Aus dem Nichts
28.09.2020 • 22:30 - 00:05 Uhr
Spielfilm, Drama
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Katja (Diane Kruger) trifft sich nach einem langen Prozesstag mit ihrem Anwalt Danilo (Denis Moschitto) noch in einer Bar.
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Vor Gericht, in Anwesenheit ihres Anwalts Danilo Fava (Denis Moschitto),  muss die als Nebenklägerin auftretende Katja (Diane Kruger), Details über den Tod ihrer Familie anhören.
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Katja (Diane Kruger) ringt mit sich und fasst einen tödlichen Entschluss.
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Mit dem Schrecken davon gekommen: Ein rücksichtsloser Autofahrer hätte beinahe Katjas (Diane Kruger) sechsjährigen Sohn Rocco (Rafael Santana) verletzt.
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Originaltitel
Aus dem Nichts
Produktionsland
D, F
Produktionsdatum
2017
Altersfreigabe
16+
Kinostart
Do., 23. November 2017
Spielfilm, Drama

Die Summe der Teile

Von Gabriele Summen

Große Namen alleine machen noch keinen guten Film: Fatih Akins Drama "Aus dem Nichts" bleibt weit hinter seinem Potenzial zurück – trotz einer großartig aufspielenden Diane Kruger in der Hauptrolle.

Quälend lange hat es gedauert, bis die zwischen 2000 und 2006 verübten NSU-Morde an neun Migranten in Deutschland endlich aufgeklärt wurden. Bis 2011 schlossen die Ermittler einen rechtsextremen Hintergrund aus, suchten die Täter in der türkischen Gemeinde. 2017 widmete sich Fatih Akin, Sohn türkischer Einwanderer, in seinem fiktiven Drama "Aus dem Nichts" der viel zu wenig beachteten Opferperspektive: dem doppelten Leid, das den Hinterbliebenen durch die menschenverachtende Tat sowie die verschleppte Aufklärung durch den Staatsapparat zugefügt wurde. Doch leider gelingt es ihm und seinem Co-Autor Hark Bohm trotz ihrer mitreißenden Hauptdarstellerin Diane Kruger kaum, ihr arg durchschaubares Drehbuch zum Leben zu erwecken. Nun zeigt das ZDF den Film erstmals im Free-TV.

Das in Cannes uraufgeführte deutsche Drama beginnt mit einer wacklig eingefangenen Liebesheirat im Knast: Die schöne Studienabbrecherin Katja (Diane Kruger) heiratet den Ex-Haschisch-Verkäufer Nuri (Numan Acar). Acht Jahre später sind die beiden immer noch ein glückliches Paar. Nuri ist mittlerweile resozialisiert und betreibt ein Büro für Steuerberatungen und Übersetzungen im türkischen Viertel Hamburgs. Katja kümmert sich unterdessen um die Buchhaltung und ihren geliebten, gemeinsamen Sohn Rocco (Rafael Santana). Doch als sie eines Abends ihre Liebsten abholen will, muss sie erfahren, dass die beiden bei einem Nagelbombenattentat höchstwahrscheinlich ums Leben gekommen sind.

Kurz vor dem Anschlag hatte Katja vor dem Ladenlokal ihres Mannes noch eine junge Frau darauf hingewiesen, dass sie ihr neues Fahrrad samt Gepäckbox besser abschließen solle. Dies erzählt sie auch sofort dem Kommissar, der sie noch am selben Abend schonungslos befragt. Dennoch geht dieser erst einmal stur davon aus, dass die Täter in Nuris privatem Umfeld zu suchen sind.

Tolle Hauptdarstellerin, aber schwaches Drehbuch

Ihre Auszeichnung als beste Darstellerin erhielt Diane Kruger bei den Filmfestspielen von Cannes völlig zu Recht: Den unfassbaren Schmerz, der "aus dem Nichts" über sie hereinbricht, spielt die 44-Jährige so schonungslos und glaubwürdig, dass man die meiste Leinwandzeit über mit ihr in einer Haut zu stecken meint. Umso bedauerlicher ist es, wenn man aus diesem tiefen Mitgefühl durch allzu funktionale Figurenzeichnung und konstruiert wirkende, bedeutungsschwere Handlungssegmente herausgerissen wird.

Nach der ersten Phase der Trauer, in der es platt metaphorisch immerzu regnet, sich Katja mit Drogen betäubt und sogar das Leben nehmen will, nimmt die junge Frau unterstützt von Anwalt Danilo (Denis Moschitto) den Kampf um Gerechtigkeit auf. In diesem schwächeren, TV-Gerichtsdrama-artigen zweiten Akt treten neben der Nazibraut Edda (Hanna Hilsdorf) und ihrem gleichgesinnten Ehemann André Möller (Ulrich Friederich Brandhoff) auf: ein karikaturhaft wirkender, ebenfalls von Naziideologie verseuchter Strafverteidiger, eine Pathologin, die ungerührt die diversen tödlichen Verletzungen der Mordopfer aufzählt, ein falscher griechischer Entlastungszeuge, der der rechtsradikalen griechischen Partei "Goldene Morgenröte" angehört, sowie der von Ulrich Tukur gespielte Vater des Neonazibuben.

Wie die Sache vor Gericht ausgeht, lässt sich aufgrund des allzu schematischen Drehbuchs absehen. Überraschender gelingt hingegen der Schluss, der den Zuschauer durchaus mitreißen könnte. Tatsächlich fühlt man sich, nachdem der Vorhang gefallen ist, eher leer und durch eine allzu simple Dramaturgie manipuliert: Das Ganze ist eben doch nicht immer mehr als die Summe seiner Teile.

Aus dem Nichts – Mo. 28.09. – ZDF: 22.30 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Der Trailer zu "Aus dem Nichts"

Darsteller

Für ihre Rolle in Fatih Akins "Aus dem Nichts" erhielt Diane Kruger den Darstellerpreis der 70. Filmfestspiele von Cannes.
Diane Kruger
Dennis Moschitto in Fatih Akins "Der Name Murat
Kurnaz"
Denis Moschitto
Multitalent: Ulrich Tukur.
Ulrich Tukur
Adam Bousdoukos trägt ein Jackett und lächelt.
Adam Bousdoukos
Weitere Darsteller
Numan Acar Johannes Krisch Ulrich Brandhoff Hanna Hilsdorf Henning Peker Laurens Walter Uwe Rohde Aysel Iscan Christa Krings Jessica McIntyre Melanie Struve Samia Chancrin Karin Neuhäuser Şiir Eloğlu Rafael Santana Melanie Adler Thuy-Van Truong Yasar Cetin Χρήστος Βουδούρης Cem Akin Torsten Lemke

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