13.04.2021 Architektur aus der Jungsteinzeit

Pfahlbauten am Bodensee: Hingucker mit langer Geschichte

Von Brigitte Bonder
Das Pfahlbaumuseum in Mühlhofen-Unteruhldingen.
Das Pfahlbaumuseum in Mühlhofen-Unteruhldingen. Fotoquelle: picture alliance/dpa | Felix Kästle

Die Pfahlbausiedlungen an den Seen des Alpenvorlandes aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit zählen zu den herausragenden archäologischen Fundstätten Europas. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für die frühe Geschichte der Menschheit stehen sie heute unter dem Schutz des UNESCO-Welterbes. Besucher können im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen zwischen Meersburg und Überlingen am Bodensee eine Zeitreise unternehmen.

Was sind Pfahlbauten?

Einfache Holzbauten auf Pfählen an Flüssen, Sümpfen, am See oder am Meer werden als Pfahl- oder Stelzenbauten bezeichnet. Der Pfahlbau schützte die Häuser vor Hochwasser, aber auch vor Raubtieren oder feindlichen Stämmen.

Rund um die Alpen, in den Seen und Mooren in Österreich, Deutschland, Ostfrankreich, Oberitalien, Slowenien und der Schweiz sind heute mehr als 900 Pfahlbau-Fundstellen registriert. Mit rund 120 Siedlungsplätzen gibt es in Süddeutschland besonders viele Pfahlbausiedlungen, die in der Flachwasserzone des Bodensees, aber auch am Federsee und in weiteren Kleinseen und Mooren Oberschwabens liegen. Interessierte bekommen einen guten Einblick in die Pfahlbautechnik beim Besuch des Pfahlbaumuseums in Unteruhldingen am Nordufer des Bodensees zwischen Meersburg und Überlingen.

Welches Holz verwendet man für Pfahlbauten?

Die Häuser der Pfahlsiedlungen wurden zumeist auf mehreren Metern langen Baumstämmen oder gespaltenen Stämmen errichtet, die in der Regel nicht dicker als 15 Zentimeter waren. Prähistorische Funde belegen, dass vielfach Tannenholz für die Häuser am Wasser verwendet wurde. Es gilt als fest und stabil und kann auch mit einfachen Werkzeugen gut bearbeitet werden.

Wie alt sind die Pfahlbauten am Bodensee?

Viele Jahrtausende konzentrierten sich die Siedler in Westeuropa auf fruchtbare Lößgebiete, die für Ackerbau und Viehzucht gut geeignet waren. Die Bauern im Mittelmeerraum hingegen hatten ein enges Verhältnis zum Wasser und gründeten bereits um 5.300 v. Chr. vereinzelte Siedlungen an Seen. Um 5.000 v. Chr. experimentierten einige Völker an norditalienischen Seen am Alpenrand mit der Errichtung von Pfahlbauhäusern am feuchten Ufer und im Wasser. Die neue Bauweise breitete sich im gesamten Alpenraum aus, und so entstanden von der Steinzeit bis in die Eisenzeit um 500 v. Chr. zahlreiche Pfahlbausiedlungen an Seen, die seit über 150 Jahren als archäologische Funde ans Tageslicht kommen.

Ab 4.300 v. Chr. wurden auch die Ufer der Seen in Süddeutschland mit Pfahlbaudörfern besiedelt. Im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen am Bodensee werden beispielhaft die archäologischen Ergebnisse der unter Schutz gestellten Dörfer aus Hornstaad (3.900 v. Chr.), Sipplingen (3.300 v. Chr.) und Unteruhldingen (900 v. Chr.) gezeigt. Die Erhaltung der archäologischen Funde im Schlamm unter Wasser im Sauerstoffabschluss ergab einzigartige Rekonstruktionsmöglichkeiten für das frühe Leben am See. Das Museum Unteruhldingen gilt heute als das älteste Freiluftmuseum Deutschlands. Besucher können auf einem Rundweg eine Zeitreise unternehmen und mehr über das Leben in der Steinzeit und in der Bronzezeit am See rund um das heutige Uhldingen-Mühlhofen erleben.

Wie wurden Pfahlbauten gebaut?

Die Menschen rammten an seichten Stellen von Flüssen oder Seen ganze oder gespaltene Baumstämme in den Boden. Je nach Wasserstand waren diese Pfähle zwischen drei und fünf Meter lang und maximal 15 Zentimeter dick. Schwere Steine am Fuß der Pfähle sollten für mehr Stabilität sorgen. Auf diesem Gerüst wurden Häuser und Hütten zumeist ebenfalls in Pfahlbau-Technik errichtet, mit Lehm verkleidet und mit Stroh oder Reisig gedeckt.

Wo sind die Pfahlbauten am Bodensee?

Rund um den Bodensee befinden sich zahlreiche Fundstätten von Pfahlbauten. Die meisten liegen im Nordwesten des Sees zwischen Konstanz, Friedrichshafen, Überlingen und Meersburg sowie in der Schweiz. Zu den bekanntesten Pfahlbaudörfern am Bodensee zählt das älteste Freilichtmuseum Deutschlands in Uhldingen-Mühlhofen. Im Pfahlbaumuseum wurden in aussichtsreicher Lage über dem Bodensee in einem weitläufigen Museum 23 Pfahlbauhäuser rekonstruiert und spannende Alltagsobjekte der Stein- und Bronzezeit ausgestellt. An ausgesuchten Punkten informieren professionelle Guides auf unterhaltsame und anspruchsvolle Weise über die Dörfer des Museums. Über Informationstafeln und das "Haus der Fragen" erleben Besucher die Geschichte des Pfahlbaus rund um Unteruhldingen am Bodensee.

Seit 2011 gehören die Pfahlbauten rund um die Alpen zum Welterbe der UNESCO. 111 Orte in sechs europäischen Ländern zählen dazu, darunter neun am Bodensee. Auf deutscher Seite gibt es neben dem Museum in Unteruhldingen zwischen Konstanz und Friedrichshafen weitere prähistorische Fundstätten in Konstanz Hinterhausen, in Wollmatingen-Langenrain im Südosten von Konstanz sowie Litzelstetten-Krähenhorn gegenüber der Ortschaft Unteruhldingen. Eine weitere Fundstelle befindet sich in Unteruhldingen-Stollenwiesen (Uhldingen-Mühlhofen). Sie stellt das bedeutendste Pfahlfeld einer ehemals stark befestigten spätbronzezeitlichen Siedlung am Bodensee dar.

Warum wurden Pfahlbauten errichtet?

Die Menschen in der Stein- und Bronzezeit begannen damit, ihre Häuser auf Pfählen an Ufern von Seen oder Flüssen zu errichten. Durch die Höhe waren die Unterkünfte vor wechselnden Wasserständen und Hochwasser, aber auch vor wilden Tieren geschützt. Auch im Falle des Angriffs durch feindliche Stämme boten die Bauten einen gewissen Schutz.

Weitere Tipps für eine Reise zum Bodensee:

Über die Autorin: Brigitte Bonder ist seit über zehn Jahren als freie Journalistin für reichweitenstarke Tageszeitungen und Special-Interest-Magazine tätig. Ihr Schwerpunkt liegt seither auf wissenschaftlichen Themen, wie Medizin, Technik und Naturwissenschaften. Für das Ressort Reise ist sie unter normalen Umständen jeden Monat für ihre Leser unterwegs und recherchiert vorwiegend zu naturnahen und nachhaltigen Erlebnissen in Deutschland.

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