"Mord mit Aussicht"-Star

Meike Droste: Nach Bärbel kommt Ernst

von Maximilian Haase

    Für ein breites Publikum ist und bleibt sie Polizeimeisterin Bärbel aus der beliebten ARD-Serie "Mord mit Aussicht". Ein wenig unbeholfen, ein wenig hausbacken und ziemlich sympathisch. Dass Schauspielerin Meike Droste eigentlich ganz anders kann und will, als es der schon vor drei Jahren abgeschlossene "Schmunzelkrimi" glauben lässt, wissen Theatergänger schon länger. Auf der Bühne verkörperte die gebürtige Schwäbin meist die ernsten, psychologisch ambivalenten Figuren. Dass das auch im Fernsehen funktioniert, zeigt Droste nun als wortkarge Ermittlerin im ZDF-Krimi "Der Kommissar und das Kind" (Montag, 20.11.2017, 20.15 Uhr). Wie schwer es dennoch ist, sich von ihrer Paraderolle zu lösen, verrät die 37-Jährige im Interview.

    prisma: In "Der Kommissar und das Kind" wird die Tochter einer Prominenten entführt. Muss man sich als deutsche Schauspielerin in dieser Hinsicht Sorgen machen?

    Meike Droste: Von meinem Privatleben erzähle ich zwar nicht viel – aber nicht unbedingt aus Angst, weil mir irgendwer was tun könnte. Eher deshalb, weil ich es langweilig finde, anderen davon zu erzählen. Es ist ein Leben wie das Milliarden anderer auch.

    prisma: Dass Sie auf den Social-Media-Kanälen nicht präsent sind, ist also eine bewusste Entscheidung?

    Droste: Bewusst ja, aber das entspringt auch meiner bayerischen Langsamkeit. Das ist reiner Selbstschutz – ich glaube, ich wäre davon sehr schnell überfordert. Ich bin froh, wenn ich mein Arbeits- und Privatleben schön, und manchmal auch nicht schön leben kann. Aber mit Prominenz hat das nichts zu tun.

    prisma: Um mehr als die Prominenz der Figur geht es ja auch in "Der Kommissar und das Kind" – einem Film, der sich am Ende weniger als Krimi, sondern vielmehr als Psycho-Studie entpuppt. Fanden Sie das reizvoll?

    Droste: Ich war auch positiv überrascht, das ist ja nicht immer so (lacht)! Es ist immer noch ein Krimi, natürlich, aber wir haben an vielen Stellen mit Regisseur Andres Senn so lange und genau geschraubt, dass man noch andere interessante Dinge hervorholen konnte. Meine Figur etwa ist im Film zwar sehr oft dabei – aber sehr oft auch sehr stumm. Das so sehr reduziert zu spielen fand ich herausfordernd. Und ich freute mich natürlich auf die Zusammenarbeit mit Roeland Wiesnekker!

    prisma: Sie spielten zum ersten Mal an seiner Seite. Haben Sie eigentlich eine Art Wunschliste von Kollegen, mit denen Sie gern spielen würden?

    Droste: Klar, es gibt immer Leute, auf die man total Lust hat – sowohl vor als auch hinter der Kamera. Allerdings befinde ich mich gerade überhaupt nicht in einer Situation, in der ich mir das aussuchen könnte. Ein paar Kollegen können es sich wirklich aussuchen – aber die sind an einer Hand abzuzählen. Deshalb freut man sich ja umso mehr über solche Angebote mit toller Besetzung.

    prisma: Sie selbst spielen eine Ermittlerin – das assoziiert man bei Ihnen natürlich sofort mit "Mord mit Aussicht". Haben Sie Sorge, dass dieses Bild bestehen bleibt?

    Droste: Natürlich habe ich als Schauspielerin immer Lust, mich zu verwandeln, neue Wege zu gehen. Deshalb muss man da schon achtgeben. Das Blöde in Deutschland ist ja, dass immer noch wahnsinnig viel Krimi gedreht wird. Und manchmal werden einem eben nur Krimis angeboten.

    prisma: In "Mord mit Aussicht" ist Ihre Rolle ja eher komödiantisch angehaucht, diesmal jedoch sehr ernst. Fühlte sich das eher wie eine Rückkehr zu Ihren Theater-Wurzeln an?

    Droste: Da gab es schon Parallelen. Dem Fernsehpublikum bin ich ja vor allem durch die Serie "Mord mit Aussicht" bekannt, das ist auch schön und gut. Dennoch stellt es für mich nur einen kleinen Ausschnitt dessen dar, was mich als Schauspielerin interessiert. Diese andere Richtung, dieses reduzierte psychologische Spiel machte mir deshalb viel Spaß.

    prisma: Würden Sie sich mehr Rollen dieser Art im TV wünschen?

