1995, irgendwo auf dem Balkan: Die Entfernung einer Leiche aus einem Brunnen wird für ein Helferteam in der makabren Absurdität des Nachkriegs zur Odyssee.
Mambrú (Benicio del Toro), Sicherheitsfachmann der Hilfsorganisation "Aid Across Borders", blickt hinab in den Brunnen. Auf dem Grund ist der massige Körper eines Toten gut festgezurrt. Ein Seil läuft hinauf über den Brunnenrand zu einem Auto, an dessen Steuer Dolmetscher Damir (Fedja Stukan) sitzt. Vorsichtig setzt er den Wagen zurück. Das Seil reißt trotzdem. Die Leiche saust in die Tiefe. Der Brunnen ist damit vorerst nicht zu reinigen, die Bevölkerung eines Dorfes auf dem Balkan des Jahres 1995 ohne Wasser. Ein Königreich für ein neues Seil! Denn das gerissene will sich partout nicht ersetzen lassen. "A Perfect Day" inspiziert eine absurde Situation zwischen Krieg und Frieden mit den Mitteln einer komödiantischen Parabel und quasidokumentarischer Wirklichkeitstreue. Das wird für den Film eine Gratwanderung – nicht ohne ärgerliche Abstürze. Die Free-TV-Premiere wird auf ProSieben ausgestrahlt.
"Aber hier sind doch Seile, ich fasse sie gerade an!", ruft Mambrús Kollege "B" (Tim Robbins) in einem Laden aus. Nur ist der Besitzer nicht gewillt, ihm seine Ware zu verkaufen. Man brauche die Seile, um Leute zu erhängen, dolmetscht Damir und ergänzt: "Die haben hier eine andere Auffassung von Humor." Auch das Seil eines Fahnenmastes wird ihnen verwehrt – die Nationalflagge soll schließlich hängen bleiben. Mambrú hat derweil Stress mit der Neuen in seinem Team, der Paragrafenreiterin Sophie (Mélanie Thierry), aber vor allem mit seiner Ex-Geliebten Katya (Olga Kurylenko), die die Arbeit der Gruppe evaluieren soll – und sie damit womöglich abschafft.
Doch Mambrú trifft auch den kleinen Nikola (Eldar Residovic). Der behauptet, bei seinem Elternhaus gebe es ein Seil. Er würde sie in ihren Jeeps hinführen, wenn sie ihm aus einem vom Krieg zerstörten, einsturzgefährdeten Gebäude seinen Fußball holen. Das ist leichter gesagt als getan: Eine Straßensperre erfordert endlose Umwege über enge Serpentinen. Eine tote Kuh, unter der vermutlich ein Sprengsatz liegt, zwingt gar zur Übernachtung auf der Straße. Und zu allem Übel: Das versprochene Seil befindet sich in Benutzung, gebunden an einen bissigen Hund namens Tyson.
"A Perfect Day" macht so etwas Einfaches wie die Beschaffung eines Seils zum Ausgangspunkt eines absurden Abenteuers. Die Spuren eines schrecklichen Völkermordes werden dabei sichtbar. Zweifellos ist das eine reizvolle Idee des Regisseurs und Autors Fernando León de Aranoa. Doch die allzu konsequente Ausführung strapaziert über die Maßen die Glaubwürdigkeit. Dass ein erfahrener Experte wie Mambrú nicht sieht, dass das Seil zu Beginn des Films im Begriff ist zu reißen, will nicht einleuchten. Noch weniger aber, dass Tyson offenbar Wochen und Monate ohne Futter auskam und auch seine Fessel nicht zerbissen hat. Das schließlich beschaffte Seil ist später nicht wiederzuerkennen.
Mangelnde Gründlichkeit offenbart sich nicht nur in den Details. Auch die Charakterisierung der Figuren lässt zu wünschen übrig. Das Casanova-Etikett klebt an Mambrú mehr schlecht als recht. Olga Kurylenkos Katya wird einfach mit dem Leinwand-Image der Russin als erotische Troublemakerin kurzgeschlossen. Welche Fantasien sich mit ihr verbinden, darf Tim Robbins als Witzbold B in sarkastische Frivolität kleiden. Im Übrigen nutzen sich die Scherze auf Basis von Missverständnissen rasch ab. Mit der makabren Wahrheit um den Verbleib von Nikolas Eltern, die Mambrú und Sophie zufällig lüften, erhält der Film allerdings ein emotionales Zentrum, das dem Grauen des Themas gerecht wird.