Diskussion bei Lanz

Impfstoffbeschaffung: Hat die EU am falschen Ende gespart?

Wer trägt die Schuld am holprigen Impfstart in Deutschland und der EU? Bei "Markus Lanz" am Dienstagabend schwankten die Politiker Karl Lauterbach, Malu Dreyer und Robert Habeck nach dem Impfgipfel zwischen Schuldzuweisungen und Optimismus.

Viele hatten sich mehr erhofft, doch die Reaktionen auf den sogenannten Impfstoffgipfel zwischen Bund und Ländern fielen eher verhalten aus. Gesundheitsexperte Karl Lauterbach war bei "Markus Lanz" am Dienstagabend dennoch der Meinung, dass der Gipfel viel Klarheit gebracht habe. Gastgeber Lanz unterstellte dem SPD-Politiker und Stammgast zu Beginn der Sendung regelrecht prophetische Fähigkeiten, habe Lauterbach doch bereits im August 2020 gesagt, im Sommer 2021 seien rund 20 Prozent der Menschen in Deutschland geimpft. Karl Lauterbach ist heute im Gegensatz zu seiner damaligen Prognose aber deutlich optimistischer und glaubt, Angela Merkel könne ihr Impf-Versprechen halten: "Das halte ich auch für darstellbar: Dass die, die geimpft werden wollen, auch geimpft werden können bis Ende September."

Den Grund dafür, dass es nicht schneller gehe, sah der Mediziner in der Strategie der Europäischen Union. "Ich bezahle etwas für die Forschung und bezahle etwas für die Impfung" – das sei der Plan gewesen. Aber für den Zwischenschritt der beschleunigten Produktion habe man nichts ausgegeben, während in den USA dafür viel Geld in die Hand genommen worden sei. Auch bei den Impfstoffen selbst habe man an der falschen Stelle gespart. So seien die USA nun besser versorgt, da sie Verträge abgeschlossen hätten, die ihr selbst im Falle einer einzigen Zulassung ausreichend Impfstoff garantiert hätten. "Ich glaube, dass die EU die Art, wie der Impfstoff gekauft worden ist, so nicht wiederholen würde", so Lauterbach.

Nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten hätte auch die EU von allen Impfstoffen mehr kaufen müssen, denn "Impfstoffe kosten im Vergleich zur Pandemie gar nichts." Diese Aussage untermauerte er mit einem Vergleich: "Der gesamte Impfstoff, den wir jetzt gekauft haben, der ist weniger wert als zwei, drei Tage Lockdown in der Gastronomie." Viele Impfstoff-Hersteller würden mit ihren Produkten wenig bis überhaupt nichts verdienen. Auch hier ging der Blick wieder über den Atlantik: Die USA hätten auf die Bevölkerung gerechnet siebenmal bis achtmal mehr für den Impfstoff investiert.

Mit der zugeschalteten Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, und dem im Studio anwesenden Grünen-Chef Robert Habeck waren zwei weitere Vertreter aus der Politik bei Markus Lanz zu Gast. Habeck waren die grundsätzlichen Beschwerden über das Vorgehen der EU offenbar zu einfach – er sieht insbesondere Deutschland in der Verantwortung. Schließlich habe die Bundesrepublik im entscheidenden Sommer die EU-Ratspräsidentschaft innegehabt und hätte in Sachen Einkauf großen Einfluss nehmen können. "Das Rumgehacke auf der EU – da zeigen mindestens vier Finger auf unser eigenes Land zurück".

Die Sache mit der Verantwortung war Kernthema der Impfstoff-Diskussion – und Gastgeber Markus Lanz hakte bei Malu Dreyer nach: In ihrem Bundesland, vor ihrer Haustür in Mainz, sei ein hochwirksamer Impfstoff entwickelt worden. Haperte es am Austausch, oder habe sie davon einfach zu spät gewusst? Es könne doch nicht sein, "dass der Impfstoff, der hier entwickelt wurde, überall auf der Welt verimpft wird, nur wir kommen da nicht ran".

Die SPD-Politikerin zog sich diesen Schuh allerdings nicht an. Die Impfstoffbeschaffung sei die Angelegenheit des Bundes beziehungsweise der EU. "Meine Aufgabe als Ministerpräsidentin ist es, die Impfung gut zu organisieren", stellte Dreyer klar. Ein "Herrschaftswissen", wie Lanz es bezeichnete, über die Fortschritte bei BionTech gäbe es demnach nicht. Dabei war die Ministerpräsidentin bemüht, Optimismus zu verbreiten – und wendete sich direkt an die Zuschauer. Trotz der Engpässe im ersten Quartal gäbe es kein "Riesenproblem" – Deutschland sei auf dem richtigen Weg.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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