    Droste: Viel in meinem Beruf hängt ja mit richtiger Zeit und richtigem Ort zusammen, mit den richtigen Menschen und Drehbüchern. Mittlerweile werden auch mehr interessante Projekte gemacht – aber viel hat mit Glück zu tun. Die andere Sache ist: "Mord mit Aussicht" erhielt so eine unerwartete Aufmerksamkeit. Wir drehen schon seit Jahren nicht mehr, aber es wird noch immer gefühlt 173.000-mal wiederholt. Und das verbindet man mit mir.

    prisma: Ärgert Sie das?

    Droste: Grundsätzlich spielen wir alle für ein Publikum, deshalb ärgert es mich nicht, wenn ich zu sehen bin. Außerdem ist die Komödie ein schwieriges Genre, für mich gleichwertig zu allem anderen. Das ernste, dramatische und psychologisch feine Spiel vor der Kamera interessiert mich aber genauso.

    prisma: Bewerten Sie Ihre schauspielerische Tätigkeit fürs Fernsehen anders als jene im Theater?

    Droste: Ich bin total dankbar, dass ich beides machen kann. Viel Verschiedenes zu tun, ist ein Geschenk. Momentan denke ich: Das Universum schickt mir schon das, was gerade dran ist (lacht)! Aber finanziell ist es auch notwendig, zu drehen. Seit vier Jahren bin ich freischaffend. Und nur von der freien Theaterarbeit könnte ich meine Familie nicht ernähren. Ebenso wenig, wenn ich nur acht Drehtage im Jahr hätte.

    prisma: Bekommen Sie das zeitlich unter einen Hut?

    Droste: Bislang fügt es sich ganz gut. Zumal es in meiner Position auch so ist: Dass ich am Set stehe, glaube ich erst, wenn ich wirklich am Set stehe. Vorher gibt es immer viel Gerede, es kommt immer sehr auf die Konstellation von Menschen und Zeit und Umständen an. Viele Dinge im Entscheidungsprozess kann ich gar nicht beeinflussen. Habe ich mich von meiner Seite aus für ein Projekt entschieden, versuche ich meine Entscheidung mit einem großen "Ja" zu tragen. Sonst würde ich in diesem ganzen System einfach irre. Natürlich passiert es, dass sich Projekte manchmal überschneiden, und das Gras beim Nachbarn ist meistens grüner.

    prisma: Dennoch glauben Sie, dass sich im deutschen Film und Fernsehen gerade einiges tut?

    Droste: Ja, einerseits durch die Öffnung des Systems auch abseits der Sender, Streamingdienste etwa. Dazu gehört auch die internationale Ausweitung der Märkte. Zum anderen in inhaltlicher Hinsicht: Die Sehnsucht der Filmemacher und der Zuschauer nach Tiefe und epischen Erzählungen ist definitiv da – das, was Dominik Graf schon immer gepredigt hat. Viele Kollegen berichten, dass in diese Richtung viel geschieht.

    prisma: Wurden da auch Vorurteile gegenüber dem deutschen Fernsehen abgebaut?

    Droste: Als ich anfing, gab es etwa im Theatermilieu eine große Skepsis gegenüber dem Fernsehen, auch einen gewissen Hochmut. Nach dem Motto: Das ist niedere Kunst und wir in den Theatertempeln beschäftigen uns mit der Hochkultur. Diese Berührungsängste hatte ich nie. Das Medium an sich ist ja toll, man sollte damit versuchen, Qualität in die Welt zu setzen. Gerade, weil es irrsinnig viele Leute erreicht. Seit einigen Jahren nun drängen immer mehr in dieses Medium, Kinoregisseure drehen plötzlich Serien. Das hat auch finanzielle Gründe – doch ich hoffe sehr, dass es auch mit dem Willen zusammenhängt, dieses Medium umzukrempeln.

    prisma: Mussten Sie sich früher persönlich rechtfertigen für Ihre TV-Engagements?

    Droste: Meine ersten Dreherfahrungen machte ich vor allem in Verbindung mit Theaterleuten, so ja auch bei "Mord mit Aussicht" – das war natürlich grundsätzlich erst mal gute Munition gegen die kritischen Stimmen (lacht). Viele Kollegen fanden "Mord mit Aussicht" intern auf der spielerischen Ebene auch sehr interessant. Als es dann erfolgreich wurde, wurde auch die Kritik mehr. Es gab Gegenwind, aber nicht dramatisch.


    Quelle: teleschau – der Mediendienst

    Das könnte Sie auch interessieren