"The Taste"-Koch im Interview

Frank Rosin: "Unsere Aufgabe ist noch nicht erfüllt"

von Erik Brandt-Höge

Sternekoch Frank Rosin ist bekannt für seine deutlichen Worte. Im Interview spricht der "The Taste"-Coach über seine neue Sendung "Gekauft, gekocht, gewonnen" und über das Verhalten von Nachwuchsköchen in sozialen Netzwerken.

"Eigentlich brauchen wir alle zwei Stunden eine Kochshow", meint Frank Rosin und erklärt damit nicht nur den Start seiner neuen Sendung "Gekauft, gekocht, gewonnen" (montags bis freitags, 17.55 Uhr, kabel eins), sondern auch, dass er noch lange nicht am Ende ist in Sachen Formatentwicklung. Der 51-jährige Starkoch spricht über den in seinen Augen haushohen Wert der TV-Kocherei, das Verhalten von Nachwuchsköchen und verrät sein persönliches Erfolgsrezept.

prisma: Frank Rosin, Sie sind bekanntlich ein Anhänger von Schalke 04. Gehen Sie noch regelmäßig ins Stadion?

Frank Rosin: Ich muss sagen, dass ich allgemein ein bisschen den Bezug verloren habe. Weil das Niveau, das ich mir für Profi-Fußballer vorstelle, einfach nicht hoch genug ist. Ich hatte zwei Dauerkarten, die sehr viel Geld gekostet haben. Ich habe sie verschenkt – weil ich die Spiele nicht mehr ertragen konnte.

prisma: Jobmäßig hingegen läuft es bei Ihnen gleichbleibend gut. Jetzt starten Sie neben "The Taste" schon mit dem nächsten Kochformat: "Gekauft, gekocht, gewonnen". Warum braucht das Fernsehen auch noch diese Kochshow?

Rosin: Eigentlich brauchen wir alle zwei Stunden eine Kochshow! Es gibt ja auch jeden Tag auf jedem Sender Nachrichten. Und was ist wichtiger: gesunde Ernährung oder die Nachrichten des Tages?

prisma: Sagen Sie es!

Rosin: Die Verkaufszahlen der Convenience-Produkte steigen jährlich in schwindelerregende Höhen, also ist unsere Aufgabe immer noch nicht erfüllt. Wir müssen noch viel erzählen, um den Leuten klarzumachen, dass sie gesund essen und trinken sollen.

prisma: Das Konzept der neuen Show: Kunden werden beim Einkaufen gefilmt. Wird den Kunden das zuvor mitgeteilt?

Rosin: Bei "Gekauft, gekocht, gewonnen" ist es natürlich so, dass uns die Menschen vorab eine Drehgenehmigung erteilen müssen. Also sagen wir ihnen, dass wir drehen – aber nicht was. Oft wird ja gesagt: "Das ist doch alles gescripted!" Ist es aber nicht. Mir ist wichtig, dass alles so real wie möglich ist und nicht gestellt.

prisma: Der Reiz an diesem Format liegt scheinbar im Voyeuristischen – auch weil die Einkäufer anschließend in ihre privaten Küchen begleitet werden.

Rosin: Mein Reiz war es, den Leuten erklären zu können, dass sie mit den eingekauften Dingen viel mehr machen können, als sie denken. Dass wir dabei in die Wohnungen der Kandidaten reinschauen, lässt sich nicht vermeiden. Wir kochen also unter den realen Bedingungen, die man bei den Leuten zu Hause vorfindet, und gehen bewusst nicht in eine perfekt ausgestattete Profi-Küche.

prisma: Gucken Sie selbst beim Einkaufen neugierig in die Körbe anderer?

Rosin: Nein. Ich habe in meinem Beruf ständig mit Essen und Ernährung zu tun, sodass ich mir in meiner Freizeit auch Freizeit gönne und mich dann einfach mal so ernähre, wie meine Mutter oder meine Frau sich ernähren, also relativ normal. Alles, was ringsherum passiert, ist mir dann egal.

prisma: Ihre Aufgabe in der Show haben Sie einmal so beschrieben: "Aus einem bunten Haufen etwas kochen." Ist das für einen Spitzenkoch denn so schwierig?

