Der große Deal im Altersheim

Die neue Tatort-Saison beginnt mit einem Schmankerl, einer delikaten Gemeinheit aus dem hintersten Österreich, irgendwo an der ungarischen Grenze. Treffender als mit ­Paradies konnte die Folge nicht betitelt werden. Alle wollen raus. Bibi Fellner (Adele Neuhauser) will nach Kreta. Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) träumt von unbeschwerten Tagen mit seiner Tochter. Es ist Urlaubszeit.

Ein Pensionär am Flughafen Graz träumt ebenfalls von der Ferne, und er träumt auf die vielleicht schönste Art: Weil ihm infolge seines mickrigen Altersbudgets das Geld für den Flug fehlt, schaut er traumverloren den Flugzeugen nach ...

Dem Elend entkommt niemand

Dieser Auftakt ist ein geniales Intro für einen Tatort der unerfüllten Sehnsüchte. Bibi Fellner wird nicht fliegen, weil ihr Vater stirbt. Moritz Eisner wird nicht in den Urlaub fahren, weil die Tochter seine Pläne durchkreuzt und weil er ­Bibi beistehen will. Und alle anderen in diesem Film, die ebenfalls wegfliegen wollen oder wenigstens einmal ausbüchsen aus ihrer traurigen Realität, sie bleiben haften. Dem Elend entkommt niemand.

Einzig Peter Weck als ehemaliger "Herr Direktor Ransmayr", der von seiner Tochter aus der eigenen Firma getrickst wurde, hebt am Ende des Films ab, doch wird das nicht der Flug ins Paradies werden, den er sich auf seine alten Tage erträumt hatte.

Die Alten können's noch

Der Aufstand der Alten gegen eine Welt, die nicht mehr mit ihnen rechnen mag, ist oft verfilmt worden, fast immer unter der augenzwinkernden Prämisse: Die Alten können's noch und schlagen den Jungen ein Schnippchen. Das war schon bei Bernhard Sinkels "Lina Braake" so (1974), das galt für Dieter Wedel "Der große Bellheim" (1992) und einige Altersfilme von Burt Lancaster und Paul Newman.

In diesem Tatort (Buch: Uli Brée) wird nichts aus dem Schnippchenschlagen. Die Insassen eines Altersheims verdienen sich zwar mit dem Import von Drogen ein Zubrot, aber fürs große Abhauen in den Süden reicht es nicht. Bibi Fellners Vater, im Altersheim an einer Säuferleber gestorben, vermeintlich mausearm, hinterlässt ihr einen Betrag, den er auf saubere Art nicht hat anhäufen können.

Ein Schmankerl mit Schmäh

Aus Verwunderung wächst ein Verdacht, aus dem Verdacht Entsetzen. Wo es um Drogen geht, wirkt Gewalt wie selbstverständlich. ­ Paradies ist ein Schmankerl mit Schmäh; das macht es verdaulicher, als es vielleicht sein sollte.