"K11"-Kommissar

Michael Naseband: "Mir war es peinlich, mich im Fernsehen zu sehen"

von Frank Rauscher

Die Kultkommissare der SAT.1-Reihe "K11" feiern im Mai ein Comeback. Im Interview erzählt Michael Naseband, warum er sich die alten Folgen früher nicht angucken konnte und von einem Ereignis, das ihn fast das Leben gekostet hat.

"Eine mehr als doofe Situation", stöhnt Michael Naseband, den die Corona-Krise gleich doppelt trifft: Der 54-Jährige ist Gastronom und Schauspieler. Seit Wochen ruht der Betrieb seines "Naseband's" in der Düsseldorfer Altstadt, die Dreharbeiten zur Kultkrimiserie "K11" liegen ebenfalls schon lange auf Eis. Nichts geht mehr – "Zwangspause", wie er es nennt. Dass die sonore Stimme des markanten Glatzenmannes beim Skype-Interview dennoch viel Zuversicht ausstrahlt, mag zum einen im positiven Wesen des Rheinländers begründet sein, zum anderen hat es aber auch mit einem für Naseband überaus bedeutsamen Datum zu tun. Am Montag, 11. Mai, 18 Uhr, geht es auf SAT.1 wieder los: "K11 – Die neuen Fälle" ist ein TV-Comeback, das man getrost sensationell nennen darf. Die Scripted Reality-Krimiserie, von manchen Kritikern belächelt und von sehr vielen Fans heiß geliebt, kommt sieben Jahre nach dem Aus trotz des Corona-bedingten Drehstopps zurück. Über zehn Jahre lang, von 2003 bis 2013, war "K11 – Kommissare im Einsatz" mit zum Teil gigantischem Erfolg produziert worden. Dann aber war das Thema eigentlich durch – wenngleich die Wiederholungen über all die Jahre weiterliefen, dachte niemand an eine Neuauflage, zumal mit dem "alten" Duo der beiden echten Ex-Cops Michael Naseband und Alexandra Rietz (48).

Im Interview verrät der ehemalige echte Ermittler Naseband, warum er nun erneut den fiktiven Ermittler Nasebend gibt, und erinnert sich an einen schlimmen Vorfall, der sein Leben für immer veränderte.

prisma: Von Ihnen stammt der Facebook-Post: "Noch drei Wochen zu Hause, und ich wechsel von 'K11' zu 'Biggest Loser." Wie viel Coronaspeck haben Sie schon auf den Rippen?

Michael Naseband: (lacht) Ganz wunder Punkt: Ich habe mich in den ersten drei Wochen der Corona-Maßnahmen zügellos ernährt und in Rekordzeit eine Plauze bekommen. Da habe ich mich mächtig erschrocken. Nun ist es aber im Griff. Ich esse wieder kontrollierter, also nichts mehr nach 23 Uhr, mache ein bisschen Sport. Die Studios haben zu – also trainiere ich daheim oder gehe Walken. Die Figur passt wieder einigermaßen. Als Fernsehpolizist ist man ja auch ein bisschen eitel!

prisma: Von der Pandemie sind Sie doppelt betroffen: Als Gastronom und Schauspieler geht momentan gar nichts.

Naseband: In der Tat eine mehr als doofe Situation. Das "Naseband's" gehört zu den guten Adressen in prominenter Altstadtlage Düsseldorfs. Da muss es einfach laufen, damit alles funktioniert. Jetzt ist unser Laden in der sechsten Woche zu – das tut natürlich richtig weh. Die Drehs wurden sogar schon vor sechs Wochen gestoppt. Alles auf Null. Aber ich bin keiner, der jammert. Natürlich sind die wirtschaftlichen Folgen heftig, aber diese Wochen haben für mich auch etwas Gutes. Ich habe mich gesammelt, Kraft getankt, fast wie bei einer Kur. Nun bin ich voller Tatendrang und warte darauf, dass es wieder richtig losgeht.

prisma: Gehören Sie zu den Menschen, die sich sonst keine Ruhe gönnen?

