Elias' Flucht vor der Zivilisation – Ein Leben in den Alpen











Elias, der Sohn eines Tiroler Großbauern, flieht vor dem Druck der Erwartungen in die Berge. 40 Jahre verbringt er dort – ganz allein. Nach einer wahren Geschichte.
In Deutschland kennt man den Tiroler Dramatiker, Schriftsteller und Drehbuchautor Felix Mitterer wohl vor allem für seine großartige Satire "Piefke-Saga" über das Verhältnis zwischen deutschen Urlaubern und ihren Tiroler Gastgebern. Als Drehbuchautor zeichnete Mitterer außerdem für zahlreiche ORF-"Tatort"- und "Landkrimi"-Fälle verantwortlich, schrieb daneben Jugendbücher, Hörspiele und vor allem Theaterstücke. In Österreich zählt er zu den bekanntesten Autoren und gilt vielen als Heimatdichter. In seinen Stücken porträtiert er gerne Außenseiter und blickt in menschliche Abgründe und Schicksale, oftmals im bäuerlichen Milieu Tirols. So auch im Bühnenstück "Märzengrund", inspiriert von wahren Begebenheiten, das Mitterer gemeinsam mit Adrian Goiginger als Drehbuch adaptierte, welches dieser 2021 verfilmte. ARTE zeigt den Spielfilm im Nachtprogramm.
Ein vorgezeichnetes Leben
Ende der Sechzigerjahre. Der Lebensweg von Elias (Jakob Mader und Johannes Krisch teilen sich die Rolle in unterschiedlichen Altersphasen) war schon vor seiner Geburt vorgezeichnet: Als Sohn eines Großbauern wird er dessen Hof einmal erben und das gleiche Leben führen wie seine Eltern (Harald Windisch und Gerti Drassl) und Großeltern vor ihm. Die Ansprüche, Erwartungen und der Druck sind hoch auf den sensiblen Internatsschüler, der statt zu landwirtschaftlichem Gerät lieber zum Buch greift. Elias will die Eltern nicht enttäuschen, doch fühlt er sich "wie ein Fremder in der Welt".
Als er sich in die ältere, geschiedene Moid (Verena Altenberger) verliebt, wagt er für einen Moment, von einem anderen Leben zu träumen. Doch seine Eltern unterbinden die Beziehung. Elias verfällt in eine, damals natürlich nicht als solche erkannte, Depression. Der Vater schickt ihn daraufhin auf die Alm Märzengrund in den Zillertaler Alpen. Elias soll sie für den Sommer bereit machen und harte Arbeit lernen, danach dürfe er heiraten, wen er will.
"Was sich zuerst wie eine Bestrafung angefühlt hat, ist zu einem großen Segen geworden", schreibt er Moid heimlich. "Kein Stundenplan, keine Maschinen, keine Eltern ... Ich hab endlich meinen Platz in der Gesellschaft gefunden", freut er sich. Alle Ängste, die er dort hatte, seien hier oben verschwunden. Dennoch freut sich Elias auf die Rückkehr zum Hof – bis er erfährt, dass Moid seine Briefe nicht erhalten und die Gegend verlassen hat. Elias wird von nun an in den Bergen bleiben.
Auf den Spuren von "Walden"
"Ich zog in den Wald, weil ich den Wunsch hatte, mit Überlegung zu leben, dem eigentlichen, wirklichen Leben näher zu treten, zu sehen, ob ich nicht lernen konnte, was es zu lehren hätte, damit ich nicht, wenn es zum Sterben ginge, einsehen müsste, dass ich nicht gelebt hatte. Ich wollte nicht das leben, was nicht Leben war; das Leben ist so kostbar", schrieb der amerikanische Philosoph Henry David Thoreau in seinem berühmten Werk "Walden oder Leben in den Wäldern" (1854) über seine eigenen Erfahrungen. Zwei Jahre lang hatte er als Experiment in einer Hütte im Wald verbracht, um im Einklang mit der Natur zu leben und herauszufinden, was es zu einem guten Leben braucht.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens, das Wissen um die Vergänglichkeit – solche Themen liegen auch "Märzenwald" zugrunde, ebenso wie diese Frage: Nach welchen Werten soll man leben, wie lebt man abseits der Zivilisation, und wie wichtig sind materielle Güter? Aber auch: Hat man, hat Elias nicht auch eine Verantwortung, nicht nur für sich, sondern auch für andere, für seine Familie, die sich auf ihn verlässt?
All das setzt Adrian Goiginger vor der atemberaubenden Berglandschaft der Zillertaler Alpen in Szene. Und er verdeutlicht, neben aller Einsiedler-Romantik, bildstark die Herausforderungen des Lebens auf der Alm, wo Elias dem Wetter und der Unwirtlichkeit der Natur ausgesetzt und unterworfen ist. Trotzdem bleibt er dort, 40 Jahre lang, wie sein reales Vorbild Simon Koch. Und er wäre wohl bis zum Ende dort geblieben, hätten ihn nicht gesundheitliche Gründen zurück in die Zivilisation getrieben.
"Märzengrund" – Fr. 12.07. – ARTE: 23.55 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH