Neue Sky-Serie

Die Generation Praktikum im Haifischbecken

von Andreas Fischer

Hart feiern, härter arbeiten. Die Sky-Serie "Industry" erkundet, was die Jugend von heute bei ihrem Einstieg ins Berufsleben anzustellen bereit ist.

Sie sind neu im Geschäft, haben Ideen und Ideale. Aber nur wenige haben den Mut und die Eier, sich durchzubeißen. Sky zeigt ab 30. Dezember in zehn Folgen, wie die Generation Praktikum im Haifischbecken der Londoner Finanzwelt entweder schwimmen lernt oder absäuft. "Industry" heißt die Serie, die gerne eine moderne Version von "Wall Street" oder "The Wolf of Wall Street" wäre, sich dann aber doch ziemlich schnell als herkömmlich gestrickte Hochglanz-Soap entpuppt. Und das ist gar nicht so verkehrt.

"Macht euch selbst unentbehrlich, seid Haie im Business", die Begrüßung ist eindeutig: In der hoch angesehenen Londoner Investmentbank Pierpoint zählt nur der Erfolg. Wenig verwunderlich sind die Menschen, die dort arbeiten, wandelnde Leichen: Alkoholleichen, Arbeitsleichen, Mobbingleichen – und eine echte Leiche kommt in der ersten Episode auch noch dazu. Das Leben in den schicken Wolkenkratzern der Finanzwelt jedenfalls ist nichts für zarte Gemüter. Aber das ist ja eigentlich nichts Neues.

Oberflächlich wirkt "Industry" wie eine Sammlung beklemmender Horrorstorys aus der Bankenbranche, von denen man immer mal etwas gehört hat. Niemand mag irgendjemanden, jeder ist mit sich selbst beschäftigt, Praktikanten werden zum Salat holen geschickt oder anders erniedrigt, Fehler sind nicht erlaubt, und die Wirklichkeit der Geschäftswelt zermalmt ziemlich schnell alle hehren Ziele und Vorstellungen. So weit, so langweilig.

Wirklich interessant wird "Industry", weil sich hinter den Kulissen jede Menge Dramen abspielen, die mit viel Sex zwischen allen Geschlechtern exemplarisch an fünf hochmotivierten Uni-Absolventen durchexerziert werden. Sie gehören zu einer Generation, die feierwütig ist, aber auch arbeiten will, die noch im Taumel der Jugend erwachsen werden muss. Im Mittelpunkt steht Harper Stern (Myha'la Herrold), die es von einer kleinen New Yorker Hochschule in das elitäre Bankhaus geschafft hat. Zumindest offiziell gerät ihr nicht zum Nachteil, dass sie schwarz ist und aus prekären Familienverhältnissen stammt.

Im Verlauf der Serie wird unterschwellig klar, dass Verbindungen zu elitären, weißen Kreisen einer Karriere nicht abträglich sind. Aber das bleiben Andeutungen, so wie auch andere gesellschaftlich relevante Themen nur angedeutet werden. Wohlstandsgefälle, Rassenungleichheit, Kapitalismuskritik werden beiläufig und eher pflichtschuldig angesprochen. Wirklich viel zu sagen haben die Autoren nicht dazu.

Sie konzentrieren sich auf das menschliche Drama und tun gut daran: Als Seifenoper ist "Industry" eine ziemliche Wucht, weil die Figuren komplex sind und sich ihrer eigenen Unsicherheiten bewusst. Harper, die für ihren sozialen Aufstieg mit aller Macht und mit allen Mitteln kämpft, ist keine liebenswerte Heldin, sondern eine junge Frau mit Ecken und Kanten, mit Geheimnissen und dem Willen, notfalls ihren moralischen Kompass neu einzunorden.

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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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