"Müssen Sie mir jetzt die Prostata rausnehmen?", fragte mich ein 60-Jähriger, bei dem Prostatakrebs neu diagnostiziert wurde. "Da der Tumor bei Ihnen lokal begrenzt ist und ein niedriges Risikoprofil aufweist, kann auf eine solche radikale Therapie verzichtet werden", erklärte ich dem Patienten.
Das ist bei etwa 10.000 der rund 65.000 Diagnosen pro Jahr der Fall. Das wissen die wenigsten. Vielleicht scheuen viele daher die Vorsorge beim Urologen. Da sich aber im Frühstadium selten Symptome zeigen, ist sie umso wichtiger. Ab dem 45. Lebensjahr wird die Vorsorge empfohlen. Je früher die Diagnose erfolgt, desto besser sind die Heilungschancen.
Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebsart beim Mann. Es ist ein bösartiger Tumor in der Vorsteherdrüse, der vergleichsweise langsam wächst, aber zu Metastasen neigt. Genaue Ursachen sind nur zum Teil bekannt. Eine familiäre Vorbelastung und ein ungesunder Lebensstil spielen eine Rolle. Vor allem mit dem Alter steigt das Risiko. Tumoren, die erst entdeckt werden, wenn sie gestreut haben, können nur in Ausnahmefällen geheilt werden. Bei lokal begrenzten Tumoren führt die radikale Therapie mittels Bestrahlung oder Operation leider auch heute noch nicht selten zu Impotenz und Inkontinenz – und damit zu einer verminderten Lebensqualität.
Mittlerweile hat man erkannt, dass bei lokal begrenzten Prostatakarzinomen mit niedrigem Risiko auch bei jungen Männern eine sofortige Behandlung zunächst nicht erforderlich ist. Stattdessen kann der Tumor aktiv überwacht werden – durch regelmäßige Bestimmungen des PSA-Wertes und jährlich eine Tastuntersuchung sowie eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Prostata. Erneute Gewebeproben sind nach einem Jahr und im weiteren Verlauf alle drei Jahre notwendig. Die Lebensqualität Betroffener kann so bestmöglich gewahrt werden.
An unserer Klinik werden bereits 70 Prozent aller Männer mit Niedrigrisiko-Prostatakrebs aktiv überwacht. Zudem wird bei allen Männern vor einer Prostatabiopsie eine MRT der Prostata empfohlen. Diese Bildgebung hilft, bei erhöhten PSA-Werten zu entscheiden, ob überhaupt eine Biopsie notwendig ist, sodass im besten Fall ungefährliche Tumoren gar nicht erst entdeckt, sondern nur gefährliche rechtzeitig erkannt werden. So lassen sich unnötige Operationen oder Bestrahlungen vermeiden.