Naseband: Langeweile ist mein schlimmster Feind! (lacht) Zuletzt war es so: In der Woche war ich beim Dreh in München und am Wochenende im Laden. Das ging schon an die Substanz, ohne dass ich das richtig gemerkt habe. Insofern war die Zwangspause ganz hilfreich – auch weil, sobald es los geht, erst mal sowieso kein Urlaub gemacht wird.

prisma: Haben Sie Existenzängste?

Naseband: Na ja, noch nicht. Zum Glück hatten wir noch gute Karnevalwochen, und die beantragte staatliche Soforthilfe kam wirklich erfreulich schnell aufs Konto. Aber es bleiben einige laufenden Kosten, die sich schnell zu einem großen Betrag summieren. Da kann man sich ausrechnen, wie lange man das schafft.

prisma: Also, womit rechnen Sie?

Naseband: Ich denke nicht, dass wir vor Juni oder Juli wieder aufmachen können. Was bitter ist. Denn der Mai ist bei uns einer der besten Monate. Und selbst wenn wir wieder öffnen – fette Partys wird es vermutlich erst mal nicht geben. Es wird zwangsläufig alles mit Auflagen verbunden sein. Unser Konzept ist gerade in den späten Stunden eher auf gepflegte Party ausgelegt: rappelvolle Bude, viele Menschen, die tanzen und feiern. Das werden wir, wenn wir dann wieder öffnen dürfen, etwas anders umsetzen müssen. Unser Vorteil im Sommer ist, dass wir eine große Terrasse haben. Dort kann man die Leute auch mit der nötigen Distanz zueinander bewirten. Hoffen wir mal auf gutes Wetter!

prisma: Tragen Sie schon Schutzmaske?

Naseband: Privat eher selten, aber wir sind gerade auch überwiegend zu Hause und halten uns von Anfang an an die behördlichen Vorgaben. Ich denke, dass wir Deutschen in Bezug auf Gesichtsmasken noch von den Asiaten lernen können. Dort zieht man sich aus lauter Anstand eine Maske an, wenn man selbst erkältet ist – um die anderen nicht anzustecken. Ein bisschen Selbstdisziplin dieser Art würde uns manchmal auch nicht schaden.

prisma: Wann läuft die "K 11"-Produktion wieder an?

Naseband: Wir hoffen, dass wir Mitte, spätestens Ende Mai wieder anfangen können. Wie das genau werden soll, mit den Auflagen, die es auch für Dreharbeiten geben wird, muss man mal abwarten. Wir können natürlich schlecht mit Masken durch die Szenen laufen ... Obwohl, wer weiß (lacht). Eine große Herausforderung für alle Beteiligten, denn klar ist: Wenn sich einer anstecken sollte, ist sofort wieder Schluss für wer weiß wie lange. Diese Pandemie ist wie ein gigantischer Feldversuch für uns alle – mit offenem Ausgang. Ich denke aber, wir schlagen uns gut!

prisma: War es schwer, Sie nach über sieben Jahren zu einem "K11"-Comeback zu überreden?

Naseband: Wenn die Anfrage vor fünf Jahren gekommen wäre, hätte ich sicher abgelehnt. Aber als SAT.1 und die Constantin Entertainment letzten Herbst die Gespräche mit Alex (Nasebands langjährige "K11"-Partnerin Alexandra Rietz, d. Red.) und mir aufnahmen, war die Zeit irgendwie reif, es fühlte sich gut an ... Und die Entscheidung war richtig: Das Drehen macht wieder richtig Spaß!

prisma: Was gab den Ausschlag?

Naseband: Dass wir beide es wollten – Alex und ich sind gut befreundet, sie wohnt nur eineinhalb Kilometer von mir entfernt. Und, ach, irgendwie war es wohl auch eine Frage der Ehre (lacht): Ich hatte mich zwar innerlich von dem Format verabschiedet, aber ich war über all die Jahre schon auf dem Laufenden, wie gut die Wiederholungen auf SAT.1 Gold funktionieren. Die Folgen waren auf dem Sender oft Tagessieger, bei SAT.1 liefen unsere Wiederholungen auch manchmal besser als neue Formate. Das waren zum Teil absurd gute Quoten für ein Format, das seit Jahren nicht mehr produziert wird. Die Idee einer Wiederbelebung lag nahe. Ausschlag gab am Ende auch, dass die Drehbedingungen andere sind als früher.

prisma: Inwiefern?

