Ulrike Folkerts im Interview

Ein bisschen die private Lena durchfunkeln lassen

15.11.2019, 09.03 Uhr
von Stephan Braun

30 Jahre, 70 Folgen: Als Kriminalhauptkommissarin Lena Odenthal ist Ulrike Folkerts die dienstälteste Ermittlerin des Tatorts. Zudem gehören die Folgen aus Ludwigshafen zu den beliebtesten der Tatort-Reihe. Zeit für einen Rückblick und auch für einen Blick auf die aktuelle Folge.

TV-TIPP

"Tatort: Die Pfalz von oben"

Sonntag, 17.11., 20.15 – 21.45 Uhr

ARD

Ob sie sich Kopper zurückwünsche, wollten wir von Ulrike Folkerts wissen. Also Mario Kopper, der eigentlich Andreas Hoppe heißt, jenen Halbitaliener, mit dem sie als Lena Odenthal 22 Jahre als Ludwigshafener Duo ermittelt hat. "Das wäre sehr spannend!", sagt sie. "Aber ob sich der Sender das traut: Andi Hoppe in einem Fall von Lena Odenthal? Als Polizist oder Mörder?" – 2018 schied Andreas Hoppe aus dem Tatort aus. Ulrike Folkerts ermittelt weiter. Mit Lisa Bitter als Kommissarin Johanna Stern an ihrer Seite. Die beiden bilden seither ein starkes Team.

Wie hat sich die Rolle der Lena Odenthal aus Ihrer Sicht gewandelt?

Naja, ich hoffe zumindest, dass ich mich als Ulrike Folkerts sowohl persönlich als auch schauspielerisch in den vergangenen 30 Jahren weiterentwickelt habe. Davon profitiert natürlich dann auch die Figur Lena Odenthal. Sie ist erfahrener geworden, ist gestandener, ist eine gute Polizistin geworden, die sich auf Ihre Erfahrung beruft und oft Dinge im Alleingang macht. Das war schon immer ihre Spezialität.

Ulrike Folkerts' Gruß an die prisma-Leser im Video:

"Ich bin kompliziert" sagt Lena über sich selbst.

Ja, Lena ist privat kompliziert. Sie lebt alleine mit ihrer Katze, hat keine Beziehung, hat auch kein richtiges Privatleben, sondern nur ihren Job. Sie ist auch deshalb kompliziert, weil sie niemanden in ihre emotionale Welt reinlässt.

Was würden Sie an Lena Odenthal ändern?

Ich finde im Jubiläumstatort hat unser Autor Stefan Dähnert das super gemacht. Er gab mir die Chance, ein bisschen die private Lena Odenthal durchfunkeln zu lassen. Ich bin in dieser Folge eben nicht nur Polizistin, sondern ich bin eine, die auf einen Typen trifft, mit dem sie vor 28 Jahren beinahe eine private Beziehung begonnen hätte. Dieser Kreis schließt sich jetzt. Lena trifft wieder auf Stefan Tries.

Sie meinen Ben Becker. Er spielte damals in Ihrem dritten Fall, der Folge "Tod im Häcksler", den jungen Polizeikollegen Stefan Tries. In Ihrem jetzigen Jubiläumstatort, der 70. Folge, taucht er wieder auf.

Genau. Und als Lena denke ich jetzt darüber nach, was in den letzten 28 Jahren passiert ist. Oder was passiert wäre, wenn ich damals mit Stefan Tries zusammengeblieben wäre. Welche Wege sind die beiden als Polizist/in gegangen?! Stefan und Lena sind so herrlich unterschiedlich, und Lena auf ihre ganz eigene Art kompliziert.

Sie sagen jetzt zu Ihrer Kollegin Johanna Stern, dass "Tod im Häcksler" damals Ihr erster großer Fall gewesen sei. Weshalb war er das?

Die ersten beiden Fälle waren der Einstieg von Lena Odenthal von der Sitte in die Mordkommission. Im dritten Fall hat dann ja die kleine Verliebtheit unter jungen Polizisten in der Pfalz stattgefunden. Dieser Fall hat Lena damals emotional ein wenig durcheinandergebracht. Deshalb war das ihr erster großer Fall.

Welcher Tatort ging denn aus Ihrer Sicht im Nachhinein gar nicht?

