ZDF-Talkshow

Virologe äußert sich bei Markus Lanz zur Mundschutz-Pflicht

Unser Nachbarland Österreich hat wegen der Corona-Pandemie eine Mundschutz-Pflicht eingeführt. Doch ist das wirklich sinnvoll? Bei Markus Lanz bezog ein Virologe Stellung.

Auf deutschen Straßen sind sie eine äußerst seltene Spezies: Mundschutz-Träger. Was in Asien ein alltäglicher Anblick ist, ist hierzulande noch die Ausnahme. Aber wie lange noch? Das Nachbarland Österreich hat eine Pflicht zum Maskentragen in der Öffentlichkeit eingeführt, auch Länder wie Bulgarien verpflichten ihre Bürger, nicht "oben ohne" nach draußen zu gehen.

Als erste deutsche Stadt zog unlängst Jena nach. Hier gilt ab kommendem Montag: Wer einen Supermarkt betritt oder ein öffentliches Verkehrsmittel, muss die untere Hälfte seines Gesichts verhüllen. Eine sinnvolle Strategie? Nein, sagte der bekannte Virologe Hendrik Streeck am Dienstagabend bei "Markus Lanz". Er war zusammen mit der Theologin Margot Käßmann und Ökonom Marcel Fratzscher zu Gast in dem ZDF-Talk.

Es gebe "keine nachgewiesenen Ansteckungen beim Einkaufen oder beim Friseur", so Streeck, Professor für Virologie und Direktor des Instituts für Virologie und HIV-Forschung an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn. Eine Pflicht, in eben diesen Situationen eine Maske zu tragen, bringe deswegen nichts.

Der Fall der ersten deutschen Corona-Infektion illustriere das deutlich. So habe die Chinesin, die Mitarbeiter eines bayerischen Automobilzulieferers angesteckt und damit das Virus mutmaßlich nach Deutschland gebracht habe, in Hotels übernachtet und in Restaurants gegessen – und dabei niemanden angesteckt, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt bereits infiziert war und keine Maske trug. Ihre Infektion habe sie lediglich an jene Menschen weitergegeben, mit denen sie sich über einen längeren Zeitraum in einem Zimmer aufhielt, und das waren die Mitarbeiter des Unternehmens. "Daher wissen wir", so Streeck, "dass das Essen im Restaurant, das Arbeiten im Hotel nicht verantwortlich für die Infektion ist".

Dort aber, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkämen, werde es gefährlich. Streeck nannte als Beispiele Clubs, Fußballstadien und Partys. Aber auch hier würden Masken nur wenig bringen. "Wenn alle ausgelassen feiern, wären die Masken so schnell durchfeuchtet, dass sie keinen Effekt mehr hätten", erklärte der Virologe. Streeck machte aber auch deutlich: "Wer niesend oder hustend durch die Straßen geht, kann einen solchen Mundschutz tragen, damit er andere nicht infiziert." Einen Zwang sehe er aber dennoch kritisch, zumal das Virus auf Oberflächen nur sehr schlecht überlebe. Streeck plädierte weiter dafür, vor allem medizinisches Personal vor dem Virus zu schützen. "Die Gefahr ist groß, wenn dieses Virus ins Krankenhaus, ins Pflegeheim und ins Altenheim kommt", mahnte er. Eine Lösung seien wöchentliche Corona-Tests.

Im besonders betroffenen Kreis Heinsberg erforscht Streeck mit seinem Team derzeit die Ausbreitung des Erregers. "So eine Studie muss gemacht werden, damit wir für die Politik und auch für die Bürger Antworten finden", erklärte er. Dazu wolle er repräsentative Stichproben erheben und herausfinden, wie genau sich der Erreger verbreitet hat, wie viele Infektionen es gibt und wie hoch die Dunkelziffer ist. Denn eines – und das wurde bei "Markus Lanz" deutlich – ist klar: Nur wer seinen Feind sehr gut kennt, kann ihn auch bekämpfen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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