Die Bühne ist ihre Passion

Erst nach acht Castings: Warum Silke Bodenbender so spät ihren Durchbruch feierte

29.07.2025, 16.09 Uhr
Silke Bodenbender kann ungeheuer zielstrebig sein, wie ihre neueste TV-Rolle: Als Bürgermeisterin Kristina Lurz in "Ein ganz großes Ding" (Donnerstag, 31. Juli, ZDF) strebt sie das Kanzleramt an. Privat fühlt sich die 51-Jährige gar nicht geschaffen für die Politik und engagiert sich lieber für Kinderhospize.

Mit Yoga und Meditation die innere Unruhe zu bezwingen, klappt inzwischen ganz gut. Aber eigentlich mag Silke Bodenbender es lieber aktiv und zieht die Laufschuhe dem Sofa vor, das Fahrrad dem Auto. Sportlich geht sie auch ihre Ziele an: Beim neunten Versuch klappte es an der Schauspielschule. Aufgeben gab es nicht. Die Leidenschaft sei zu groß gewesen, wie die bodenständige 51-Jährige sagt. Zum Glück, denn sonst wäre Fernsehdeutschland um ihre so bekannten Rollen wie beispielsweise in "Rosenthal", "Flunkyball" oder "Bring mich nach Hause" ärmer. Die unter anderem mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Schauspielerin, deren Vater der Staatssekretär Wolfgang Bodenbender war, ist nun als ehrgeizige Bürgermeisterin des Örtchens Waldsee zu erleben, die es auf den Posten der Kanzlerin abgesehen hat: "Ein ganz großes Ding" (am Donnerstag, 31. Juli, 20.15 Uhr, im ZDF) eben.

Mit ihrem Mann Florian Beckerhoff und den beiden Kindern lebt die gebürtige Bonnerin in der Hauptstadt und genießt es, nach der letzten Klappe meist nach Hause fahren zu können. Familie ist ihr spürbar wichtig, ihren Vater erwähnt sie immer wieder. Silke Bodenbender über Schüchternheit, die Reize Berlins und für welche politischen Ziele sie sich einsetzen würde.

"Ich finde eine Kleinstadt sehr reizvoll"

prisma: "Ein ganz großes Ding" wirkt, als ob Sie als Darsteller die ganze Zeit über viel Spaß gehabt hätten ...

Silke Bodenbender: Ja, wir hatten einen Riesenspaß und mussten auch mal in einer Szene lachen, aber vor der Kamera war sonst doch immer die Konzentration da.

prisma: Wo wurde der fiktive Ort Waldsee gefunden?

Silke Bodenbender: Wir haben am Rand von Berlin gedreht, in Großbeeren und Teltow.

prisma: Könnten Sie sich vorstellen, in solch einer Kleinstadt zu leben?

Silke Bodenbender: Das Interesse wächst von Jahr zu Jahr. Ich finde eine Kleinstadt sehr reizvoll, weil man spontan Freunde treffen und mit dem Fahrrad alles erreichen kann. Aber ich würde das kulturelle und gastronomische Angebot einer Großstadt vermissen, das einfach breiter ist. Ich gehe gerne ins Theater und in die Oper, ins Café, in Museen. In Berlin gibt es zum Glück auch viele Seen und Parks.

prisma: Was ist das Reizvolle an Berlin?

Silke Bodenbender: Meine Mutter ist in Westberlin aufgewachsen, viele meiner Verwandten leben immer noch hier, deswegen hatte ich schon als Kind einen Bezug zu der Stadt. Dann habe ich im Jahr 2000 an der Schaubühne gespielt und bin zwischen Berlin und Düsseldorf gependelt, wo ich gleichzeitig am Schauspielhaus war. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich muss jetzt Berlin ausprobieren. Damals war es natürlich traumhaft, denn die Mieten waren unglaublich günstig (lacht). Bis heute gefällt mir, dass hier jeder so sein kann wie er will, diese Stadt lebt von einer Vielfalt in allen Bereichen. Jetzt bin ich schon so lange da, dass es auch schwierig wäre, wegzugehen, denn ich habe einen großen Freundeskreis hier.

prisma: Die Charlotte im Film sagt den erschreckenden Satz: "Das Leben wird immer weniger aufregend, je älter man wird." Können Sie das bestätigen?

