"Sing meinen Song"

MoTrip: "Ich habe Rap nicht verraten"

von Erik Brandt-Höge
Die Teilnehmer von "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" 2020.
BILDERGALERIE
Die Teilnehmer von "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" 2020.  Fotoquelle: TVNOW / Markus Hertrich

Rap und Fernsehen - das passt nicht. Diese Warnung bekommt Rapper MoTrip immer wieder zu hören. Warum er trotzdem in der VOX-Sendung "Sing meinen Song" mitgemacht hat, erzählt er im Interview,

Es wurde wieder getauscht. Als Corona noch nicht die Welt beherrschte, trafen sich in Südafrika sieben prominente Musiker, um die siebte Staffel von "Sing meinen Song" aufzuzeichnen. Gastgeber Michael Patrick Kelly sowie Max Giesinger, Nico Santos, Jan Plewka, Ilse DeLange, LEA und MoTrip trällerten jeweils Songs ihrer Kollegen nach – auf ihre ganz eigene Art und Weise. MoTrip, der bürgerlich Mohamed El Moussaoui heißt, ist nun zum ersten Mal in der Musik-Event-Reihe zu sehen (seit Dienstag, 5. Mai, 20.15 Uhr, VOX). Direkt mit seinem ersten Song, einer umgetexteten Version von Max Giesingers "80 Millionen" rührte er seiner Mitstreiter zu Tränen.

In Beirut geboren und in Aachen aufgewachsen, fand er schnell Gefallen am Rap, schrieb Texte en masse, feilte an seinem Stil. 2012 veröffentlichte er sein erstes Album "Embryo", 2015 brachte er mit "Mama" Songsammlung Nummer zwei heraus, aus der auch "So wie du bist" stammt, MoTrips bisher größter Hit. Ein Gespräch mit dem 32-Jährigen über Rap im TV-Rampenlicht, Ex-"Sing meinen Song"-Gastgeber Xavier Naidoo und ein mögliches "DSDS"-Engagement.

prisma: MoTrip, sind Sie froh, in Corona-Zeiten mal über etwas sprechen zu können, das man ganz entspannt von zu Hause genießen kann?

MoTrip: Sie sagen es! Und ich freue mich, dass es jetzt mal um das Thema Musik geht. Ansonsten erlebe ich gerade nur zwei Arten von Gesprächen da draußen: Leute geben die zuletzt gehörten News wieder – oder Leute erzählen, wie sie damit umgehen und sich gerade fühlen. Wobei mir Letzteres deutlich lieber ist. Umso schöner, dass wir jetzt über das reden können, was ich am meisten liebe, nämlich Musik, und über die großartige Zeit, die meine Kollegen und ich in Südafrika hatten.

prisma: Sie hatten Glück, dass Sie so früh im Jahr auf die Reise dorthin gegangen sind ...

MoTrip: Absolut, wären wir nur eine Woche später gestartet, wäre all das, was man jetzt sehen kann, gar nicht entstanden. Klar, in Anbetracht der großen Herausforderungen, vor denen wir gerade stehen, wirkt "Sing meinen Song" erst mal unwichtig. Aber es wäre doch auch traurig gewesen, wenn wir diese intensive Reise nicht hätten antreten können.

prisma: Ist etwas Unterhaltung in diesen Tagen nicht gerade erforderlich?

MoTrip: Das stimmt natürlich. Unterhaltung bekommt nun einen ganz neuen Stellenwert. Ich habe ja noch das Glück, mich mit meiner Familie beschäftigen zu können. Wenn ich zum Beispiel mit meinem dreieinhalbjährigen Sohn Brettspiele spiele, ist Corona natürlich kein Thema. Aber drum herum geht es ja um fast nichts anderes mehr, und wenn man dann zumindest am Ende des Tages mal etwas gucken kann, das nichts mit der Krise zu tun hat, tut das natürlich gut. Wir haben in Südafrika ja auch viel Licht und Liebe aufgesaugt, und wenn wir davon nur ein bisschen an die Zuschauer transportieren können, kann das schon sehr wertvoll sein.

prisma: Nun sind Sie neu im "Sing meinen Song"-Team – aber das Interpretieren von Songs anderer auf VOX ist nicht neu für Sie. Vor fast zehn Jahren haben sie für den Sender einmal auf Ihre Weise "Du kannst nicht immer siebzehn sein" von Chris Roberts präsentiert ...

