ZDF-Dreiteiler

"Der Palast" mit Heino Ferch: "Für einen Schauspieler natürlich ein Glücksfall"

27.12.2021, 07.41 Uhr
von Marcus Italiani
Hadert mit sich: Roland Wenninger (Heino Ferch).
Hadert mit sich: Roland Wenninger (Heino Ferch).   Fotoquelle: ZDF / Julia Terjung

Der Event-Dreiteiler "Der Palast" zeigt die Folgen der deutschen Teilung für die Gesellschaft und einzelne Familien. prisma sprach mit Heino Ferch über das ambitionierte Projekt.

Wofür steht für Sie der Friedrichstadt-Palast, der eigentliche Star des Films?

Der Friedrichstadt-Palast war immer ein Revue-Theater mit einer ganz eigenen Aura. Ich erinnere mich, dass ich dort einmal eine Vorstellung gesehen habe. Das war eine spezielle Art von Unterhaltung, mit Kick lines von 40 Frauen, die alle besetzt wurden, weil sie gleich lange Beine sowie eine sehr ähnliche Figur hatten und ihre Performance bis zur Perfektion getrieben haben. Unglaublich beeindruckend.

Wie sehr liegt Ihnen eine Figur wie dieser Roland Wenninger?

Sehr. Ein Charakter, der einen solchen Konflikt in sich trägt, weil die harte Hand des Schicksals zugeschlagen hat, ist für einen Schauspieler natürlich ein Glücksfall. Der Wenninger ist eine starke Figur, die ein großes Geheimnis in sich trägt. Er ist aus dem Westen, hat aber vor dem Mauerbau in Ost-Berlin mit Rosa die grosse Liebe gefunden, und Baby-Zwillinge sind auch schon da. Als seine Freundin zögert, zu ihm in den Westen zu ziehen, kommt er auf die verzweifelte Idee, mit einem der Zwillingsbabys allein nach West-Berlin zu gehen, in der Hoffnung, die junge Mutter so dazu zu bringen mit dem anderen Baby nachzukommen. Erst als er drüben ist, fällt ihm auf, wie dumm diese Entscheidung war, und er dreht um und will sofort zurückfahren. Aber es ist zu spät: Die Grenzen sind geschlossen, die Stadt ist durch Stacheldraht und später durch die Mauer geteilt, und die Familie bleibt auf unabsehbare Zeit getrennt.

Als er dann mehr als 20 Jahre später mit dem Aufeinandertreffen der beiden Schwestern konfrontiert wird, eskalieren die Emotionen. Vielleicht würden wir heute anders mit einer vergleichbaren Situation umgehen. Für die Zeit der 1980er-Jahre ist aber das Verhalten dieses westdeutschen Unternehmers im relativ beschaulichen Städtchen Bamberg schon auch nachvollziehbar. Dass sich die beiden Mädchen in Berlin plötzlich treffen und beide Familienteile damit konfrontiert werden, setzt eine große Maschine in Bewegung, die vieles, was verdrängt wurde, wieder aufrollt.

Wie muss man sich die Planungen einer Solchen Figur vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit einem Star-Regisseur wie Uli Edel vorstellen?

Es war bereits die vierte Zusammenarbeit mit Uli Edel. Wir kennen uns gut, und daher hatten wir eine großartige Basis. Wir haben uns zuvor getroffen und lange geredet. Eigentlich zu jedem Detail. Wie werden Begegnungen gezeigt? Welche Kleidung trägt man? Was wird gesagt, ausgedrückt? Das alles haben wir wirklich lange erarbeitet. Dann gab es das große Thema Corona, das zu einer noch längeren Produktion geführt hat. Ich glaube, Uli Edel ist zwei Jahre in Berlin gewesen, bis der Film jetzt endlich zur Ausstrahlung kommen wird. Man wird nur dann ein großer Regisseur, wenn man eine solche Produktion und ein solch großes Ensemble zusammenhält und das Ganze erfolgreich zu Ende bringt. Ich sage jedem Kollegen immer: Wenn Uli Edel anruft könnt ihr blind zusagen, weil es eine Bereicherung als Mensch und Schauspieler ist, einen solchen Regisseur zu erleben.

Ende des Jahres kommt mit KaDeWe ein weiteres Berlin-Epos ins Fernsehen. Was ist so faszinierend an dieser Stadt? Wofür steht sie?

Ich glaube, dass in keiner Stadt der Welt in den letzten 100 Jahren eine derartige Wandlung vollzogen wurde wie in Berlin. Die Geschichten der Menschen, die die Stadt während dieses Zeitraums erlebt haben, sind sehr emotionale und besondere Geschichten. In unserem Film dient der Friedrichstadt-Palast sozusagen als Anker für die Handlung, die von einer großen zeitlichen Klammer umfasst wird. 1961 und 1989 sind markante Daten, die diese Stadt essentiell geprägt haben. Und das ist auch für nachfolgende Generationen sehr interessant, weil sich immer wieder neue Fragen auftun.

Sie sind Jahrgang '63 – die DDR als geschlossenes sozialistisches Konstrukt war für Sie Zeit ihres Lebens präsent. Aber Sie haben zwischen 1987 und 2007 zunächst in West-Berlin und dann im wiedervereinigten Berlin gelebt und unter anderem an der Freien Volksbühne Berlin, dem Schillertheater und dem Theater des Westens gespielt. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Berlin hatte immer schon eine riesige Theaterszene, die wirklich beeindruckend war. Ich bin kurz vor dem Mauerfall durch ein Engagement an der "Freien Volksbühne Berlin" in die Stadt gekommen und kenne natürlich auch die Teilung noch. Den Mauerfall habe ich hautnah miterlebt. Das Engagement an einem großen Theater während dieser Zeit war eine tolle Sache, die einen sehr geprägt hat. Auch weil ich öfters die Grenze überqueren musste – um Verwandte zu besuchen. Dabei hat man dann die DDR hautnah mitbekommen

Kim Wilde, Sony Walkman, Zauberwürfel…wie groß ist bei einer solchen Produktion die Gefahr, in Stereotype zu verfallen?

Walkman und Zauberwürfel sind Alltagsgegenstände der damaligen Zeit. Gegenüber dem, was wir heute am Ohr oder auf dem Schreibtisch haben, sind diese Elemente natürlich Dinosaurier. Ich glaube, dass die Gefahr, in Stereotype zu verfallen, gar nicht besteht. Im Gegenteil: Es ist wichtig, auf Genauigkeit zu achten, wenn man sagt: Wir befinden uns im Jahr 1961 oder 1989, zwei große Zeitzonen, die diese Stadt maßgeblich geprägt haben. Es geht darum, die Atmosphäre der Zeit richtig rüberzubringen, damit man auch glaubwürdig ist.

Mit Friedrich von Thun, Matthias Matscke oder Ihnen und Svenja Jung stehen ja mindestens drei Generationen deutscher Schauspieler vor der Kamera. Wie unterschiedlich sind die Ansätze und was lernt man voneinander?

Das ist sehr spannend. Alle schauen auf alle. Die Jungen haben eine etwas unbefangenere Art, an das Thema heranzugehen. Wir älteren Schauspieler schauen auf die Frische, mit der junge Kolleginnen wie Svenja Jung durch eine solche Produktion gehen. Ich habe davor sehr großen Respekt. Es ist wirklich toll, wenn so viele verschiedene Generationen gemeinsam vor der Kamera stehen und versuchen eine Sprache zu sprechen, um das Projekt zum Erfolg zu führen.

  • "Der Palast", Montag bis Mittwoch, 3. bis 5. Januar, jeweils um 20.15 Uhr, ZDF

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