Silke Bodenbender: Nein, eigentlich nicht. Jedes Jahrzehnt hat seine Freuden und Herausforderungen, und man weiß nie, was kommt. Ich empfinde noch keine Langeweile und bin immer noch neugierig.

prisma: Was ist für Sie das Besondere an dem Lebensjahrzehnt zwischen 50 und 60?

Silke Bodenbender: Das ist eine gute Frage. Bei mir hat es ja erst begonnen. (Überlegt) Ich freue mich darauf, meine Kinder weiter aufwachsen zu sehen, das ist das Wesentliche. Und sonst kommen ja immer neue Themen auf einen zu.

"Mir hat es Angst bereitet, über einen roten Teppich zu laufen"

prisma: Sie haben früher in Interviews häufig erzählt, Sie seien in Ihrer Schulzeit eher schüchtern und unsicher gewesen, schnell rot geworden. Würden Sie sagen, Sie haben das ein Stück weit überwunden?

Silke Bodenbender: Ich glaube, ich habe das tatsächlich ein wenig in den Griff bekommen. Zumindest kann ich es besser einschätzen. Das Spielen hat mir nie Angst bereitet, und es macht mir auch nichts mehr aus, über einen roten Teppich zu laufen, was früher der Fall war. Ich meditiere vorher einfach kurz. Trotzdem ist jeder neue Drehbeginn für mich eine kleine Hürde, aber dann ist es nach fünf Minuten auch gut, wenn ich alle begrüßt und kurz kennengelernt habe. Ich bin also noch immer dieselbe, kann mit den Situationen aber besser umgehen. Dadurch, dass man in verschiedene Rollen schlüpft und sich mit vielen Themen befasst, beschäftigt man sich auch mit sich selber, aber es hat für mich nichts mit Therapie zu tun.

prisma: Gab es nie Angst vor einem Texthänger?

Silke Bodenbender: Im letzten Ausbildungsjahr meiner Schauspielschule, habe ich parallel am Theater gespielt und schnell festgestellt wie ich ticke. Ich wusste dann, die fünf Minuten vor dem Bühnenauftritt sind aufregend, und sobald ich die Bühne betreten habe, ist es komplett weg. Ich habe irgendwann begriffen, dass das eine Übungssache ist. Vor Texthängern hatte ich komischerweise nie Angst, aber ich musste mir abgewöhnen zu grübeln. Wenn ich während der Vorstellung den Eindruck hatte, eine Szene nicht gut gespielt zu haben, dachte ich bis zum Ende der Aufführung darüber nach, was nicht gut war, anstatt nach vorne zu gucken.

prisma: Wie kommt ein schüchternes Mädchen auf die Idee, sich auf einer großen Bühne präsentieren zu wollen?

Silke Bodenbender: Ich habe in der Schulzeit Theater gespielt und gemerkt: Auf der Bühne habe ich keine Angst, nur Spielfreude und es ist mir egal, ob da 100 oder 1.000 Leute sitzen und zuschauen. So ist der Wunsch entstanden, Schauspielerin zu werden.

prisma: Sie erwähnten gerade Meditation. Meditieren Sie regelmäßig?

Silke Bodenbender: Das habe ich neu begonnen, um zur Ruhe zu kommen. Ich mache gerne Sport, bin unterwegs, probiere Sachen aus und bin einfach aktiv. Früher hätte mich Meditieren nervös gemacht, jetzt kann es meine Konzentration auf das Hier und Jetzt bringen, und das tut mir gut. Auch Yoga ist für mich eine angenehme Form von Meditation. Ich kann schnell rennen, aber ich bin nicht gelenkig. Darum mache ich zwar gerne mit, aber ich könnte es jetzt nicht vormachen (lacht).

prisma: Hat das bei Ihnen auch eine religiöse Konnotation? Oder wie würden Sie als ehemaliges Gretchen in "Faust 1" die Gretchen-Frage für sich beantworten?

Silke Bodenbender: Nein gar nicht, ich bin nicht religiös.

"Ich bin sehr gerne Botschafterin für den Bundesverband Kinderhospiz"

prisma: Ihr Vater war Politiker. Könnten Sie sich ein politisches Amt vorstellen, wie Ihre Figur in "Ein ganz großes Ding" es anstrebt?