MoTrip: Richtig, möge er in Frieden ruhen. Und stimmt, ich bin neu im Team, und als Rapper dorthin zu gehen, wird von außen vielleicht noch mehr als Herausforderung gesehen, als für andere Künstler. Bis heute sagen mir auch Leute: "Pass bloß auf, Fernsehen und Rap, das passt nicht, die verarschen euch Rapper nur!" Aber ich weiß, dass wenn man sich vor der Kamera genauso gibt, wie man eben ist, fällt es dem besten Cutter schwer, einen schlecht darzustellen. Das Interpretieren von Chris Roberts für "Cover meinen Song" hat damals übrigens mein Leben sehr verändert. Danach haben Major Labels aus ganz Deutschland angerufen und wollten mich unter Vertrag nehmen. Und als jetzt die Anfrage für "Sing meinen Song" kam, war für mich sofort klar, dass ich das machen will. Es ist schließlich die Musikersendung im deutschen Fernsehen! Und noch mal zur Herausforderung: Die war vor allem für meine Kollegen groß, weil sie meine langen Rap-Texte lernen mussten (lacht). Die hatten teilweise echt daran zu knabbern.

prisma: Der erste Rapper in der Sendung sind Sie ja nicht. Samy Deluxe und Moses Pelham waren bereits zu Gast. Konnten Sie deren guten Performances Ihrer Ansicht nach noch toppen?

MoTrip: Ich würde es mir nicht anmaßen, das zu behaupten, da beide genannten Rapper Vorbilder von mir waren und bis heute sind. Was ich aber sagen kann: Ich habe mich selbst nicht enttäuscht – und ich habe Rap nicht verraten. Vielleicht habe ich Rap sogar in einem Licht gezeigt, das viele Leute da draußen noch gar nicht kannten. Ich konnte die Kollegen jedenfalls zu Tränen rühren, als ich ihnen ihre Songs als Rap-Versionen vorstellte. Da hat man wieder mal gesehen, dass wir Rapper viel zu häufig belächelt werden für das, was wir machen. Es heißt so oft, Rap wäre keine richtige Musik, ja nicht mal richtige Kunst. Ich denke, es ist mir gelungen darzustellen, wie präzise Rap sein kann, wie weh er tun kann, aber auch wie glücklich er machen kann.

prisma: War es Ihnen eigentlich im Vorfeld wichtig, wer zusammen mit Ihnen das Team bilden würde?

MoTrip: Ich habe tatsächlich zugesagt, ohne zu wissen, wer noch dabei sein würde. Man hätte mir also jeden an die Seite stellen können (lacht). Ich muss aber auch sagen, dass niemand aus der Gruppe, die wir dann waren, ersetzbar gewesen wäre. Wir hatten eine extrem gute Chemie miteinander, echte Gespräche, wir sind Freunde geworden. Außerdem hat jeder von uns seine Komfortzone verlassen – und niemand hat das bereut.

prisma: Hätten Sie auch mitgemacht, wenn im Team noch der einstige Gastgeber des Formats, Xavier Naidoo, gewesen wäre?

MoTrip: Wenn man mich das jetzt fragt, finde ich es echt schwierig, darauf zu antworten. In Anbetracht der aktuellen Geschehnisse hätte ich wahrscheinlich meinen Anwalt gefragt: "Kann man das machen und man selbst sein, oder vertritt man eine bestimmte Meinung, wenn man dabei ist?" Denn – das muss ich wahrscheinlich nicht erklären – ich habe eine andere Meinung als die, die ich zuletzt von Xavier gehört habe. Allein durch meine Herkunft, das Leben, durch das ich gegangen bin, und wie ich mich fühle, würde mir so etwas nicht über die Lippen gehen. Fernab von den von ihm getroffenen Aussagen kann ich sagen, dass ich sehr für Meinungsfreiheit bin. Meinungsfreiheit ist ein wichtiges Gut, genau wie Kunstfreiheit. Dieses Gut rechtfertigt allerdings in keiner Weise Rassismus und die Diskriminierung von Menschengruppen. Ob er das getan hat oder nicht, möchte ich nicht bewerten. Ich bin kein Anwalt und kein Menschenrechtler, ich habe nur mein sensibles Bauchgefühl, und das hat zuletzt Alarm geschlagen. Ich muss wahrscheinlich nicht sagen, wie es für mich war, als ich von einem meiner Lieblingskünstler in Deutschland solche Sachen gehört habe. Es ist da einfach ein schmaler Grat zwischen Meinungsfreiheit und Schutz von Minderheiten betreten worden.

prisma: Und was wäre, wenn man Sie fragen würde, ob Sie bald mal dort sitzen wollen würden, wo Xavier Naidoo noch bis vor kurzem saß: in der "DSDS"-Jury?

MoTrip: Oh, das weiß ich nicht. Was ich sagen kann, ist, dass ich mir keine Grenzen setze. Mein Maßstab ist mein Bauchgefühl, und ich lasse mich gerne von meinem direkten Umfeld auf Gespräche ein, wenn die Leute es gut mit mir meinen. Ich bin nichts und niemandem gegenüber verschlossen und gebe allem eine Chance.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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