"Tatort"-Check

Die Humorfraktion: Niemand lacht über Parzival

29.05.2015, 15.29 Uhr
von Detlef Hartlap
Auf dem Fahrrad telefonieren ist eigentlich verboten, aber wenn einem der eifrige Prof. Boerne (Jan Josef Liefers, l.) auf den Fersen ist, übertritt Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, r.) auch schon mal das Gesetz.
BILDERGALERIE
Auf dem Fahrrad telefonieren ist eigentlich verboten, aber wenn einem der eifrige Prof. Boerne (Jan Josef Liefers, l.) auf den Fersen ist, übertritt Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, r.) auch schon mal das Gesetz.  Fotoquelle: WDR/Willi Weber

Münster, Weimar und Saarbrücken. Axel Prahl und Jan Josef Liefers in Münster sind die Champions der jüngeren Tatort-Geschichte. Zwei großartige Mimen, die aus jedem Mist (Drehbuch, Regie) eine erträgliche bis prächtige Komödie machen können. Was zusehends nachlässt, ist die Teamhaftigkeit.

Offenbar fällt es den Drehbuchautoren immer schwerer, für Mechthild Grossmann (Staatsanwältin), Claus D. Clausnitzer (Vadder Thiel) und Christine Urspruch (Alberich) originelle Parts zu schreiben. Mechthild Grossmann wird auf ihre Nikotin-Sucht reduziert, ChrisTine Urspruch gibt den Resonanzkörper für die Beleidigungen von Prof. Boerne. Der Tag ist nicht fern, da der erste aus dem sechsköpfigen Münster-Team (auch Friederike Kempter gehört dazu) aussteigt.  

Weimar tendiert zur Groteske

Weimar tendiert zur Groteske. Christian Ulmen und Nora Tschirner praktizieren jene Leichtigkeit des Seins, wie man sie aus britischen Komödien kennt. Sie sind Jan-Böhmermann-Figuren, eingebunden in eine ziellos umherschweifende Handlung. Nichts ist ernst. Leichen werden kreuz und quer über das Weimarer Kopfsteinpflaster gefahren; oder sie erwachen in Gestalt ihres Zwillingsbruders zu neuem Leben.   

Weitgehend unverstanden dümpelt Saarbrücken mit Devid Striesow in der Hauptrolle vor sich hin. Ein freundlicher, wohlerzogener, eher versponnener Kommissar, der seine Verdächtigen auf einer roten Vespa verfolgt – das ist denn vielleicht doch zu viel für das Tatort-Publikum. Schlecht ist es deshalb nicht. Devid Striesow gibt den reinen Narr, Jung-Parzival,  der dem Verbrechen mit den Mitteln der Naivität gegenübertritt.

Das kann nur funktionieren, weil auch die Übeltäter eher dem Räuber-Hotzenplotz-Wald als der Unterwelt entspringen. Eine wunderbare Rolle für Striesow, aber (noch) kein Publikumserfolg. Eine feinsinnige Idee in einer wenig feinsinnigen Zeit.

Fazit: Münster dank Axel Prahl und Jan Josef Liefers immer noch top, aber von Erosionserscheinungen im Team gefährdet.

Weimar: schön lustig, aber unbedeutend und vermutlich nicht öfter als einmal im Jahr zu genießen.

Saarbrücken: So köstlich und kostbar Devid Striesows Spiel auch ist, das Konzept haut nicht wirklich hin.

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