Silke Bodenbender: Nein, das kam für mich nie in Frage, auch nicht als Kind. Natürlich diskutieren wir mit unseren Kindern und Freunden aber auch über politische Themen wie Umwelt oder Migration, das ist im Alltag da. Ich bewundere diese Beharrlichkeit, mit der Politiker versuchen, ihren Standpunkt zu vertreten, aber ich könnte ein solches Amt nie bekleiden.

prisma: Gibt es ein Thema, für das Sie sich gerne einsetzen würden?

Silke Bodenbender: Ich würde mir eine Verbesserung in der häuslichen Pflege wünschen und auch, dass die Angehörigen mehr Unterstützung bekämen. Es ist sehr schwer, eine 24-Stunden-Betreuung für zu Hause zu finden. Von dieser Problematik höre ich überall. Auf der anderen Seite müsste das Pflegepersonal in Krankenhäusern und Heimen viel mehr Lohn bekommen, damit es einen Anreiz gibt und sie gleichzeitig entlastet werden. Außerdem hoffe ich, dass unsere Gesellschaft offen bleibt. Dazu erziehe ich auch meine Kinder: Sie sollen mit Respekt und Offenheit auf andere Menschen zugehen.

prisma: Wie kamen Sie zur Kinder-Hospizarbeit?

Silke Bodenbender: Durch meinen Vater. Die Hospizarbeit lag ihm sehr am Herzen und als Staatssekretär setzte er sich dafür ein, dass Hospize staatliche Mittel erhalten und nicht nur private. Damals gab es aber noch keine Hospize für Kinder. Ich selber bin angesprochen worden, ob ich Botschafterin für den Bundesverband Kinderhospiz werden will, und das bin ich sehr gerne.

prisma: Sie erwähnten Diskussionen über die Umweltpolitik. Ist bei Ihnen im Haus Umweltschutz ein großes Thema?

Silke Bodenbender: Ja, auf jeden Fall. Wir recyceln, wir fahren meistens alle mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn, denn in Berlin braucht man kein Auto. Wir haben zwar eins, aber es wird nicht viel benutzt.

An acht Schauspielschulen sprach Bodenbender vor, bis sie genommen wurde

prisma: Sie sagten, sie hätten sich schon ganz früh entschlossen, Schauspielerin zu werden. Gab es je einen alternativen Berufswunsch? Sie interessieren sich ja bekanntlich für Architektur ...

Silke Bodenbender: In der neunten Klasse wurde unsere Französischlehrerin krank und statt ihres Unterrichts ein Kurs in Theater und Literatur angeboten. Nach dem Abitur ging ich dann erst einmal ein Jahr nach Frankreich, um an der Uni Französisch nachzuholen. Dorthin schickte mein Vater mir viele Bücher zu allen Themen, die mich interessierten: Schauspiel, Architektur und Kamera. Ich habe mit ihm im Keller immer Fotos entwickelt und mich mit Bildgestaltung beschäftigt, und ich konnte mir tatsächlich auch ein Studium in Cinematography vorstellen.

prisma: Was gab dann den Ausschlag für das Schauspiel?

Silke Bodenbender: Ich glaube, ich hatte nicht gleich den Mut, in Richtung Schauspiel zu gehen. In dem Jahr in Frankreich wurde mir aber bewusst, dass Architektur mehr mit Mathe zu tun hat als mit Zeichnen, was ich damals sehr viel gemacht habe. Es ist ja auch etwas anderes, ob man Freude daran hat, das eigene Haus zu gestalten oder die Fähigkeit besitzt, dass man das für andere kann (lacht). Und die Kamera-Variante wäre vermutlich an an der Technik gescheitert, muss ich zugeben.

prisma: Ihr Film-Ehemann in "Ein ganz großes Ding" plant, einen Wintergarten ans Haus zu bauen. Wäre das ein Projekt für Sie?

