Film im ZDF

"Die Bürgermeisterin": Bedrohung und Hetze

24.10.2022, 08.03 Uhr
von Eric Leimann

Anna Schudt wird als "Die Bürgermeisterin" zur Zielscheibe. Der ZDF-Film ist von brisanter Aktualität, denn immer mehr Kommunalpolitiker sehen sich Drohungen und Gewalt ausgesetzt.

ZDF
Die Bürgermeisterin
Drama • 24.10.2022 • 20:15 Uhr

Verbale oder körperliche Gewalt gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sind hierzulande inzwischen an der Tagesordnung. Regisseurin Christiane Balthasar und Autor Magnus Vattrodt nahmen sich für das ZDF dieses Themas an. "Die Bürgermeisterin" heißt der namhaft besetzte und hoch relevante Montagsfilm. Warum der Film so wichtig ist, erklärt auch Hauptdarstellerin Anna Schudt im Interview.

Claudia Voss (Anna Schudt) ist ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin einer kleinen Gemeinde irgendwo in Deutschland. Der Job ist fordernd, denn jeder kennt Claudia im fiktiven Neustadt-Linden. Die Mutter einer Teenager-Tochter wird auf Schritt und Tritt angesprochen. Mal ist es "nur" ein Mülleimer, der abgerissen ist. Manchmal geht es aber auch um größere Themen, wie den geplanten Bau eines Heimes für Geflüchtete just in ihrem Stadtteil. Claudia will das Beste aus der Situation machen, doch die Pläne für die Gemeinschaftsunterkunft stoßen schnell auf Widerstand – der vom Unternehmer Veith Landauer (Alexander Beyer) angeführt wird.

Landauer, das wird bereits bei der ersten Sitzung des Ortsgemeinderates deutlich, vertritt klassische rechte Positionen und nutzt das Bauprojekt als Chance, in der Bevölkerung Stimmung zu erzeugen: persönliche Social-Media-Kampagnen unter der Gürtellinie, aufwiegelnde Reden auf dem zentralen Platz der Gemeinde, irgendwann auch "Spaziergänge" zum Haus der Bürgermeisterin. Das gesamte, auch aus der Realität bekannte Arsenal rechtspopulistischer Einschüchterungen wird aufgefahren, um Claudia und ihre Familie (Felix Klare als Ehemann, Jule Hermann als Tochter) zu bedrohen.

Bald muss das Haus der Familie Voss unter Polizeischutz gestellt werden. Der 16. Geburtstag von Tochter Leonie findet in Anwesenheit von Personenschützern statt. Claudia, eine überzeugte Demokratin, sucht den Dialog mit den Rechten, doch die lassen Claudia in Person ihres Anführers knallhart auflaufen. Auf beängstigende Weise macht das Drehbuch des vielfach prämierten Autors Magnus Vattrodt ("Unterleuten – Das zerrissene Dorf") klar: Diese Menschen wollen keinen Ausgleich, keinen Kompromiss, keinen Dialog. Sie wollen die demokratische Gesellschaft kaputtmachen.

Während Claudia zur öffentlichen Zielscheibe wird, gerät ihre Kleinfamilie auch im Inneren unter Druck. Die Ehrenamtliche muss sich vor Mann und Tochter erklären, warum sie sich überhaupt noch politisch engagiert. Was nützt das Ganze, wenn man dadurch nicht mehr zufrieden und sicher in seiner Heimat leben kann? Regisseurin Christiane Balthasar hat sich bewusst für eine unprätentiöse, eher nüchterne Verfilmung eines gesellschaftlichen Phänomens entschieden. Ein Problem, das Deutschland und andere etablierte Demokratien seit Jahren heimsucht: die Spaltung der Gesellschaft, die zur aggressiv im Internet und der Realität vollzogenen Hetze wird und deren Ziel vor allem öffentlich engagierte Personen sind.

ZDF zeigt Doku zum Thema

Autor Magnus Vattrodt konnte für seinen Film "Die Bürgermeisterin" aus vielen bekannten Fällen von Gewalt gegen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auswählen und – sanft – verdichten. Dramaturgisch verschärfte Konflikte oder Szenarien musste er nicht herbeischreiben, denn die Wirklichkeit ist bereits schlimm genug. "Oft genug endet dies mit psychischen oder sogar körperlichen Schäden und dem Rückzug aus der politischen Arbeit", berichtet Vattrodt von der Beschädigung der Menschen hinter dem Amt. "Ein Fall, der genau diesem Muster folgt, ist der des zurückgetretenen Ortsbürgermeisters Markus Nierth, aber auch der Fall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat diese Eskalationsstufen durchlaufen – bis hin zu seiner Ermordung."

Einige dieser Fälle, die Vattrodt und Balthasar zu ihrem klugen Film "Die Bürgermeisterin" inspirierten, werden wohl auch in der anschließenden Dokumentation zur Sprache kommen. "Engagiert und attackiert – Wenn Politiker zur Zielscheibe werden" heißt die Sendung, die dem Spielfilm im ZDF um 21.45 Uhr folgt.

Die Bürgermeisterin – Mo. 24.10. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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