Naseband: Als wir 2013 aufhörten, waren wir durch nach über zehn Jahren. Das war so ein bisschen wie in dem Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" mit Bill Murray. Eine Art Tretmühle von der ich mich verabschieden wollte. Heute ist es anders: Wir haben wieder den nötigen Abstand, etwas mehr Zeit bei der Produktion, tolle Darsteller, spannende Bücher, und alle sind wirklich mit viel Leidenschaft und Herzblut bei der Sache. Auch der Look ist hochwertiger. Wir fiebern gerade alle der Ausstrahlung der neuen Folgen entgegen!

prisma: Warum wurde "K11" so ein Erfolg? – Es ist kein Geheimnis, dass diese Art von "Scripted Reality" von den meisten Kritikern auch belächelt wurde ...

Naseband: Ja, belächelt wurden wir schon oft, obwohl wir bis zu sechs Millionen Zuschauer und bis zu 20 Prozent in der Zielgruppe hatten und über 1.800 Folgen produzierten. Das ist meiner Ansicht nach eher ein Grund zum Schmunzeln. Zwei Faktoren waren auf jeden Fall sehr wichtig: Zum einen haben wir die Polizeiarbeit relativ realistisch dargestellt – Alexandra und ich waren beide lange Jahre im Polizeidienst. Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass vieles authentisch gezeigt wird. Zum anderen sind es die handelnden Personen – das Team harmoniert gut, und die Zuschauer mögen uns.

prisma: Dabei landeten Sie 2003 nach insgesamt fast 21 Jahren im Polizeidienst eher zufällig beim Fernsehen ...

Naseband: Ja, das waren viele Zufälle, die da zusammen kamen. Ich hatte zwar zwei Auftritte bei "Aktenzeichen XY" mit echten Fällen, war aber nie ambitioniert, beim Fernsehen dauerhaft irgendwas zu machen. Aber manchmal treibt einen das Leben einfach, und bei SAT.1 haben sie anscheinend auf eine Düsseldorfer Frohnatur gewartet. Obwohl das Casting eigentlich schon abgeschlossen war, wurde ich ins Team genommen.

prisma: Haben Sie in den vergangenen Jahren noch "K11" geschaut?

Naseband: Ab und zu, ja. Früher, als wir noch drehten, konnte ich das manchmal nicht – mir war es einfach peinlich, mich im Fernsehen zu sehen (lacht).

prisma: Sie waren damals dank der täglichen Senderpräsenz überaus prominent. War Ihnen das zu viel?

Naseband: Ja, so etwas kann anstrengend sein. Ich war froh, als ich wieder öffentliche Nah-Verkehrsmittel benutzen konnte. Zehn Jahre habe ich das nicht gemacht. Wenn die Leute einen ansprechen, ist das zwar immer okay, und sie sind meist nett, kein Problem, aber hin und wieder will jeder mal privat sein. Heute hat sich das etwas gelegt – und in Düsseldorf kennt man sich sowieso.

prisma: Haben Sie 2013 auch wegen der enormen Bekanntheit aufgehört?

