Star der neuen Amazon-Serie "Modern Love"

Anne Hathaway spricht über Grenzerfahrungen in Sachen Liebe

von Rachel Kasuch

Hollywoodstar Anne Hathaway wundert sich: "Viele Menschen sind gegen das Thema Liebe allergisch!" – Mit der Amazon-Serie "Modern Love" leistet sie nun einen Beitrag, das ein wenig zu ändern.

Die Kritik ist sich einig: "Modern Love" ist eine herausragende neue Anthologie-Serie. Das Amazon Prime-Format ist hochkarätig besetzt und beruht auf wahren Geschichten. Schließlich knüpft die Serie an den Erfolg der gleichnamigen Kolumne der New York Times an, die seit 2004 echte Storys über die Liebe erzählt. Es sind allesamt Geschichten, die auf ihre Art besonders sind und die Vielfalt der Liebe feiern. "Modern Love" will zeigen: Liebe ist nicht nur ein Wort oder ein Symbol, sondern ein Gefühl, das jeder einzelne von uns haben kann und darf und das keine Grenzen kennt. In einer ziemlich heftigen Episodenhauptrolle glänzt Oscar-Preisträgerin Anne Hathaway. Im Interview spricht die 36-Jährige über eine tolle Serie und einer der schwierigsten Rollen ihrer Karriere.

prisma: Sie spielen eine Frau, die unter einer manisch-depressiven Erkrankung leidet. Wie schwer war das für Sie?

Anne Hathaway: Um gleich von vorneherein etwas zu klären: Ich mag diese Schauspieler nicht, die sich darüber beschweren, wie hart ihre Rollen sind. Wir sollten uns als "glücklichste Menschen der Welt" bezeichnen, wenn wir tolle Rollenangebote bekommen und nicht wie viele andere arbeitslos sind. Es gibt genug, die sich um solche Angebote, egal wie schwer sie sind, reißen würden. Doch um ganz ehrlich zu sein, war diese Rolle eine der härtesten Erfahrungen, die ich jemals gemacht habe.

prisma: Inwiefern?

Hathaway: Ich glaube, ich war nicht wirklich darauf vorbereitet, was nötig ist, um den schnellen Wechsel der extremen Höhen und Tiefen dieser Krankheit darzustellen. Vor allem, mehrmals täglich in sie hineinzutauchen. Obwohl es ein kurzer Dreh war, acht Tage über drei Wochen verteilt, hatte ich am Ende komplett meine Balance verloren und mich im Bett verkrochen, bis ich sie einigermaßen wiedergefunden hatte. Ich musste mir immer wieder selbst einreden, dass ich diese Krankheit nicht habe.

prisma: Viele Leute leben mit dieser Krankheit ...

Hathaway: Ich weiß, erschreckend viele Leute. Ich sage nicht, dass unsere Serie das ändern wird. Ich glaube nicht, dass wir dadurch jetzt plötzlich alle Antworten finden. Aber ich bin froh, ein Teil dieses Formats zu sein, das öffentlich dazu auffordert, über diese Krankheit zu sprechen.

prisma: Es ist nicht das erste Mal, dass Sie eine kranke Person spielen. In "Love and other Drugs – Nebenwirkung inklusive" spielten Sie eine Frau, die an Parkinson leidet. Wie bereiten Sie sich auf solche Rollen vor?

Hathaway: Ich unterhalte mich mit den Menschen, die an solchen Krankheiten leiden. Die physische Realität ihres Lebens ist mir sehr wichtig, um es richtig widerzuspiegeln. Für "Modern Love" habe ich mich mit Terri Cheney getroffen, die ganz offen mit ihrer manisch-depressiven Erkrankung umgeht. Sie war toll. Allein, wie sie mir erklärt hat, wie schwer ihr einfache Dinge fielen, wenn sie in einer depressiven Phase war, zum Beispiel beim Essen einen Löffel zu halten. Zusätzlich habe ich ihre Biografie gelesen, was mir extrem geholfen hat.

prisma: Viele Streaming-Dienste bringen gerade Serien auf den Markt. Die meisten sind eher düster und sarkastisch. Doch "Modern Love" ist anders.

Hathaway: Ja, unser Format ist besonders empathisch. Es geht um wirklich Gefühle, daher verfehlt die Serie auch beim Zuschauer ihre Wirkung nicht. Heutzutage laufen die Menschen mit Scheuklappen umher, weil sie aus allen Richtungen mit allem Möglichen bombardiert werden. Ständig Überraschungen erleben, die nicht immer angenehm sind. Es wäre schön, wenn die Leute wieder ein bisschen mehr aufeinander achten würden und füreinander da sein könnten. Natürlich behaupte ich jetzt nicht, dass "Modern Love" die Menschheit rettet, aber in einem Jahr wie 2019, wo so viel Negativität auf uns einprasselt, ist es schön, etwas Echtes über wahre Gefühle und Liebe zu zeigen. Es ist vielleicht eine Art Ausweg, um der Wirklichkeit zu entfliehen.

prisma: In der Serie werden ganz unterschiedliche Themen aufgegriffen. Von der manisch-depressiven Erkrankung bis hin zur gewünschten Abtreibung. Doch eines haben sie alle gemeinsam: die Liebe. Ist das nicht kitschig?

