Talk bei Maybritt Illner

Norbert Röttgen: "Für Putin geht es jetzt schon um alles oder nichts"

25.03.2022, 07.32 Uhr
Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU).
Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU).  Fotoquelle: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Bereits zum zweiten Mal hindert ein positiver Corona-Test Maybritt Illner daran, ihre eigene Sendung zu moderieren. Kollegin Marietta Slomka vertritt sie am Donnerstagabend. Das Thema der Sendung: "Krieg in der Ukraine – Tut der Westen genug?" Die eindeutige Antwort: Nein, weil er auf Putins Spielchen reinfällt.

Zu Gast sind Außenpolitiker Norbert Röttgen (CDU), SPD-Politikerin und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Katarina Barley, Präsident Selenskyjs Wirtschaftsberater Alexander Rodnyansky, Sicherheitsexpertin Florence Gaub und Constanze Stelzenmüller, Expertin für transatlantische Beziehungen.

Eine Sache ist Norbert Röttgen gleich zu Beginn wichtig: kein anderes Land habe über so viele Jahre die Ukraine unterstützt wie Deutschland. Trotzdem muss er, angesichts der aktuellen Bilder und der Vorstellung, dass ein Sieg Putins zu einem "anderen" Europa führe, einsehen, dass wir, der Westen, nicht alles tun. Es werde wenig versprochen und noch weniger geliefert, insbesondere wenn es um Waffen gehe. Röttgen stellt fest, dass aktuell Dänemark mehr Waffen in die Ukraine liefert als der viertgrößte Waffenexporteur der Welt – Deutschland.

Röttgen sagt einen Satz, der den Grund für das zögerliche Handeln Deutschlands erkennen lässt. "Ab der Phase, in der Putin immer stärker auch militärisch unter Druck gerät, bin ich sicher, dass er nicht mehr berechenbar ist – für Putin geht es jetzt schon um alles oder nichts."

Selenskyj-Berater Rodnyansky hat kein Verständnis für die übertriebene Angst vor Putins nuklearer Bedrohung, die er ohnehin für einen Bluff hält. Er betont, wie wichtig jetzt harte wirtschaftliche Sanktionen sind. Das Energie-Embargo gegen Russland muss seiner Ansicht nach kommen, denn "ganz klar – durch Verkäufe von Öl und Gas finanziert Putin den Krieg."

"Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst"

Sicherheitsexpertin Florence Gaub stimmt Rodnyansky zu: "Nicht die Bombe ist die Waffe, sondern die Angst". Putins "Spiel mit der Angst" sei ein Kalkül, dass den Westen davon abhalte, harte Grenzen gegen die Kriegstreiber zu ziehen. "Wir fallen jedes Mal auf seine Masche rein", so Gaub. Wir haben Angst, und Putin sein Ziel erreicht.

Auch die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland sieht der Selenskyj-Berater Rodnyansky pessimistisch. Wieder mal sei es bloß ein Täuschungsmanöver, auf das der Westen reinzufallen drohe. Denn mit einer angeblichen Bereitschaft zum Frieden möchte Putin lediglich erreichen, dass keine neuen und härteren Sanktionen verhängt werden.

Wenn Putin nicht bereit ist, Frieden zu schließen, wie wird dieser Krieg dann enden können? SPD-Politikerin Katarina Barley teilt die Hoffnung, dass Putin, der sich sowieso schon in Lügengeschichten verstrickt habe, auch eine Lüge einfallen wird, um gesichtswahrend aus diesem Krieg zu kommen.

Röttgen hingegen ist überzeugt, dass dieser Krieg Russland selbst stark auszehren werde. Die Bevölkerung werde irgendwann die Sanktionen stark zu spüren bekommen und gegen den Krieg und die Regierung protestieren. "Es kann nur in Russland passieren", so der CDU-Politiker. Denn auch Röttgen erkennt die angeblichen Verhandlungen Putins lediglich als Kriegstaktik an: "Die traurige und schreckliche Analyse: Putin hat nur noch militärische Optionen."

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