaus Doubek. "Ihr Bedarf ist quasi ab der Empfängnis erhöht und sollte neben der Ernährung über die zusätzliche Einnahme von entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln gedeckt werden", so der Wiesbadener Frauenarzt. Gynäkologen verschreiben deshalb in der Regel ein Präparat mit Folsäure für die tägliche Einnahme gleich zu Beginn der Schwangerschaft für eine gesunde Entwicklung des Fötus, berichtet "Frauenärzte-im-Netz.de".

Schutz vor Fehlbildungen des Embryos

Folsäure, auch Folat, ist ein wasserlösliches B-Vitamin. Der Vitamin B-Komplex kommt in grünem Blattgemüse, Vollkornprodukten, Eiern, Milchprodukten und auch mit Folsäure angereichertem Jodsalz vor. Wenn eine Mutter nicht ausreichend darüber informiert ist, dass ein Mangel an diesen Nährstoffen zu Fehlbildungen oder Gesundheitsrisiken für den Fötus führen kann, nimmt sie die ausreichende Zufuhr durch Nahrungsergänzung möglicherweise auf die leichte Schulter. Dabei kann allein die Einnahme des Vitamins das Risiko für sogenannte Neuralrohrdefekte um etwa 70 Prozent senken. Daneben werden auch Herzfehler, Harnwegsdefekte sowie die Lippen-Kiefer-Gaumenspalten auf einen Mangel während der Entwicklung des Babys zurückgeführt.

Um die empfohlene Menge von 550 µg pro Tag zu erreichen, müssen Schwangere zusätzlich zur täglichen Tablette auf eine ausgewogene Ernährung mit frischem Obst, viel grünem Blattgemüse wie Spinat, Kohlsorten, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Tomaten oder Orangen achten. Experten raten außerdem generell dazu, bei der Ernährung ein mit Folsäure und Jod angereichertes Speisesalz zu verwenden. Schon ein Gramm Salz, also etwa ein halber Teelöffel, enthält 100 µg Folsäure. Das ist nicht nur wichtig für die Schilddrüse, sondern auch für die Gehirnentwicklung des heranwachsenden Kindes. Allgemein gilt, dass die Ergänzung spätestens vier Wochen vor der Empfängnis begonnen und in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten fortgesetzt werden sollte.

Bei Kinderwunsch: Folsäure

Der "Arbeitskreis Folsäure" rät, dass eine Frau mit Kinderwunsch drei Monate vor der geplanten Schwangerschaft mit der Nahrungsergänzung beginnt. Frauen, die schwanger werden wollen, sollten täglich ein Folsäure-Supplement mit 400 µg Folsäure zu sich nehmen und auf eine normale Ernährung achten. Eine längerfristige Einnahme hoher Dosen Folsäure ist mit keinem Risiko verbunden. Im Gegenteil: Es hat eine schützende Wirkung vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Folsäure in hoher Dosierung – mehr als ein Milligramm täglich – darf aber nur eingenommen werden, wenn zuvor ärztlich abgeklärt wurde, dass kein Mangel an Vitamin B12 besteht. Auch bei gleichzeitiger Einnahme von bestimmten Medikamenten gegen Epilepsie und Krebs sollte man sich von seinem Arzt beraten lassen. Grundsätzlich ist jedoch eine Einnahme ohne vorherige Konsultation des Frauenarztes nicht ratsam. "Präparate, die dafür werben, besonders für Schwangere geeignet zu sein, haben oft einen deutlich zu hochdosiertem Anteil an Nahrungsergänzungsmitteln. Vegan lebende Schwangere müssen allerdings leider auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen. Aber auch hier sollte es ein gezielter Einsatz sein", erklärt Dr. Heinz-Wilhelm Esser.

Schlechte Versorgung mit Folsäure

Viele Frauen gehen schlecht versorgt in die Schwangerschaft, so der "Arbeitskreis Folsäure und Gesundheit". Vor allem B-Vitamine – und dazu zählt Folsäure – sind in der Schwangerschaft besonders wichtig für Mutter und Kind. Für Schwangere liegt der Folsäure-Bedarf laut Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei 550 Mikrogramm pro Tag. In Lebensmitteln ist das wasserlösliche B-Vitamin empfindlich und wird vom Körper nur etwa zur Hälfte aufgenommen. Deshalb müssen Schwangere ihre Nahrung mit 400 Mikrogramm pro Tag ergänzen. Die mittlere Zufuhr bei Frauen in Deutschland liegt mit 184 µg am Tag deutlich unter der Empfehlung.