Hathaway: Nein. Ich finde es lustig, dass viele Leute schlichtweg allergisch gegen das Thema Liebe sind. Andere, dazu zähle ich mich, fühlen sich mit diesem Thema geborgen und sehen es, für das was es ist. Wobei: Manche Leute scheinen einfach alles abzulehnen (lacht): Ich war erst kürzlich auf einer Geburtstagsparty und stand neben einem jungen Mann, der auf einmal anfing, über die Geburtstagstorte zu lästern. Er kritisierte sie, laut, auf übelste Weise. Ich dachte mir nur: "Ich bin ein grundlegend anderer Mensch als er, und ich finde die Torte toll."

prisma: Er war eben ehrlich ...

Hathaway: Natürlich ist es gut, immer die Wahrheit zu sagen, aber in diesem Fall gab es keine wahre Seite. Es war ein Kuchen! Den muss man einfach mögen. Genauso sehe ich es mit dieser Show. Wir erzählen keine übliche Liebesgeschichte, in der der Junge das Mädchen kennenlernt, sie verliert, um sie dann wieder zurückzugewinnen. Wir haben uns über den Tellerrand hinausgelehnt, um verschiedene, aber noch wichtiger, unterschiedliche Geschichten zu erzählen, die in unserer Welt momentan mehr der Wahrheit entsprechen.

prisma: Gibt es ernsthaft Leute, die ihre Wut an einer Torte auslassen?

Hathaway: Oh ja. Sie können sich gar nicht vorstellen, was für einen Wutausbruch dieser junge Mann hatte. Und die Torte war wirklich nicht schlecht. Solange kein Salz anstatt Zucker verwendet wird, kann auch nicht viel verkehrt gemacht werden. Ich habe sie jedenfalls gegessen und jeden Biss genossen. Um es klarzustellen: Dieser Mann war bestimmt einer von denen, die auch gegen das Thema Liebe allergisch ist (lacht).

prisma: Sie singen und tanzen in "Modern Love", wie in Ihrer Oscar-Rolle in "Les Misérables", die mittlerweile schon sieben Jahre her ist. Haben Sie Sich darauf gefreut?

Hathaway: Oh Gott, ist das lange her. Ich habe nicht unbedingt etwas gesucht, wo ich singen und tanzen kann, aber hatte es auch nicht vermieden. Es hat mir Spaß gemacht, wieder mit einer Choreografin zu arbeiten. Ich zeigte ihr die drei Tanzschritte, die ich richtig gut kann, und sie hat darauf einen ganzen Tanz aufgebaut (lacht). An dem Tag, als wir die Szene drehten, hatten wir einen Sturm mit grauem Himmel, aber irgendwie hat das genau richtig zum Thema gepasst. Die Tänzer waren super, sie haben nur gelächelt. Dadurch bekam ich das Gefühl, dass es schön ist, am Leben zu sein. Der Schuss hätte auch nach hinten losgehen können. Hätten sich die Tänzer beschwert, wäre meine Tanzszene zusammengekracht wie ein Kartenhaus.

prisma: Die gesamte Serie ist sehr geprägt von der Stadt New York.

Hathaway: Ja, und das ist genau das, was ich an der Serie liebe. New York ist nicht kontrollierbar, was die Qualitäten der Schauspielerei besonders hervorbringen kann. Wir sind auf der Straße, drehen eine Szene, und auf einmal schießt ein Auto vorbei oder Leute drängen sich dazwischen. Aber das stört mich gar nicht, das ist New York. Ich habe diese leidenschaftliche Liebe zu New York. Wenn ich die Chance habe, hier zu arbeiten, fühle ich, dass sich mein schauspielerisches Talent verbessert.

prisma: New York ist ja eigentlich auch eine romantische Stadt.

Hathaway: Total. Was ich an New York so liebe, sind die Unterschiede, es ist glamourös aber gleichzeitig so bodenständig. Ich trage ein super schönes Outfit, fühle mich toll. Eine Sekunde später fährt ein Auto durch eine Pfütze und ich bin von oben bis unten klatschnass (lacht). Oder ich stehe auf der Straße, und auf einmal tropft von irgendeiner Klimaanlage im 20. Stock Flüssigkeit auf mich, die sicherlich einige Bakterien in sich hat. Aber genau das ist es, dieser Gegensatz: Vom Dreck zum Traum. Das liebe ich. Diese Stadt kann Träume erfüllen. Auch wenn ich manchmal laut aufschreien möchte, finde ich New York unendlich charmant (grinst).

prisma: In "Modern Love" lernen Sie einen Mann im Supermarkt kennen. Glauben Sie, so etwas gibt es tatsächlich oder nur in Filmen?

Hathaway: Also, ich habe bis jetzt noch niemanden im Supermarkt kennengelernt, finde die Idee aber total romantisch. Leider kann ich nicht öffentlich erzählen, wo und wie ich meine bessere Hälfte kennengelernt habe. Wenn wir zu zweit als Freundinnen bei einem Cocktail sitzen würden ja, aber so könnte es dazu führen, dass es nicht mehr romantisch für mich und meinen Mann ist (lacht).


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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