Kritik zu „28 Years Later“: Warum der Endzeit-Horror-Film anders ist als seine Vorgänger

Eine abgeschiedene kleine Insel, von der aus das britische Festland nur während der Ebbe über einen Damm zu erreichen ist. Was nach modernen, nicht-endzeitlichen Maßstäben einsam bis hin zu unheimlich anmutet, bewahrt die Charaktere in der Welt von „28 Years Later“ vor dem sicheren Tod. 28 Jahre nachdem das sogenannte Rage-Virus aus einem biologischen Waffenlabor entkommen ist und einen Großteil der Menschheit in zombieartige Wesen verwandelt hat, lebt dort eine kleine Gemeinschaft ein bescheidenes, aber behütetes Leben.
Der zwölfjährige Spike (Alfie Williams) soll jetzt die Welt außerhalb seines Dorfes kennenlernen, wie es dort Brauch ist. Sein Vater Jamie (Aaron Taylor-Johnson) nimmt ihn gegen den Willen seiner Mutter Isla (Jodie Comer) auf eine Erkundungstour auf dem Festland mit, wo er seinen ersten Zombie töten soll. Neben tödlichen Gefahren erwarten Spike jedoch auch Familiengeheimnisse, die sein Leben von Grund auf ändern könnten.
In „28 Years Later“ trifft Endzeit-Look auf Hollywood-Hochglanz-Optik
Rein technisch und inszenatorisch ist „28 Years Later“ eine regelrechte Wucht. Allein für die Schauwerte zahlt sich der Kinobesuch bereits voll und ganz aus. Anders als noch „28 Days Later“ sowie „28 Weeks Later“ verzichtet der neueste Teil fast vollständig auf verwackelte Kamerabilder während Kampfsequenzen. Die stellten zwar die Unübersichtlichkeit der Zombie-Bedrohung überzeugend dar, wurden jedoch schnell anstrengend. Zum Glück entschieden sich Regisseur Danny Boyle und Kameramann Anthony Dod Mantle dagegen, stilistisch einmal mehr in dieselbe Kerbe zu schlagen.
„28 Years Later“ wartet mit einer überzeugenden Mischung auf. Einerseits sieht man den Bildern an, dass es sich bei diesem Teil de facto um eine Hollywood-Produktion handelt. Andererseits sind wir als Publikum noch immer ganz dicht am Geschehen und den Figuren dran, sodass die Bedrohlichkeit nicht abhandenkommt. Das liegt auch an dem Einsatz von Smartphones anstelle von klassischen Kameras. Der Look und vor allem die Nähe zum Geschehen, die dadurch entstehen, erinnern an die ersten beiden Filme, die vor allem mit Camcordern gedreht wurden. Im Interview mit dem Magazin IGN erklärte Boyle das so:
„Für einen Moment ist das Publikum mitten in der Szene, mitten im Geschehen – nicht bloß klassisch als Beobachter vor der Leinwand. Man hat das Gefühl, mit Jodie Comer und ihrem Sohn im Raum zu sein, wenn sie ihre Wut an Aaron Taylor-Johnson auslässt.“
Kann die Story von „28 Years Later“ mit den Schauwerten mithalten?
Um zwischen verschiedenen Perspektiven hin- und her schneiden zu können, haben Boyle und sein Team bis zu 20 iPhones gleichzeitig laufen lassen. Dass sich „28 Years Later“ trotz allem optisch nicht vor anderen Hollywood-Produktionen verstecken muss, liegt an der Nutzung von hochklassigen Objektiven. Zudem kamen nicht nur Smartphones zum Einsatz, sondern auch Drohnen sowie Action- und Spezialkameras. Letztere wurden teils auch an den Schauspielenden selbst befestigt. Die Drohnen liefern außerdem zahlreiche beeindruckende Landschaftsaufnahmen. Abgerundet wird dieses Fest der Sinne durch die Arbeit der Maskenbildner wie auch der Musik, für die die Gruppe Young Fathers verantwortlich ist.
Die grundlegende Handlung von „28 Years Later“ ist simpel und erwartbar. Was als nächstes passiert, überrascht meistens nicht. Wie auch schon vor allem in „28 Weeks Later“ geht die eigentliche Mission, die im Mittelpunkt der Story steht, spät los. Erst dann dürfen vor allem der Nachwuchsschauspieler Alfie Williams sowie die unter anderem aus Ridley Scotts „The Last Duel“ bekannte Jodie Comer zeigen, wozu sie schauspielerisch imstande sind. Auch Voldemort-Darsteller Ralph Fiennes tritt erst dann mit seiner Rolle in Erscheinung.
Trotz Schwächen sehenswert
Neben der eher einfach gestrickten Handlung tauchen hier und da ein paar Ungereimtheiten oder Ungenauigkeiten auf. Das betrifft das World Building sowie die Charaktere, die nicht immer nachvollziehbar handeln – vor allem in einer Welt, in der überall der Tod lauert. So verhält sich Vater Jamie beispielsweise in einer Szene am Anfang zu unvorsichtig, was Spannung erzeugen soll, aber wenig Sinn ergibt.
Unterm Strich macht „28 Years Later“ allerdings allein wegen seiner Kameraarbeit jede Menge Spaß und besticht neben der Optik auch mit seiner Atmosphäre. Trotz seiner erzählerischen Schwächen und obwohl es weniger Actionszenen gibt als noch in den beiden Vorgängerfilmen (aber nicht wirklich weniger explizite Brutalität), macht der neue Teil Lust auf mehr. Auf Nachschub müssen Fans tatsächlich gar nicht mal so lange warten.
„28 Years Later“: Wie es mit der Reihe weitergeht
Schon Mitte Januar 2026 erscheint „28 Years Later: The Bone Temple“ in den deutschen Kinos. Wie spätestens mit dem Ende des neuen Films klar geworden ist, handelt es sich bei „28 Years Later“ gar nicht wirklich um einen dritten Teil der alten Reihe. Vielmehr ist er der Auftakt zu einer geplanten Trilogie. Der zweite Teil „The Bone Temple“ ist bereits vollständig abgedreht. Ob es tatsächlich einen dritten Part geben wird, hängt vom finanziellen Erfolg von „28 Years Later“ ab.
Das Startwochenende verlief mit einem weltweiten Einspielergebnis von rund 60 Millionen Dollar vielversprechend. Mit Blick auf die Produktionskosten von 75 Millionen Dollar, die damit deutlich höher liegen als noch bei den ersten beiden Filmen, reicht das aber noch nicht aus. Angesichts von „28 Years Later“ oder auch des Erfolgs der Wow-Serie „The Last of Us“ ist aber klar: Das Endzeit-Zombie-Genre lebt.
„28 Years Later“ läuft seit dem 19. Juni 2025 in den deutschen Kinos.
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