"Gott ist auch nur ein Mensch"

"Tatort": Ist das Kunst oder kann das weg?

von Jens Szameit

"Tatort"-Wiederholung aus Münster: Boerne und Thiel schleppen sich durch eine seichte Kunstszene-Satire mit eingemeißelter Serienkiller-Groteske.

ARD
Tatort: Gott ist auch nur ein Mensch
Kriminalfilm • 04.08.2019 • 20:15 Uhr

Nicht auszuschließen, dass sie in Münster ihren beiden "Tatort"-Helden einmal ein Denkmal bauen werden. Boerne und Thiel in Bronze gegossen: Das würde sich doch fabelhaft machen, zum Beispiel neben den überdimensionierten Billardkugeln am Aasee, einem anderen Wahrzeichen der Stadt.

In "Gott ist auch nur ein Mensch", dem nun wiederholten Sonntagskrimi aus der Fahrradmetropole, sieht man die Ermittler einmal zwischen den berühmten Exponaten herumlaufen, die 1977 anlässlich der ersten "Skulptur.Projekte"-Auflage installiert wurden. Im Sommer 2017 fand die alle zehn Jahre neu aufgelegte Ausstellung zum fünften Mal statt. Mittendrin, man ahnt es, die "Tatort"-Stars Axel Prahl und Jan Josef Liefers. Der Regisseur Lars Jessen modellierte um authentische Ausstellungsschauplätze herum eine Kreativensatire mit eingemeißelter Serienkiller-Groteske. Die ARD wiederholt den "Tatort" nun in der Sommerpause. Soll man es Kunst nennen?

In einem etwas eitlen selbstreflexiven Manöver wird diese Frage am Ende des Films tatsächlich dem Zuschauer präsentiert. War das nun Kunst? Eher harmlose Unterhaltung, ließe sich entgegnen, aber dieser Umstand hält ja augenscheinlich niemanden davon ab, dem dynamischen Duo aus dem Schmunzelrevier immer aufs Neue eine Rekordreichweite zu bescheren. 12,89 Millionen Zuschauern schalteten bei der Erstsendung im November 2017 ein. Immerhin bekräftigt die Kuratorin der Ausstellung, gespielt von der wundervollen Victoria Mayer: "Zahlen sind keine Messlatte für Kunst." Aber da steckt man als Zuschauer schon mittendrin in einer Räuberpistole mit papierdünner Meta-Ebene.

In Münster, so haben es sich die Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettcke ausgedacht, geht also ein Serienmörder um, der seine Opfer in Form von Skulpturen in den Ausstellungsbetrieb einschmuggelt. Ein vor Jahren zu Unrecht freigesprochener Stadtrat und Pädophiler wird mumifiziert aus einer Clownsfigur geschält. Alsdann finden sich ein rechter Hetzer auf einem Flüchtlingsboot und noch später ein Steuerbetrüger im Sparschwein. Galliger Humor im Dienste der Weltverbesserung. Aber die Opfer sind leider echt.

Wer also steckt dahinter? Doch nicht etwa der berüchtigte "Jahrhundertkünstler", der sich ganz unbescheiden "G.O.D." (Aleksandar Jovanovic) nennt, allzu gern mit Mordserien und menschlichem Blut kokettiert und es mit Tumor im Kopf vielleicht auf den letzten großen Paukenschlag seines irdischen Daseins abgesehen hat? Allzu offensichtlich ist dieser Verdächtige, dass nicht nur Professor Boerne ahnt, er könne es nicht gewesen sein.

Der Rechtsmediziner, im blasierten Jargon des Films: "Todesforscher auf der Suche nach der Unsterblichkeit", heftet sich dennoch an die Fersen des mystischen Meisters. Er will sein "Meisterschüler" werden. "Kunst ist Kunst ist Kunst ist Kunst ist Leben ist Liebe ist Tod ist Kunst", lehrt Herr Gott. "Manche große Vision vermag einen kleinen Geist zu sprengen", salbadert der Geistesverwandte im Weißkittel. Weniger aufgeblasen haben sie es nicht.

Rhetorisch watet das seichte Satirestück knietief durchs Klischee, die Witze zünden flach, und Spannung will auch nicht recht aufkommen. Immerhin eines aber lernt man am Ende: Was als Kunst anerkannt ist und was nicht, hängt nicht vom Kunstwerk ab, sondern vom Künstler. Das ist nicht nur zutreffend, es lässt sich als Lehrformel sogar auf die Protagonisten dieses "Tatorts" übertragen: Das Ergebnis ist halbseiden, aber dank der beiden rasend populären Humorhandwerker blieb ihnen millionenfacher Zuspruch nicht verwehrt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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