Silke Bodenbender: Das würde mir schon Freude machen, nur habe ich kein Haus (lacht). Wenn man mir einen alten Bauernhof schenken würde, würde ich gern selbst die Wände verspachteln und Böden abziehen und überlegen, wo man Mauern rausreißen kann, das alles liebe ich, aber eben nur im privaten Bereich. Ich bin froh, dass meine Eltern mich bei der Berufsfindung unterstützt haben und dann ermutigten, mich an Schauspielschulen zu bewerben. Also fing ich die Prüfungen an, und mit jeder weiteren wusste ich mehr, dass ich das machen will.

prisma: Ihr mehrfach ausgezeichneter Kollege Thomas Prenn sagte einmal, die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule sei seine größte berufliche Errungenschaft gewesen. Haben Sie das auch so erlebt?

Silke Bodenbender: Das stimmt, es war eine Riesenhürde. Ich habe an acht Schulen vorgesprochen und bin immer in die Endrunde gekommen, aber dann rausgeflogen, bis ich endlich genommen wurde. Ich weiß noch, dass ich damals dachte: "Oh Gott, was wäre aus meinem Leben geworden, wenn das nicht geklappt hätte?" Die Sehnsucht war inzwischen so groß, diesen Weg einzuschlagen, dass ich mir nichts anders mehr vorstellen konnte und es dann als Quereinsteigerin versucht oder mich als Elevin am Theater beworben hätte. Auf beruflicher Ebene war es sicher das größte Geschenk, die Aufnahme überhaupt zu schaffen.

"Im Moment sind Dreharbeiten für mich mit den Kindern leichter zu organisieren"

prisma: Sie haben eine Affinität zur Fotografie, wie sie erzählten. Könnten Sie sich vorstellen, auch hinter der Kamera etwas auszuprobieren?

Silke Bodenbender: Das habe ich noch nicht versucht. Ich könnte es mir vorstellen, aber sicherlich nicht an der Kamera selbst wegen der Technik. Natürlich ist der Gedanke, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, ob Drehbuch oder Regie, sehr spannend. Ideen hab ich schon und schreibe auch ab und zu ein bisschen was. Aber dann macht mir das Spielen doch immer noch so große Freude, dass ich nicht wechseln will.

prisma: Wäre auch Theater mal wieder denkbar?

Silke Bodenbender: Im Moment nicht. Zuletzt habe ich 2019 bei den Salzburger Festspielen und am Schauspielhaus Stuttgart gespielt, das war auch ganz toll. Das Stück in Stuttgart wurde in vier Sprachen aufgeführt: Englisch, Deutsch, Hebräisch und Arabisch. Einige Schauspieler kamen aus Israel und wurden extra für die Vorstellungen eingeflogen. Das war eine schöne Zeit, die leider mit Corona zu Ende ging. Prinzipiell stehe ich sehr gerne auf der Bühne, aber im Moment sind Dreharbeiten für mich mit den Kindern leichter zu organisieren.

prisma: Ihre Kinder sind 15 und 10 Jahre alt. Wie organisieren Sie Ihren Alltag mit den beiden?

Silke Bodenbender: Mein Mann muss aus beruflichen Gründen nicht reisen, der ist die Basis (lacht). Einer von uns ist immer da.

prisma: Haben Ihre Kinder Ambitionen, Schauspieler zu werden?

Silke Bodenbender: Nee, gar nicht (lacht). Meine Tochter ist zwar im Theaterkurs und mein Sohn war es mal, aber bis jetzt kristallisiert sich da nichts raus. Ich habe es aber auch nicht gefördert. Mir gefällt es, wenn Kinder ihre Hobbys haben und es ist sicher eine Bereicherung für sie, wenn sie an der Theater-AG teilnehmen, weil es ihnen dabei hilft, mutiger zu werden und sich selbst zu entdecken. Aber in welche Richtung es bei meinen Kindern geht, kann ich noch gar nicht sagen.

prisma: Welche Filme schauen Sie privat gerne?

Silke Bodenbender: Ganz gemischt, es kommt immer auf meine Stimmung an. Ich mag Komödien, aber ich gucke auch gerne Krimis. Oft ist es auch so, dass ich etwas aussuche, weil ich einen bestimmten Kollegen oder eine Kollegin sehen will oder weil mich eine Regiearbeit interessiert.

prisma: Gibt es Pläne für den Sommer?

Silke Bodenbender: Ich habe gerade Dreharbeiten abgeschlossen, also mache ich jetzt eine Pause und wir fahren in den Sommerferien nach Italien. Ich freue mich, dass ich die Zeit mit meinen Kindern genießen kann.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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