Französische Komödie bei ARTE

"Meine überirdische Mutter": Wenn die Mama sich nach dem Tod noch einmischt

von Christopher Schmitt

Nach ihrem Tod weicht Max' Mutter ihrem Sohn nicht von der Seite. Max hatte ein inniges Verhältnis zu ihr, doch aktuell ist er frisch verliebt und kann die Halluzinationen eigentlich nicht gebrauchen. "Meine überirdische Mutter" ist eine skurrile Komödie aus Frankreich.

ARTE
Meine überirdische Mutter
Komödie • 10.04.2020 • 20:15 Uhr

Die Beziehung eines Mannes zu seiner Mutter kann kompliziert sein. Üblicherweise geht die mütterlich-bedingungslose Liebe einher mit dem verständlichen Wunsch, positiv Einfluss auf das Wohlergehen des Sohnes zu nehmen. In seltenen Fällen erschwert dieser Wunsch jedoch den Abnabelungsprozess. In noch selteneren Fällen können Mütter überhaupt nicht loslassen und empfinden die Frauen im Leben des Sohns als nicht gut genug für ihren Liebling. Diese Problematik erledigt sich spätestens mit dem Ableben der Frau Mama. Nicht so in Nathanaël Guedjs skurriler Komödie "Meine überirdische Mutter".

Der 30-jährige Max (Félix Moati) schlendert glücklich und Händchen-haltend über eine Pariser Brücke, die Frau seines Lebens an seiner Seite. Wer das ist, ist noch nicht ganz klar. Denn als sich der Bildausschnitt vergrößert, wird deutlich, dass er an beiden Händen mit einer Frau spazieren läuft. Zu seiner Rechten befindet sich seine neue Freundin, die attraktive Psychologin Ohiana (Sara Giraudeau), zu seiner Linken seine kürzlich verstorbene Mutter Monique (Noémie Lvovsky). Sie ist lediglich eine Halluzination, für Max wirkt sie jedoch komplett real und begleitet ihn auch nach ihrem Tod auf Schritt und Tritt. Und natürlich kann Sie sich auch einen Kommentar zum Gespräch der beiden nicht verkneifen.

Max' Vater ist schon länger tot, zu Beginn des Films verstirbt auch Max' geliebte Mutter. Die beiden hatten ein sehr inniges Verhältnis, teilten alles und feierten sogar gemeinsam Geburtstag. Umso schwerer trifft ihn der Verlust. Wobei Verlust in diesem Fall nicht wirklich passt, denn bereits bei ihrer Beerdigung taucht seine Mama wieder auf. Handzahmer ist Monique nach ihrem Ableben offenbar nicht geworden, kommentiert sie doch hämisch die Beileidsbekundungen der Trauergäste: "Rede nicht so einen Quatsch Martine, wir konnten uns noch nie riechen."

Der Schock sitzt zunächst tief bei Max. Bereits gegenüber seines Onkels Philippe (Gilles Cohen) gibt der Augenarzt zu, seine Mutter leibhaftig vor sich zu sehen, aber dieser versteht seine Aussage ebenso falsch wie sein Rabbi. Er muss sich also mit der Situation arrangieren. Während er leidenschaftlich mit ihr diskutiert, nehmen die Menschen um ihn herum lediglich befremdliche Selbstgespräche war. Diese unterschiedlichen Wahrnehmungen versprühen einen besonders charmanten Witz.

Drama-Elemente und viel Humor

Zu Beginn ist Max Umgang mit der permanenten Anwesenheit Moniques noch ambivalent. So sehr ihn seine Halluzination, der er sich komplett bewusst ist, zunächst verunsichert, findet er es doch schön, nicht komplett auf seine geliebte Mutter verzichten zu müssen. Besonders das vorgekochte Essen, welches er noch Wochen nach ihrer Beerdigung vertilgt, ruft ihm die Erinnerung wach und erweckt sie in seiner Psyche zum Leben.

Zu einem wirklich handfesten Problem entwickeln sich seine Unterhaltungen mit der Toten erst, als er mit der Psychologin Ohiana anbandelt. Die zeigt zwar Verständnis, macht sich aber zunehmend Sorgen, ob ihre junge Beziehung der Situation standhalten kann. Insbesondere, da die Mama dem Sohn gegenüber keinen Hehl daraus macht, was ihr an der neuen Frau in Max Leben so alles missfällt. Er steht vor der Wahl: neue Liebe oder tote Mutter.

Der Komödie gelingt es hervorragend, gewitzte Dialoge mit ernsthafter Emotion zu vermischen. Wenn etwa Ohiana und Max in einer Kneipe das Gespräch eines gegenübersitzenden Pärchens synchronisieren, sorgt das ebenso für Lacher wie die äußerst lustigen Auftritte von Max' Kumpel "Ödipus". Drama-Elemente treten hingegen zutage, wenn Max zugunsten der Liebe offensiv gegen seine Illusion ankämpft und deshalb eine traurige Mutter zurücklässt. "In deinem Unterbewusstsein willst du meinen Tod", wirft sie ihm vor.

Allerdings ist der Augenarzt nicht der einzige, den die Beziehung zu seiner Mutter vor eine harte Probe stellt. Das Mutter-Kind-Motiv findet sich auch bei anderen Figuren. Max Freund "Ödipus" muss sich damit arrangieren, dass seine Mutter ein Stand-Up-Comedy-Programm über ihn geschrieben hat und damit auch noch öffentlich auftritt. Ohiana möchte hingegen nichts mehr von ihrer Mutter wissen. Da hat es Max doch ganz gut getroffen, möchte man meinen. Schließlich will Monique nur das Beste für ihn. Sogar über den Tod hinaus.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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