Rosin: Ein Spitzenkoch, der jeden Tag das Beste vom Besten machen möchte, wird seiner Sache nicht gerecht, wenn er die Masse nicht erreicht. Und ich möchte die Masse erreichen. Ich möchte, dass die Menschen meine Erfahrung in ihren Alltag einfließen lassen. Dass sie sich ein bisschen in der Hüfte lockern und vieles nicht mehr so verkrampft sehen.

prisma: Standen Sie denn manchmal vor Rätseln in den Küchen der Kandidaten?

Rosin: Ich hatte wirklich ganz schlimme Situationen. Manchmal habe ich echt die Fassung verloren. Dazu kam der Zeitdruck. Wenn ich dann aus Weingummis ein Gewürz herstellen musste, war das schon ein Wahnsinn. Aber genauso war es gut, wenn man sah, was für Sachen am Ende entstanden sind.

prisma: Von Frank Buchholz bis Cornelia Poletto hatten Sie zudem starke Konkurrenz. Wie eitel sind die Kontrahenten in ihrem Tun?

Rosin: Es gibt keine Kochsendung in Deutschland oder dem Rest von Europa, in der sich die Kollegen so dermaßen foppen und aufziehen, wie in "Gekauft, gekocht, gewonnen". Da stellen sich die Leute teilweise hin und sagen schon mal so was wie: "Das Einzige, was du kochen kannst, ist Wäsche!"

prisma: Und nach der Sendung?

Rosin: Natürlich wollen wir alle am Ende gewinnen, aber unsere Streitkultur ist so aufgebaut, dass nach dem Kochen zwischen allen auch alles wieder okay ist.

prisma: Zurück zur Eitelkeit. Verfolgen Sie die aktuelle Debatte über Köche und deren Kritiker?

Rosin: Sie meinen, dass Köche dafür kritisiert werden, dass sie so eitel sind?

prisma: Zuletzt gab es ja mit Attila Hildmann einen Koch, der eine Kritikerin sehr hart angegangen ist.

Rosin: Ich habe das auch gelesen, möchte diese Sache aber gar nicht kommentieren. Ich denke mir: Jeder ist seines Glückes Schmied. Ich selbst bin seit über 30 Jahren Unternehmer und auf vielen Ebenen sehr erfolgreich, weil ich eine klare Strategie fahre. Was andere machen, interessiert mich nur bedingt.

prisma: Und wenn Sie selbst verrissen werden? Interessiert Sie das?

Rosin: Ich habe in meinem Leben gelernt, dass Kritik das beste Instrument ist, um sich weiterzuentwickeln. Nur die Kritik und die darauf folgende Reflexion bringen einen voran. Kritik ist letztlich unbezahlte Beratung, die man, wenn man möchte, jeden Tag in Anspruch nehmen und daraufhin über sich selbst nachdenken kann.

prisma: Gibt es denn schon weitere Formatpläne?

Rosin: Wir werden 2018 sicherlich ein, zwei neue Sachen machen, und darunter werden auch Überraschungen sein. Aber Überraschungen gibt es natürlich nur, wenn man sie nicht ausspricht.

prisma: Was ist denn an "The Taste" noch überraschend?

Rosin: "The Taste" ist für mich eine sehr schöne und vor allem sehr ehrliche Sendung, in der mich die Kandidaten mit ihrem Talent immer wieder überraschen. Eine der ehrlichsten Sendungen im TV-Kochbereich überhaupt. Man kann heutzutage ja auch nichts mehr faken – das kommt über die Social-Media-Kanäle sowieso irgendwann raus.

prisma: Apropos Social Media: Sie haben sich zuletzt deutlich kritisch über das Verhalten angehender Spitzenköche in den sozialen Netzwerken geäußert ...

Rosin: Es gibt Köche, die bei Instagram Bilder posten und denken, sie gehörten damit schon dazu. Das ist aber Blödsinn! Das ist Mainstream und tut der Branche nicht gut. Da geht es nicht mehr um Geschmack, sondern nur noch um das Kreieren von Bildern mit Lebensmitteln. Ich hingegen will das Traditionalistische erhalten und nicht nur irgendeine Soße hinterlassen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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