Giuseppe Garibaldi / Andreas Hofer

Spektakuläre Geschichtsstunden bei ARTE

von Hans Czerny

Der eine, Giuseppe Garibaldi, einte Italien. Der andere, Andreas Hofer, leistete gegen Bayern und Napoleon im Freiheitskampf der Tiroler Widerstand. Doch was ist Mythos, was ist wahr – und welche Rolle spielte die große Politik? – Zwei aufwendige ARTE-Dokus gehen in die historische Tiefe.

ARTE
Giuseppe Garibaldi / Andreas Hofer
Dokumentation • 20.07.2019 • 20:15 Uhr

"Zu Mantua in Banden der treue Hofer war ..." – Die Tiroler Landeshymne, die Andreas Hofer als Volks- und Nationalhelden verklärt, ist im Andreas-Hofer-Film von Beverly Blankenship und Robert Neumüller (ZDF, 2017) nicht zu hören. Es geht denn auch darum, die ganze Wahrheit über den "Rebell gegen Napoleon" zu erzählen. Mit ernstem Pathos versammelt im gewohnten History-Reenactment der österreichische Erzherzog Johann nach der Niederlage von Austerlitz 1805 und dem Verlust Tirols seine Schützenhauptmänner um Andreas Hofer in Bruneck um sich, um sie auf die Rückgewinnung des Landes einzuschwören: "Der Tag wird kommen, wo Napoleon und die Bayern nicht länger unser heiliges Land vertreten, mein treuer Hofer!"

Da mag die bayerische Expertin die den Tirolern aufgebrummten Reformen aus heutiger Sicht noch so sehr als zweckvoll interpretieren: Ein Schock muss es ja doch gewesen sein, dass Tirol plötzlich "Südbayern" hieß und dass das Geld zum Entsetzen der Kleinbauern stark entwertet wurde. Der Erzherzog wusste indessen Andreas Hofer, den "Sandwirt" aus dem Passeier Tal, geschickt für seine Interessen einzusetzen und förderte die Propaganda aus Wien unter dem Schlagwort "Kampf um den Glauben". Mit Gewehren, Mistgabeln und Sensen wurde 1809 Innsbruck im Sturm erobert. Bei der Entscheidungsschlacht am Bergisel im August standen sich dann etwa 15.000 auf jeder Seite gegenüber, Hofer war übrigens nicht dabei, wie ein späteres Schlachtengemälde bezeugt. Als Hofer sich später noch einmal zu einem Aufstand hinreißen ließ, war Napoleons Amnestie, die "volle und gänzliche Verzeihung", längst fixiert. Der Erzherzog hatte seinen Schützling nicht informiert und somit Napoeleons Todesurteil ausgesetzt.

Während die Hofer-Doku (21.05 Uhr) mit zahlreichen früheren Spielfilmszenen bestückt ist – vom frühen Stummfilm bis hin zum Heldenepos mit Luis Trenker von 1932 -, lebt "Giuseppe Garibaldi – Frauenheld und Freiheitskämpfer", eine fürs ZDF produzierte Erstausstrahlung von 2018, von den Landschaftsbildern Italiens vom Piemont bis Sizilien, wo Garibaldi seine legendärsten Schlachten gewann. Der 1807 in Nizza geborene Fischersohn und Berufsrevolutionär hatte sich an der Seite seiner ersten Frau, der Brasilianerin Anita, im Kampf gegen Kaiser und Kirche in Rio verdient gemacht und beschloss nun gegen Spanien, Frankreich und den Papst, Italien zu vereinen. 67 Schlachten und 200 Zweikämpfe soll der blitzäugige, mit Löwenmähne gesegnete Waffenmann, der nur 1,63 Meter maß, geführt haben. Seine Erscheinung alleine habe die Gegner zur Aufgabe gezwungen, so wollte es später die Legende.

Während der Tiroler Hofer ein eher treuer Diener seiner Habsburger Herren war, hatte Garibaldi manche Tricks auf Lager. Am Lago Maggiore kaperte er zwei Dampfer und scharmützelte erstmals mit den Österreichern in Italien, Palermo eroberte er 1860 mithilfe der Engländer, weil die scharf auf sizilianischen Wein und auf den fürs Schießpulver benötigten Schwefel waren.

Dass aber auch viele Frauen, teils gleichzeitig, zu Garibaldis Eroberungen zählten, lockert den lehrreichen Historienfilm auf – von der braven Brasilianerin Anita, die selbst Mussolini noch zur Heiligen stilisierte, bis hin zur Gräfin Giuseppina, die bereits vor der Hochzeit zum Entsetzen des Freiheitskämpfers von einem anderen schwanger war. Und wenn auch die Legende vom 14.000-Dukaten-Ring, mit dem der Italien-Vereiniger den Feldherrn der Spanier auf Sizilien bestach (in Wahrheit war es ein Talmi-Ring), nicht stimmen mag, so ist sie doch auch schön. – Aus den beiden Biopics über Hofer und Garibaldi können nicht nur Stammtischbrüder manchen Nutzen ziehen – so hinreichend wird man hier mit Wissenswertem bestückt. Die Legende aber lebt und darf getrost weitergesponnen werden – spannender als mancher Gelehrtenkommentar ist sie allemal.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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