Naseband: Nein, ich habe nicht aufgehört, die Serie wurde eingestellt. Da hat uns jemand die Entscheidung abgenommen. Danach wollte ich auf keinen Fall so enden, wie manche, die nicht merken, wenn ihre Zeit abgelaufen ist und einem Traum hinterherlaufen oder durch die einschlägigen Reality-Formate gereicht werden. Außerdem hatte ich ja die schöne Idee mit der eigenen Bar, Kneipe, Club. Irgendwas dazwischen sollte es werden. Wobei zuerst das Buch da war: Im Roman "Alt mit Schuss", den ich gemeinsam mit dem Drehbuchautor Mike Engel geschrieben habe, wird detailliert ein cooler Laden beschrieben, in dem der Ex-Kommissar auf unkonventionelle Art und Weise Fälle klärt, in die er eher zufällig verwickelt wird. Mit dem Wachsen der Geschichte wuchs auch der Wunsch, den Laden in die Realität umzusetzen: Das "Naseband's" ist einem Krimi entsprungen!

prisma: Fiel Ihnen das Gastronomen-Dasein auf Anhieb leicht?

Naseband: Nein, da war nichts leicht. Gastronomie ist viel komplizierter, als die meisten denken: Du brauchst ein klares Konzept, eine originelle Idee und musst immer am Ball bleiben. Ich hatte am Anfang keine Ahnung, bin schnell auf den Boden der Tatsachen geholt worden. Aber dann wurde das ...

prisma: Sind Sie heute stolz?

Naseband: Na klar. Es ist schon toll, wenn der Laden, der deinen Namen trägt, zu den angesagten Locations in der Stadt gehört. Gerade Karneval kommen sie alle bei uns vorbei – auch die Honoratioren, bis hin zum Oberbürgermeister. Der Hoppeditz tanzt auf dem Tisch. Der Ausnahmezustand ist normal bei uns (lacht).

prisma: 2015 gab es im Lokal einen Zwischenfall, bei dem Sie verletzt wurden ...

Naseband: Zwischenfall ist gut ... Ich hätte damals fast den Löffel abgegeben. Es war ein Abend, an dem ich keinen Türsteher hatte. Im Handgemenge mit jemandem, den ich nicht mehr im Laden haben wollte, ist es passiert: Ich bekam von hinten eins über den Schädel und fiel auf den harten Boden, dabei platzte eine Arterie im Kopf. Durch das heftige Anschwellen des Gehirns wurde offenbar die Blutung schnell gestoppt. Auf der Intensivstation war ich neun Tage und hatte viel Glück im Unglück!

prisma: Welche Lehren zogen Sie aus dem Vorfall?

Naseband: Dass ich vorsichtiger sein muss. Eigentlich weiß ich das als Polizist sehr genau – nur war jener Abend extrem hektisch, ich musste mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen. Da war ich nicht aufmerksam genug. Das wäre mir früher nie passiert, und es wird mir auch nicht wieder passieren.

prisma: Haben Sie sich danach verändert?

Naseband: Die Erfahrung machte mich in gewisser Weise demütiger: Ich fühlte mich immer unangreifbar, voller Kraft, nahm das Leben eher leicht ... Ich weiß jetzt, wie endlich alles ist.

prisma: Das heißt?

Naseband: Ich lebe heute intensiver und mache mir mehr Gedanken um viele Dinge.

prisma: 2017 haben Sie wieder geheiratet ...

Naseband: Ja. Eigentlich war mein Plan, nur einmal zu heiraten... Aber, wie gesagt, ich denke heute über manche Dinge anders. Wenn dir die Richtige über den Weg läuft, gelten solche Vorsätze sowieso nichts.

prisma: Was machte Ihre Tanja zur Richtigen?

Naseband: Das ist schnell gesagt: Sie nimmt mich so, wie ich bin, ohne Kompromiss. Wir sind eine Einheit, ohne eingeengt zu sein. Tanja arbeitet mit im Geschäft. Sie ist Kauffrau und schmeißt die Buchhaltung. Wir gehen wirklich durch dick und dünn. Anfangs im Laden hatten wir sechs Tage geöffnet und haben am siebten Tag noch den Laden selbst gründlich gereinigt. Wer sich dabei immer noch liebt und viel Spaß zusammen hat, der ist aus einem Holz!

prisma: A propos Spaß: Wann wird im Rheinland wieder so richtig Karneval gefeiert werden?

Naseband: Nächstes Jahr! Ich bin Optimist, und das Virus hat bestimmt auch Angst vor uns Karnevalisten.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren