"Nord bei Nordwest – Auf der Flucht": Lohnte sich der ARD-Krimi mit Hinnerk Schönemann?
Die Krimireihe Nord bei Nordwest zeigt immer wieder, wie vielfältig Spannung aussehen kann – mal als schwarzhumorige Komödie, mal mit Anklängen an skandinavisches Agentenkino. In der 19. Folge „Auf der Flucht“ (Erstausstrahlung 2023, nun erneut im Programm) geraten Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) und Hannah Wagner (Jana Klinge) mitten in ein tödliches Katz-und-Maus-Spiel.
Der Einstieg ist rasant: Ein Gefangenentransporter verunglückt, nachdem der Fahrer hinterm Steuer zusammenbricht. Zwei Justizbeamte sterben, vier Häftlinge entkommen und lassen den Wagen samt Leichen im Wasser verschwinden. Kaum sind sie frei, eskaliert die Lage. Ihr Anführer plant die Flucht ins Ausland mit falschen Pässen – doch schon die erste Zwischenstation endet in einem Blutbad. Bei einer missglückten Hausbesetzung erschießen sie den Eigentümer, einer der Flüchtigen wird schwer verletzt.
Die Zuschauer wissen mehr als Hinnerk Schönemann
Es ist eigentlich ein Thriller-Stoff, den sich der von seinen Kollegen viel gelobte Hauptdarsteller Hinnerk Schönemann für seine erste Regie nach einem Drehbuch des Reihenerfinders Holger Karsten Schmidt da ausgesucht hat. Doch die Unfall-Action des Beginns ist bewundernswert und die ins Komische gewendete Hausbesetzung, bei der sich die Ganoven aufführen wie die jungen Orang-Utans, dient der markanten Ouvertüre. Einer will gleich die Regentraufe hoch, ein anderer greift zum Kieselstein, um die Scheiben einzuschlagen. Der Dritte immerhin formt einen Dietrich mit den Zähnen.
Wo bleibt Hauke Jacobs (Schönemann), der vom Tierarzt zum Kommissar gewendete Ex-LKAler aus Hamburg, so fragt man sich. Im Film ist er mit seiner Polizeikollegin Hannah Wagner (Jana Klinge) allerdings schwer damit beschäftigt, Bagatelldelikte aufzuarbeiten. Doch aus dieser Idylle wird er alsbald herausgerissen, als er vom abhanden gekommenen Justiztransporter erfährt.
Die Zuschauerinnen und Zuschauer wissen längst mehr, sie konnten die Ganoven auf ihrer Flucht verfolgen und wurden Zeugen der Geiselnahme in der Tierarztpraxis, die jetzt Jule Christiansen (Marleen Lohse) führt. Mit der Maßgabe, dass Menschen ja "auch Säugetiere" sind, zwingen sie Jule zur Operation ihres angeschossenen Kollegen.
Die Stärken und Schwächen des Krimis
Wie stets in der Reihe "Nord bei Nordwest" liegen auch hier die Stärken in kleinen Details, während die Handlung maßlos zu übertreiben versucht. Schön, wenn die Nachbarin, die den toten Hausherrn gefunden hat, dessen aus der Erde ragende Finger für "Spargel" hält und gleich dessen Leselampe samt Fernseher einklagen will. Nicht gar so lustig hingegen, wenn Hannas Nichte, die gerade in Julias Praxis praktiziert, im Hinterzimmer (fast) vergewaltigt wird oder wenn einer der Ganoven – sehr schrill – vom Freund den Gnadenschuss bekommt.
Derlei Rigiditäten macht leider auch der wieder mal großartige Start-up-Dauergründer Mehmet Ösker (Cem Ali Gültekin) nicht ganz wett. Er ist jetzt Redakteur beim "Schwanitzer Tagblatt", erkennt Ganoven sofort an ihrer Nase und behauptet, dass die besten Geschichten "auf der Straße" liegen. Zuletzt lädt er Schwanitzer Schüler gar dazu ein, auf seiner Redaktion ein Praktikum zu machen. "Ohne Geld, aber ihr investiert in eure Zukunft!" Da passt das Spiel wieder zur Wirklichkeit.
Inzwischen sind acht weitere Teile der Krimireihe erschienen. Drei weitere Filme unter den Arbeitstiteln "Pechmarie", "Blindgänger" und "Das dritte Grab" sind abgedreht. Die Ausstrahlung dürfte turnusgemäß im Januar 2026 erfolgen.
"Nord bei Nordwest – Auf der Flucht" ist aktuell in der ARD Mediathek abrufbar.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH