Netflix-Serie

Zweite Staffel von "Narcos: Mexico" überzeugt auf ganzer Linie

von Andreas Fischer

Die zweite Staffel von "Narcos: Mexico" bietet großes Kino im Serien-Format. Das Drogenepos über die Hintergründe des Drogenkriegs ist erneut mitreißend inszeniert.

"Irgendwas", so sinniert ein greiser Drogenbaron, mit fast schon philosophischer Ruhe, "brauchen die immer." Seit Jahrzehnten schon schmuggele er Waren und Menschen in die USA, angefangen mit Alkohol in der Prohibitionszeit, später Kaffee und Menschen. In den 80er-Jahren sind es nun Drogen, vor allem Kokain. Die Zeiten mögen sich ändern, "der Bedarf bleibt riesig."

Einer der in der zweiten Staffel der Netflix-Serie "Narcos: Mexico" (ab 13. Februar) genau zuhört, ist Miguel Ángel Félix Gallardo (Diego Luna): Er will die einzelnen Kartelle wirtschaftlich einen, um seine Vision vom Imperium zu verwirklichen. Kein Gramm solle ohne seinen Segen die Grenze zwischen Mexiko und den USA passieren. Dafür legt er sich nur allzu gerne mit den Kolumbianern an, an deren Tropf er (noch) hängt.

Hatte die grandiose Serie "Narcos" drei Staffeln lang von Gier, Korruption und Terror in Kolumbiens Kokaindschungel erzählt, verlagert der Ableger das Geschehen nach Mexiko: analog zu den Machtverschiebungen in der Realität. Die Brutalität bleibt freilich die gleiche, wechselt nur den Schauplatz.

Nach dem Tod des DEA-Agenten Enrique "Kiki" Camarena (Michael Peña) am Ende der ersten "Mexico"-Staffel suchen seine Kollegen nach den Hintermännern. Dass sie dabei nicht weniger barbarisch als die Kartelle vorgehen, dass sie Recht und Gesetze wissentlich missachten, ist die schlimme Pointe in dem einmal mehr mitreißend inszenierten Drogenepos über die komplexen realen Hintergründe eines ewig während Drogenkriegs mit etwa 30.000 Toten allein im Jahr 2019.

Immer wieder neue Blickwinkel und Fokusverschiebungen machen aus "Narcos: Mexico" großes Kino im Serienformat: Nicht nur, weil die Serie exzellent ausgestattet und abgefilmt ist, sondern weil sie die große Drogenpolitik der Kartelle und deren Verbindungen zur Staatsmacht mit sehr persönlichen Noten verknüpft. Ansehen zu müssen, wie hilflos die Drogenfahnder sind, wie wenig sie sich dem Bösen auch in sich selbst noch erwehren können und wie sie immer wütender werden, bis sie selbst die Grenzen überschreiten, die sie verteidigen sollen, ist äußerst schmerzhaft.

Und hinter der Killerfassade der Drogenbosse verstecken sich sogar menschliche Züge: Vor Versagensängsten etwa ist auch Félix Gallardo nicht gefeit. In der ersten der zehn neuen Folgen bekommt er von El Chapo zum Geburtstag einen Tiger im Käfig geschenkt. Ein Tier, das ist wie Gallardo selbst: unberechenbar und wild – aber auch in Ketten gelegt. Das macht ihn umso gefährlicher.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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