Zahlen und Fakten

"Die Ringe der Macht": Was man zur "Herr der Ringe"-Serie wissen muss

29.08.2022, 09.00 Uhr
von Eric Leimann

Es ist die teuerste Serie der Geschichte – entsprechend hoch sind die Erwartungen. "Herr der Ringe: Die Ringe der Macht" muss die richtige Balance zwischen Fan-Service und Massen-Appeal schaffen.

"Herr der Ringe"-Fans sind schon lange dabei. Manche von Ihnen sogar länger als Elvis-Fans, denn der britische Schriftsteller und Philologe J.R.R. Tolkien veröffentlichte einige seiner Werke, auf denen die berühmten Filme und nun auch die Serie beruht, bereits in den 30er-Jahren. "Der Hobbit" erblickte originalsprachlich 1937 das Licht der Welt. Tolkiens mehrbändiges Meisterwerk "Herr der Ringe" folgte 1954 und 1955. Zum Vergleich: Elvis' erster Auftritt vor Publikum fand im Sommer 1954 statt. Beide Massenphänomene sind also in etwa gleich alter Legendenadel, wobei die drei "Herr der Ringe"-Bände plus Appendizes in deutscher Sprache erst während der goldenen Hippiezeit 1969/70 erschienen.

Nichtsdestotrotz: Mit 150 Millionen verkauften Exemplaren gehört das Werk zu den erfolgreichsten Romanen aller Zeiten. Zudem bildet es die klar identifizierbare Basis für alle Fantasy-Fiction, die danach entstand. Auch Peter Jacksons legendäre Film-Trilogien "Herr der Ringe" (2001 – 2003) sowie "Der Hobbit" (2012-2014) setzten Maßstäbe in vielerlei Hinsicht: Budget, Länge der Dreharbeiten, Aufwand. Vor allem natürlich die ersten Filme haben dem Kino-Genre einige Rekorde geschenkt.

Nun, da TV-Serien das Medium Kino in Sachen popkulturelle Bedeutung und auch Kommerz überflügelt haben, folgt aus dem größten Fantasy-Roman und fiktionalen "World Building" aller Zeiten die vielleicht größte, zumindest aber teuerste Serie der Welt. Ab Freitag, 2. September, sind die ersten beiden Episoden von "Herr der Ringe: Die Ringe der Macht" beim Streamingdienst Amazon verfügbar. Die restlichen sechs Episoden erscheinen wöchentlich. Am 14. Oktober findet das große Finale der Megaserie statt – fürs Erste. Denn wie schon bekannt, hat Prime Video schon eine zweite Staffel des Tolkien-Epos in Auftrag gegeben.

Wie teuer ist die "Herr der Ringe"-Serie?

Ein paar Zahlen zur Einordnung: Allein die erste Staffel soll, laut einem Artikel des US-amerikanischen Branchenblatts "Deadline", 465 Millionen US-Dollar kosten. Die Kosten für Lizenzrechte sollen sich auf 250 Millionen Dollar belaufen. Zum Vergleich: Die teuerste sechste Staffel der Erfolgsserie "Game of Thrones" kostete "gerade einmal" 100 Millionen US-Dollar. Insgesamt wird das Budget, welches für "Der Ringe der Macht" abgerufen werden könnte, auf mehr als eine Milliarde US-Dollar geschätzt.

Trailer der Serie, die nach und nach unter riesiger "Anteilnahme" im Netz veröffentlicht wurden, zeigen entsprechend atemberaubende Kamerafahrten durch Fantasie-Welten, die sich natürlich an jenen Bildern und jener Ästhetik orientieren, die Peter Jackson und sein Team vor gut 20 Jahren erfunden haben. Jackson selbst ist der Serie nur "freundschaftlich verbunden", wie der 60-jährige Neuseeländer zitiert wurde, aber er hat faktisch nichts mit der Produktion zu tun. Showrunner sind Patrick McKay und J. D. Payne ("Stark Trek Beyond"). Die Drehbücher stammen von einem Team von Autorinnen und Autoren, dem unter anderem Bryan Cogman ("Game of Thrones"), Gennifer Hutchison ("Breaking Bad") und Justin Doble ("Stranger Things") angehören.

Worum geht es in "Die Ringe der Macht"?

