"Die Story im Ersten"

"Der getriebene Präsident": Joe Bidens erstes Jahr

von Rupert Sommer

Wie hat sich die USA ein Jahr nach dem Amtsantritt von Joe Biden verändert? In ihrer Dokumentation zeichnen die USA-Korrespondentinnen Claudia Buckenmaier und Verena Bünten ein düsteres Stimmungsbild.

ARD
Die Story im Ersten: Der getriebene Präsident
Dokumentation • 17.01.2022 • 22:35 Uhr

Nicht nur in weiten Teilen Europas ging von der Abwahl Donald Trumps und der Kür von Joe Biden zum 46. Präsidenten der USA große Hoffnung aus. Auch im Land selbst war die Erleichterung groß, dass der neue Anführer der freien Welt die Nation unter seinem Slogan "Amerika ist zurück" wieder beruhigen, wenn nicht sogar versöhnen könnte. Doch die neue ARD-Dokumentation "Die Story im Ersten: Der getriebene Präsident" zeigt rund ein Jahr nach Bidens Wahl ein durchaus düsteres Stimmungsbild. Die Filmemacherin Claudia Buckenmaier und Verena Bünten messen einer innerlich stark gespaltenen, weiterhin erkennbar verunsicherten US-Gesellschaft den Puls.

Um herausfinden, wie die Lage im Land wirklich ist und wie ernst man die zuletzt miserablen Zustimmungswerte zum Kurs von Joe Biden werten muss, hatten sich die beiden USA-Korrespondentinnen zusammen mit einem Team des ARD-Studios in Washington über mehrere Wochen hinweg kreuz und quer durch das Land auf eine Recherchereise begeben. Sie sprechen mit vielen Frustrierten und Unzufriedenen. Darunter befinden sich bezeichnenderweise auch zahlreiche Anhänger der Demokraten, also der Partei, die den wenig strahlenden neuen Präsident noch vor wenigen Monaten beim Einzug ins Weiße Haus gefeiert hatten.

Ein besonders drastischer Fall ist die Begegnung mit Sheriff Joe Franz Martinez. Er ist eigentlich selbst Parteianhänger der Demokraten. Aber mit seiner scharfen Kritik an der unklaren Haltung der Behörden, wie mit dem Massenansturm von vorwiegend süd- und mittelamerikanischen Flüchtlingen an der Südgrenze der USA in Mexiko umgegangen wird, ruft der Texaner viel Zuspruch von der "falschen" Seite hervor. Republikaner zitieren Martinez fleißig, um ihre eigenen konservativen Forderungen für eine restriktive Einwanderungspolitik zu untermauern.

Doch neben den großen wirtschaftlichen Problemen, der Sorge um Arbeitsplätze und vor einer grassierenden Inflation, aber auch der schwindenden weltpolitischen Bedeutung der einst so selbstbewussten Weltmacht USA, dominiert in fast allen Gesprächen das Reizthema der Pandemie-Bekämpfung den Diskurs. Das Lager der Impf-Gegner, das hier und da erstaunlich kurz vor der Radikalisierung und gewaltsamen Widerstand gegen die Washingtoner Obrigkeit zu stehen scheint, wächst ständig an.

Bidens Gegner arbeiten auf einen Machtwechseln hin

Der Druck auf den mittlerweile 80-jährigen US-Präsidenten, der nicht nur den ARD-Berichterstattern wie ein Getriebener vorkommt, steigt somit stark. Und das auch, weil sich seine eigene Partie oft in Flügelkämpfen über den vermeintlich richtigen Kurs verstrickt. Ein (aus liberaler Perspektive betrachtet) besonders düsteres Szenario zeichnet sich bereits ab: Der Biden zuletzt unterlegene Ex-Präsident Donald Trump rechnet sich, heißt es, schon wieder große Chancen aus, bei der nächsten Wahl an die Spitze der Macht zurückzukehren.

Seine Anhängerschaft scheint mithin weiterhin vom Lügenmärchen eines vermeintlich "gestohlenen Sieges" wie verhext. Und Teile der republikanischen Partei bereiten bereits Szenarien vor, die Macht wieder zurückzugewinnen – auch durch aktuelle Neu-Gestaltungen der Wahlkreise zu ihren Gunsten. Die im Herbst anstehende Kongresswahl dürfte sich zu einer Schicksalsfrage auswachsen: Wie viel Einfluss bleibt Joe Biden überhaupt noch? Und kann Trumps Comeback verhindert werden?

Die Story im Ersten: Der getriebene Präsident – Mo. 17.01. – ARD: 22.50 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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