Jodmangel erhöht Risiko für Frühgeburt

Außerdem brauchen Schwangere eine jodreiche Ernährung. Das lebensnotwendige Spurenelement ist für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung des Fötus von großer Bedeutung. Ein Jodmangel der Mutter kann das Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt erhöhen. Besonders viel Jod befindet sich in Milch, Milchprodukten, Eiern, Meeresfrüchten und Seefisch. Damit eine ausreichende Jodversorgung während der Schwangerschaft gewährleistet ist, sollte zusätzlich ein Nahrungsergänzungsmittel mit 150 Mikrogramm Jod am Tag eingenommen werden.

Eisen ist wichtig für Mutter und Kind

Eisen ist wichtig für die Sauerstoffversorgung des Ungeborenen. Eisenmangel führt zu Blutarmut. Das verschlechtert die Sauerstoffversorgung des Embryos. Schwangere sorgen durch regelmäßigen Verzehr von Hirse, Reis, Linsen, Sojabohnen und dunklem Fleisch für ausreichend Eisenzufuhr. Eine Ergänzung mit Eisen-Präparaten ist nur bei einem nachgewiesenen Eisenmangel sinnvoll. Tipp: Ein Glas frischgepresster Orangensaft oder ein Stück rohe Paprika zum Essen steigern die Eisenaufnahme des Körpers.

Die meisten anderen wichtigen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente für Schwangere sind in frischen und gesunden Lebensmitteln enthalten. Grundsätzlich profitieren Mutter und Baby, wenn während Schwangerschaft und Stillzeit auf eine gesunde Ernährung geachtet wird. Sie unterstützt auch das Immunsystem. Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E, Vitamin B12, Vitamin D3 sowie Omega-3 in bestimmten Fischsorten wie Lachs, Hering, Makrele und Sardellen sorgen für eine gute Entwicklung des Nachwuchses. Vitamin D bildet der Körper fast ausschließlich durch die Sonne, daher sind 30 Minuten Bewegung täglich an der frischen Luft empfehlenswert, um einen Vitamin-D-Mangel zu vermeiden. Die Vitamin-D-Versorgung ist auch über Nahrungsergänzungsmittel möglich. Ob sie nötig ist, kann ein Arzt durch eine Blutuntersuchung feststellen.

Frisches Obst mit viel Vitamin C und Gemüse, Vollkornprodukte und Nüsse stärken das Immunsystem der Schwangeren. Vitamin C kann die Produktion weißer Blutkörperchen stimulieren, die für die Bekämpfung von Infektionen von entscheidender Bedeutung sind. Zitrusfrüchte, Erdbeeren, rote Paprika und Kiwis sind reich an Vitamin C. Vitamin A trägt vor allem zur normalen Funktion des Immunsystems bei. Das Vitamin gilt auch als Fänger freier Radikaler. Das sind aggressive Sauerstoffmoleküle. Sie entstehen durch Stress und schädliche Umwelteinflüsse. Vitamin A steckt in vielen Lebensmitteln, beispielsweise in Leber, Seefisch, Fleisch, Eier, Milchprodukten, Karotten, Tomaten, Aprikosen und Spinat. Es ist für gesunde Schleimhäute wichtig. Schleimhäute sind eine effektive Schutzbarriere gegen Bakterien und Viren. Mit einer solchen Auswahl ist es einfach, jeder Mahlzeit Lebensmittel mit hohem Nährstoffgehalt hinzuzufügen. Omega-3-Fettsäuren sind besonders gesund und kommen beispielsweise in Leinöl und Chia Samen, aber auch in Walnüssen vor.

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Über die Autorin: Annette Bulut ist Diplom-Journalistin und hat eine Rundfunkausbildung in Köln absolviert. Nach beruflichen Stationen in Düsseldorf und München als Kommunikationsberaterin ist sie seit vielen Jahren freie Journalistin mit Schwerpunkt Medizin, Gesundheit und Ernährung. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für Online- und Printmedien. Ihr Ziel: Gesundheitsthemen verständlich und lebensnah mit vielen nützlichen Informationen zu vermitteln.

*Studie Stillen und Säuglingsernährung in Deutschland (SuSe II) im Auftrag der Uniklinik Bochum und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

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