Doch was wird nun in der Serie erzählt? Um – neben Peter Jacksons "Vorarbeit" bereits feststehenden Ästhetik – möglichst viel fiktionale Freiheit zu haben, wendet "Die Ringe der Macht" einen alten Trick an, der bereits bei "Star Wars" und auch beim "Game of Thrones"-Prequel "House of the Dragon" angewendet wurde: Man konzentriert sich auf eine Vorgeschichte – und da am besten auf ein bislang im Dunkeln liegendes Kapitel. Im "Herr der Ringe"-Kosmos ist dies das sogenannten "Zweite Zeitalter" von Mittelerde inklusive Rückblenden auf das Erste. Die bisher bereits bekannten Geschichten spielten im "Dritten Zeitalter". Das "Zweite Zeitalter" beginnt mit dem Sieg über den Dunklen Herrscher Morgoth, erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als 3.000 Jahren und endet schließlich mit dem Kampf des Letzten Bündnisses gegen Morgoths einstigen Untergebenen Sauron.

An dieser Stelle kommt die große Schlacht zwischen "Herr der Ringe"-Fans der "reinen" Lehre sowie dem dringend benötigten Mainstream-Publikum ins Spiel. Allein schon die Tatsache, dass eine 3.000-Jahre-Handlung für die Serie in ein enges zeitliches Korsett gepresst wurde, welches die Hauptfiguren am Leben lässt, ist jenen Kritikern ein Dorn im Auge. Co-Showrunner John D. Payne äußerte sich in einem Interview mit "Vanity Fair" dazu wie folgt: "Wenn du dich an den exakten Wortlaut hältst, dann erzählst du eine Geschichte, in der die menschlichen Charaktere jede Staffeln sterben, weil du 200 Jahre in der Zeit voranspringst. Ebenso würdest du keine großen und wichtigen Figuren des Kanons bis Staffel vier kennenlernen." Und Payne fuhr fort: "Es gibt vielleicht einige Fans, die wollen, dass wir eine Dokumentation über Mittelerde machen, aber wir werden eine Geschichte erzählen, die all diese Dinge miteinander verbindet." Die Entscheidung für eine derartige Verdichtung der Ereignisse sei in enger Absprache mit dem Tolkien Estate, die die Rechte an den Werken von J. R. R. Tolkien innehat, getroffen worden.

22 Hauptfiguren und zweifelhafte Kritik am Cast

Leider hat die Entscheidung, dass die rund 22 (!) Hauptcharaktere der Serie und natürlich auch Nebenfiguren "farbenblind" und divers besetzt wurden, ebenfalls Kritik ausgelöst. So gibt es in der Serie schwarze Elben, Zwerge (auch weibliche ohne Bart!) und Hobbits, die hier noch Haarfüßer heißen. Das passte einigen, die Herr der Ringe als "weißes Kulturgut" betrachten, nicht in den Kram. Eine ziemlich überflüssige Diskussion, die man bereits aus der Vergangenheit kennt. In diesem Fall ist sie sogar faktisch falsch, denn schon J.R.R. Tolkien berichtete über dunkelhäutige Hobbits. Dass die Serie auf mindestens fünf Staffeln angelegt sein soll – plus eventueller Spin-offs, kennt man aus der Franchise-Kultur bekannter Erzählmarken mittlerweile. Der Aufwand dieser wiederum in Neuseeland gedrehten Serie ist einfach zu groß, um Kulissen – und seien sie auch nur digital – einfach auf den Schrotthaufen zu verfrachten.

Und, ja, eine grundsätzliche Handlung gibt es auch: Über verschiedene Erzählstränge berichtet "Die Ringe der Macht" von einer Welt, in der die Völker von Mittelerde in einer Epoche des Friedens leben. Doch Elbenkönig Gil-galad über die Zwerge in Moria bis zu den Haarfüßern erleben das Aufkommen des Bösen in ihren Welten, mit dem die Figuren nun umgehen müssen. Eine der wichtigsten ist Elbin Galadriel – in den Filmen gespielt von Cate Blanchett – , die nun in einer jüngeren Version von Morfydd Clark verkörpert wird.

Kritiker der durchaus spektakulären Trailer bemängelten eher "flache Botschaften" und Dialoge/Monologe, doch dieses typische Trailer-Problem ist bekannt und hat nicht unbedingt viel zu sagen. Die Frage, ob "Herr der Ringe: Die Ringe der Macht" nicht nur optisches, sondern auch erzählerisches Spektakel bietet, kann man aufgrund von erst kurz vor dem 2. September möglichen Sichtungsterminen für die Presse, erst zum Erscheinen der Serie beantworten.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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