Sonntag am Tatort

Koppers letzter Mord

05.01.2018, 15.45 Uhr
von Florian Blaschke
Mario Kopper (Andreas Hoppe) will einen Freund beschützen.
BILDERGALERIE
Mario Kopper (Andreas Hoppe) will einen Freund beschützen.  Fotoquelle: © SWR/Roland Suso Richter

Spätestens, als Johanna Stern (Lisa Bitter) vor ihrer Haustür ein Päckchen "Ossa di morto" findet, weiß sie: Sie hat sich mit den Falschen angelegt. Denn diese "Totenknochen", ein Gebäck, das zu Allerseelen auf Sizilien gebacken wird, sind eine handfeste Drohung, ein Geschenk "von den Toten" an sie und ihre Kinder. Absender: die Stidda – eine Abspaltung der Cosa Nostra.

Diese Stidda nämlich hat einen langen Arm, einen, der bis nach Ludwigshafen reicht, wo Stern und Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) gerade in zwei Todesfällen ermitteln. Einer der Toten: ein Mafia-Kronzeuge, der sich in seiner Zelle in der JVA sorgfältigst das Leben genommen hat. Der andere: ein Mitglied der Stidda, das in einer Ludwigshafener Kneipe erschossen wurde. Von Mario Kopper (Andreas Hoppe).

Davon aber wissen Stern und Odenthal nichts, denn Kopper hat sich mit seinem alten Freund Sandro Giangreco (Michele Cuciuffo), den er gerade erst nach Jahren wiedergetroffen hat und auf den die Stidda es abgesehen hatte, aus dem Staub gemacht. Auch Sandro alias "Lo Bianco" will aussagen – und auch er will dafür Zeugenschutz. Kopper passt das zwar eigentlich gar nicht, viel lieber will er sich stellen und alles aufklären. Doch erstens verstrickt er sich mehr und mehr in den Fall – und zweitens vertraut er seinem alten Freund, während der Zuschauer mehr als nur einen Grund hat, genau das nicht zu tun.

Den Kater, den hat auch der Zuschauer

Koppers letzter Fall – nach fast 60 Fällen in 20 Jahren steigt Andreas Hoppe als Partner von Ulrike Folkerts aus – hat es in sich. Den Kater, den der knorrige Bulle am Morgen nach dem Schusswechsel hat – vom Schnaps, aber auch von der Leiche – den hat auch der Zuschauer. Fast schon körperlich leidet er mit. Doch das sind wir ja gewohnt bei dieser Figur, ob Italiensehnsucht oder Liebeskummer, irgendwas bei Kopper war ja immer. Und dann muss in dieser Folge auch noch sein geliebter Fiat 130 dran glauben. Als wäre nicht alles schon schlimm genug.

Mit dem geschickten Einstieg in diesen Tatort gelingt es, die Geschichte hinter der Geschichte, die in beinahe jedem Sonntagabendkrimi der ARD eine Rolle spielt, Stück für Stück in den Vordergrund zu zerren und aufzuwerten, bis sie nicht mehr Nebenschauplatz, sondern Mittelpunkt ist. Denn natürlich, am Ende geht es schon um die zwei Toten, aber mindestens bei dem einen ist man sich als Zuschauer ja schon sicher, dass es kein Mord war. Spannung? Gibt es trotzdem mehr als genug, und das ist vor allem der zwar übersichtlichen und klassischen, aber durchaus raffinierten Figurenkonstellation von Autor Patrick Brunken zu verdanken.

Zwar kommt die nicht ohne Klischees aus, der vermeintliche Ludwigshafener Pate hat – Madonna Mia! – natürlich ein Edelrestaurant und gehört somit zur lokalen Bussi-Bussi-Gesellschaft, und irgendwie ahnt man früh, dass "Kopper" ein Fall werden könnte, bei dem die Hintermänner und Hinterfrauen sich ihre weiße Weste nicht einfach so mit Pastasauce oder – noch schlimmer – Blut werden bekleckern lassen. Doch Tempo und das, was Schauspieler wie Michele Cuciuffo oder Lisa Bitter da treiben, hat durchaus Qualität. Selbs Paolo Sassanelli als italienischer Staatsanwalt Roberto di Noto schafft es nicht, das mit seiner Guido-Brunetti-Haftigkeit zu unterlaufen.

Trotzdem: Am Ende ist es nicht die Frage, wer denn hier wen erschossen hat oder wer wen hinter Gitter bringt (oder auch nicht), die diesen Tatort über 90 Minuten am Leben erhält, sondern die Frage, was mit Kopper passiert. Schließlich ist das sein letzter Fall, irgendwas müssen sich Brunken und Regisseur Roland Suso Richter, der damit schon seinen vierten Tatort gedreht hat, also haben einfallen lassen. Keine Sorge, wir spoilern nicht, aber ziehen durchaus den Hut. Es ist ein starker Abgang. Also mach's gut, Kopper. Und leg doch vielleicht bei den Kollegen des SWR noch ein gutes Wort ein, dass wenigstens Johanna Stern uns erhalten bleibt. Sie wäre eine würdige Nachfolgerin.

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