Doku-Interview bei RTL

Das Phänomen Günther Jauch: Oliver Pocher als Investigativ-Journalist

von Eric Leimann

Warum ist ein Mann wie Günther Jauch im deutschen Fernsehen so unfassbar erfolgreich? RTL versucht diese Frage mithilfe von Oliver Pocher 2019 zu beantworten und zeigt das Doku-Interview nun erneut.

RTL
Das Phänomen Günther Jauch
Doku/Reportage • 06.07.2020 • 20:15 Uhr

Der Höhepunkt des Günther-Jauch-Hypes lag vielleicht um das Jahr 2003 herum. Damals wurde eine Emnid-Umfrage veröffentlicht, aus der hervorging, dass 49 Prozent der Deutschen sich den TV-Moderator gut als Bundeskanzler oder Bundespräsident vorstellen könnten. Klar ist, das Ansehen des am 13. Juli immerhin auch schon 64 Jahre alt werdenden Moderators geht weit über jenes üblicher TV-Stars hinaus.

"Das Phänomen Günther Jauch", so der Titel eines von Oliver Pocher in der Kulisse von "Wer wird Millionär" geleiteten Formats zwischen Doku und biografischem Quiz, ist gar nicht so leicht erklärbar. Der schlaksige Mann mit Brille sieht unauffällig aus und führt ein zurückgezogenes Leben. Wenn es um den Schutz der Privatsphäre geht, ist der Vater von zwei leiblichen und zwei Adoptivkindern, tendenziell klagefreudig. Die Jauchs wollen auf ihrem Potsdamer Anwesen und auch sonst wo ihre Ruhe haben. Alles Eigenschaften, von denen man annehmen könnte, sie trägen nicht dazu bei, Jauch zu einer Ikone der Deutschen, zum Vertrauenslehrer der Nation oder gar zum anfangs zitierten Bundeskanzler der Herzen zu machen.

Ob eine zweistündige RTL-Sendung mit Oliver Pocher als Investigativ-Journalist das "Phänomen Günther Jauch" beschreiben oder gar erklären kann? Zumindest beleuchtet sie die Stationen Jauchs vom Messdiener, übers abgebrochene Jurastudium und eine Radiokarriere, die er gemeinsam mit seinem Freund Thomas Gottschalk beim Bayerischen Rundfunk machte, hin zu jenen TV-Jobs, die anfangs alles andere als staatstragend waren. An den Schläfen ergraute Zuschauer erinnern sich vielleicht noch an einen dürren Burschen in bunten Klamotten, der sich von Hubschraubern abseilte und dabei in hektischer Offenheit ins Mikro moderierte: "Rätselflug" hieß das erste TV-Format des Gefeierten, bei dem er als Reporter ein Gelände-Quiz an wechselnden Schauplätzen lösen musste. Vom grandiosen TV-Flop der Jahre 1982/83 wurden damals immerhin zwölf Folgen produziert. Jauchs Karriere hatte dieser Einstieg ins Medium, das für seinen großen Ruhm sorgen sollte, allerdings nicht geschadet.

Es folgte die Moderation des kultigen BR-Jugendformats "Live aus dem Alabama", Shows wie "Na siehste!" und ab 1988 dann endlich staatstragende Aufgaben wie "das aktuelle sportstudio" und natürlich der amtliche Jahresrückblick im ZDF, die Show "Menschen 1996". 1990 kehrte Jauch dem Öffentlich-Rechtlichen den Rücken und wechselte zu RTL, wo er neben "stern TV" und dem Bayerischen Fernsehpreis 1998 für die Moderation des Torzusammenbruchs während der Champions League-Partie Real Madrid gegen Borussia Dortmunds (mit Marcel Reif) ab 1999 mit "Wer wird Millionär?" noch einmal einen Karrieresprung hinlegte. Irgendwann war Jauch so wirkmächtig, dass ihm die ARD ohne Erfahrungen als Politjournalist von 2011 bis 2015 gar die Aufgabe der großen politischen Sonntags-Talkrunde übertrug. Ein Job, für den er – trotz starker Quoten – durchaus auch Kritik einstecken musste.

Dass Günther Jauch zu jenen Entertainern zählt, denen man zutraut, dass sie an Kandidaten gerichtete Fragen auch ohne Knopf im Ohr oder Lösungszettel in der Hand selbst beantworten könnten, ist Teil der Jauchschen Erfolgsaura. Dass es sich dabei um mehr als nur tiefenpsychologische Massen-Projektion handelt, zeigen Shows wie "5 gegen Jauch" (seit 2009), in denen sich der Super-Star auch selbst der Möglichkeit des Scheiterns stellt.

Jauch ist sozial sehr engagiert, er ist authentisch, subtil witzig – und er hängt nichts von dem, was er tut, an die große Glocke. Vielleicht ist es jenes Bündel Eigenschaften, was den Erfolg des Jedermann-Deutschen am griffigsten erklärt. Ob Oliver Pocher zum gleichen Ergebnis kommt, kann man sich nun noch einmal ansehen. Eventuell, so die RTL-Redaktion, soll das Format wegen der gegenüber der Erstausstrahlung längeren Sendezeit, noch ein wenig aufgefrischt, sprich: aktualisiert werden.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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