"Tod auf dem Rhein", er spielte im Milieu der Rennfahrer (2010, ihre 49. Folge, die Red.). Ich sehe mich da nur rumstehen und blöde Fragen stellen, ich hatte nichts Richtiges zu spielen. Der Tatort war total öde.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihr Casting seinerzeit?

Daran erinnere ich mich noch genau: Ich bin damals quer durch die Republik von Oldenburg mit dem Zug nach Baden-Baden gefahren. Ich musste beim Sender in einem Studio eine Verhörsituation nachspielen mit einem imaginären Menschen. Dabei lief die Kamera. Anschließend sollte ich noch mit einer Pistole posieren. Ich wusste aber erst nicht so recht wie. Dann dachte ich an James Bond und habe versucht, das irgendwie nachzumachen. Nach sechs Wochen bekam ich den Anruf, dass man sich für mich entschieden hätte. Wobei ich bis heute nicht weiß, wer damals eigentlich noch gecastet wurde.

Andreas Hoppe jedenfalls nicht. Er kam als Mario Kopper 1996 an die Seite von Lena Odenthal. Bis 2018 haben Sie Beide zusammengespielt.

Oh ja, er wohnte anfangs ja noch zu Hause bei seiner italienischen Mutter. Ich fand es immer so stark, dass wir bei ihr zum Spaghetti-Essen und Rotwein-Trinken aufgeschlagen sind, und sie uns immer gute Ratschläge gegeben hat. Das hat man aufgegeben, Kopper ist bei Lena eingezogen. Ich hätte mir gewünscht, man hätte unsere Geschichte am Ende etwas anders weitererzählt. Denn irgendwann waren Andreas und ich mit unseren Texten nicht mehr so glücklich. Oft waren Lena und Kopper nur noch Ermittler, teilweise legte man weniger Wert auf die persönlichen Geschichten der beiden Figuren.

In der jetzigen Folge kommt Ben Becker zurück. Kommt Andreas Hoppe vielleicht auch für eine Folge zurück?

Das wäre sehr spannend! Aber ob sich der Sender das traut: Andi Hoppe in einem Fall von Lena Odenthal? Als Polizist oder Mörder?

Wie sehen Sie Ihre Zukunft beim Tatort?

Im Moment macht es mir total viel Spaß. Wir haben richtig gute Stoffe. Ich habe richtig viel Lust, die ein oder andere Runde mit Lisa Bitter zu drehen (als Kommissarin Johanna Stern, die Red.), denn wir müssen uns ohne Kopper auch weiter neu positionieren. Ich bin jedenfalls mit Leidenschaft dabei.

Bei "Die Pfalz von oben" positionieren Sie Beide sich als Frauen-Duo aus Ludwigshafen aber richtig gut!

Ja, zwischen den beiden Figuren funktioniert es gut. Vieles läuft inzwischen auch über Blicke oder ein Augenkneifen. Wir hatten aber auch ein tolles Drehbuch!

Nach Ihrer dritten Folge "Tod im Häcksler" hagelte es Kritik: Die Pfalz sei so schlecht dargestellt worden. Der damalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle lud Sie sogar zu einer Wanderung ein. Auf welche Einladung freuen Sie sich denn jetzt nach der Jubiläumsfolge?

(lacht) Es geht in diesem Tatort ein bisschen provinziell zu, aber das könnte man auch in viele andere Regionen hineininszenieren. Mit ein bisschen Humor versteht man das schon. Es ist schließlich ein Film.

Die 70. Folge des Tatorts Ludwigshafen spielt wieder in der Westpfalz. Ein junger, engagierter Polizist wird erschossen, Kommissarin Odenthal ermittelt. Der Tote war ein Mitarbeiter von Stefan Tries (Ben Becker), dem Leiter des Polizeireviers. Für Lena Odenthal ist Tries kein Unbekannter: Vor 28 Jahren ermittelten sie an gleicher Stelle gemeinsam in der Folge "Tod im Häcksler". Aus Bevölkerung und Politik gab es nach der Ausstrahlung 1991 viel Kritik. In der Tatort-Folge sei die Westpfalz sehr schlecht dargestellt worden. Hier Sehen Sie den Trailer zum "Tatort: Die Pfalz von oben":

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