Doku im ZDF

"Traumschiff": Wie Wolfgang Rademann vor 40 Jahren die Reihe erfand

von Hans Czerny

Am 22. November 1981 stach das "Traumschiff" erstmals in See, inzwischen wurden über 90 Folgen ausgestrahlt. Grund genug für nostalgische Rückblenden und Einblicke in die Dreharbeiten.

"In meinem Reich geht die Sonne nicht unter", pflegte der 2016 verstorbene Produzent Wolfgang Rademann zu sagen. Er kannte die Welt, und er kannte sein Publikum, als er 1981 den Dauerbrenner "Das Traumschiff" erfand. Seine Zuschauer sollten dem deutschen Schmuddelwetter entfliehen. Mit Sonne, Strand und blauem Meer lockte der Filmemacher die Deutschen an Bord. "Lachen, Weinen und 'ne schöne Liebesgeschichte für die Mama, das ist das Entscheidende", sagte er.

Rademann kannte die Kunst des Leichten, eben nicht unbedingt Seichten, genauso wie der von ihm 2008 als "Kreuzfahrtdirektor Schifferle angeheuerte Harald Schmidt. "Traumschiff ist Eskapismus pur" weiß Schmidt, der mittlerweile mit gewohntem Biss so etwas wie der heimliche Hybridmotor der traditionellen Feiertagsserie geworden ist. Das ZDF sendet am zweiten Weihnachtsfeiertag, Sonntag, 26. Dezember ("Schweden"), und an Neujahr ("Namibia") neue Folgen. Am 26. Dezember, um 23.15 Uhr, gibt es zudem die Doku: "Traumschiff-Spezial: 40 Jahre auf See". Sie erzählt nun, wenn man so will, die ganze Geschichte hinter dem TV-Erfolg.

Rademann hatte 1976 die Ost-Serie "zur See" im Fernsehen der DDR gesehen. Von Rostock nach Kuba ging die Reise. Als dann die US-Serie "Love Boat" kam, war Rademanns Plan perfekt: "Ich habe dann alles in einen Topf geschmissen und 'n bisschen umjerührt", berlinerte er jovial. 25 Millionen Zuschauer waren in den ersten Jahren dabei, wenn das "Traumschiff" Palmen, Sonne und blaues Meer – "alles, was det Herz begehrt" – in die Wohnzimmer brachte. Traumreisen waren noch etwas Besonderes. Die kleinen Leute sollten zusehen, wie reiche Leute und vor allem prominente Schauspieler in die Ferne fuhren.

Rührend zu sehen, wie "Tatort"-Kommissar Walter Richter mit seiner Partnerin als allererster Gast das Schiff betritt – er hat eine Weltreise gewonnen. Manfred Krug und Ursela Monn sind eins der ersten Pärchen, die sich auf dem Traumschiff finden. Immer wieder kamen illustre Namen hinzu, von Walter Giller bis Inge Meysel, von Uschi Glas bis Pierre Brice oder "J.R." Larry Hagman. Erst jüngst gastierte "Denver Clan"-Star Linda Evans. Tragende Säulen der dreifach verzopften Bordgeschichten waren jedoch neben Ehrfurcht gebietenden Kapitänen wie Heinz Weiß (bis 1989) und Siegfried Rauch (bis 2013) vor allem die 38 Jahre dienende Chefhostess Beatrice von Ledebuhr der im vergangenen August verstorbenen Heide Keller und Chefstewart Sascha Hehn, einst Traum aller Schwiegermütter und später noch kurzzeitig zum Kapitän aufstiegen.

Als vorhersehbar schätzen "Traumschiff"-Kritiker die oft treudoof verquickten Herzschmerz-Episoden ein. Doch viele Fans halten gerade deswegen an der Serie fest. Mit dem Einstieg des Schlager-Stars Florian Silbereisen als Kapitän Max Parger wurde Weihnachten 2019 die Zuschauerzahl von sechs auf acht Millionen gehievt. Staunend nehmen das die Eingeborenen in Namibia, die in großer Zahl zur "Reparatur" einer Wasserpumpe erschienen sind, zur Kenntnis. Silbereisen, der bei seinem überraschenden Start mit Ray Ban-Brille sportiv die Schiffsbrücke erstürmt, erinnert sich im Special an seine Kindheit, als es mit vier Geschwistern "einmal im Jahr" im Auto "höchstens nach Bibione" ging. Als er 2019 von Sascha Hehns Abschied hörte, rief er gleich seinen Manager vom Hotel aus an. Der Rest ist TV-Geschichte.

Während sein rollendes "r" noch immer Fans und Widersacher spaltet, bittet er auf der geschickt "getricksten" Schiffsreise nach Namibia den Regisseur Helmut Metzger, ihn "hart" ran zu nehmen. "Ich will dazu lernen, nicht stehen bleiben!" versichert er. Die "Traumschiff"-Begeisterung hat endlich wieder einen Namen, den nur noch der Jubel der guten alten James-Last-Fanfare übertönen kann.

Alte Folgen in der ZDF-Mediathek

Zum Jubiläum gibt's nun auch jede Menge alte Folgen in der ZDF-Mediathek. Zu schön, wenn Uschi Glas mit dem herrlich miesepetrigen Michael Gwisdeck aus der Ferne das an der Pier liegende Traumschiff bestaunend haucht: "Schau mal, da isses!" – In der Doku wiederum wirft sich Barbara Wussow mit bleibeschwertem, weil blähendem Gewand ins Wasser und muss in vielfacher Wiederholung der Szene von einem Mitarbeiter gerettet werden – Respekt! Beim ersten Traumschiff-Dreh wurde sie gar auf der falschen Malediven-Insel abgesetzt und musste nächtens auf hoher See mit einer Strickleiter das Schiff erklimmen.

Inzwischen sind die Blicke allerdings auf das seit dem Frühjahr '20 in Bremerhaven dahindümpelnde Traumschiff MS Amadea gerichtet. Mittels Green Screen werden dort mühsam ferne Horizonte imaginiert. Schmidt-Schifferle hat aber auch dafür eine Pointe parat. Mit Krächzstimme ahmt er den Lautsprecher nach, der auf seiner ersten Reise "das Paradies Bra Bra" (Bora Bora) verkündete. "Wenn das das Paradies ist, dann lieber die Hölle", so behauptet er.

Zum Jubiläum haben die "Traumschiff"-Macher sogar die Wissenschaft bemüht. Das "Traumschiff" sei so eine Art Weihnachtsersatz geworden, haben die Medienwissenschaftler herausgefunden. Kindheitserinnerungen und die Gewöhnung an ein lieb gewonnenes Ritual seien schuld am immer noch währenden Erfolg.

Harald Schmidt setzt da noch eins drauf, seine Devise lautet: "Wenn das Publikum einen nicht mehr sehen will – noch 20 Jahre!" In der Weihnachtsfolge darf er schon mal die Comedians Bülant Ceylan und Özcan Cosar als Küchenhilfen für die Schiffs-Showbühne entdecken. In der Doku erzählt Özcan dann sehr rührend, wie er die Serie immer mit seinen Eltern sah, die kein Deutsch verstanden. Sie hatten trotzdem ihren Spaß daran, denn man könne die Traumschiff-Geschichten ja auch so ohne Weiteres "erahnen". "Es gibt einen Spannungsbogen, auch für die, die nichts verstehen", behauptet Özcan kühn. Das weckt Hoffnung, auch falls Silbereisen fleißig weiterübt, auf weitere 40 Jahre!


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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