ARD-Krimi

"Der Bozen-Krimi: Familienehre" – zum Coming-out kam es nicht mehr

10.11.2022, 08.08 Uhr
von Hans Czerny

Der Stürmer einer Eishockey-Mannschaft wird in der Umkleidekabine erstochen. Bei den Ermittlungen kommt heraus: Der Sportler war in einer homosexuellen Beziehung mit einem Drag-Künstler. War das Motiv Homophobie?

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Der Bozen-Krimi: Familienehre
Krimi • 10.11.2022 • 20:15 Uhr

Ein Eishockeyspieler, unverzichtbarer Mittelstürmer seiner Mannschaft, der "Old Giuards Bolzano", liegt in seinem Blut. Er wurde in der Umkleidekabine nach dem Training erstochen. "Für meine Jungs lege ich meine Hand ins Feuer!", sagt der Trainer zu Sonja, der Bozener Kommissarin (Chiara Schoras), die hier zum 16. Mal ermittelt.

Hatte sich die Kommissarin in ihrer Serienvergangenheit weit in Italiens Unterwelt vorgewagt und auf den Spuren der Mafia gar Ausflüge in Italiens tiefen Süden unternommen, so bleibt sie diesmal in einer kleine Welt. Ausbruchsversuche werden von konservativen Geistern wie dem Hotelbesitzer Hofer (Thomas Thieme) unterminiert. So würde es denn auch Hofers schwuler Sohn Anton (Vladimir Burlakov) nie wagen, sich zu seiner Männerliebe zu bekennen. Das Hotel, ohnehin am Abgrund stehend, hat Hofer einem anderen Sohn übergeben.

Doch zu einem saftigen Melodram fehlen Mathias Klaschka (Drehbuch) und Thomas Nennstiel (Regie) der Mut. Der Stoff, ein verhindertes Coming-out samt langjähriger Alibi-Ehe, wird recht lieblos im Seifenopernstil präsentiert. Vladimir Burlakov hat als heimlicher Freund des Eishockeyspielers und Travestie-Chansonier mit dem Lied von der "blauen Katze" zu Paris immerhin einen schönen Auftritt. Als Homosexueller akzentuiert er dafür wiederum im Privaten ein bisschen zu viel. Auch die Oma in der letzten Reihe sollte es halt merken.

Der Karriere hätte ein Coming-out des Eishockeyspielers Marcel Wallner (Felix Everding) sicher nicht geschadet, weiß Sonjas Kollege Jonas Kerschbaumer (Gabriel Raab) etwas altklug zu berichten: "Die Zeiten sind vorbei!" Als würde die Welt beispielsweise im Fußball nicht noch immer auf die offene Anerkennung homosexueller Identitäten warten. Als Parallelbeweis führt Jonas – Achtung, Schieflage! – die Karriere eines Steuerhinterziehers und Fußballmanagers an.

Das Happyend wird inzwischen andernorts geschrieben. Handballer outeten sich hierzulande und in Norwegen unter viel Zustimmung. Im Bozen-Krimi aber ergreifen sie einstweilen noch die Flucht nach Florenz, der Anton und seine Schwester. 

Zwei weitere Folgen sind bereits im Kasten, sie wurden in diesem Sommer abgedreht. Zuletzt sieben Millionen Zuschauer, Anteil 24 Prozent, so was lässt sich so leicht keiner nehmen. Die Mischung aus Ferienidyll und Krimiplot kommt offensichtlich an.

Der Bozen-Krimi: Familienehre – Do. 10.11. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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