Krimi im ZDF

Sarah Kohr jagt einen besessenen Killer

von Eric Leimann

In ihrem sechsten Fall im ZDF muss es die kickboxende Polizistin Sarah Kohr mit einem Killer aufnehmen, der einen chinesischen Geschäftsmann töten will. Auch diese Folge bietet wieder Action satt.

ZDF
Sarah Kohr: Schutzbefohlen
Kriminalfilm / Thriller • 01.02.2021 • 20:15 Uhr

In den 1990er-Jahren des deutschen Krimifernsehens wurde es als Innovation gefeiert, wenn weibliche Kommissare ermittelten. Meist kehrten Autoren, Produzenten und Darstellerinnen dann "weiche" Faktoren der Polizeiarbeit in den Vordergrund: Intuition, emotionale Intelligenz und so weiter. Dinge, die "Mann" Frauen gerne zugesteht, sofern er am Ende die Entscheidungen trifft. Bei der Figur Sarah Kohr, deren Kimi-Portfolio im ZDF pro Jahr um einen Film erweitert wird, ist die Sachlage anders. LKA-Polizistin Kohr, gespielt von Lisa Maria Potthoff, erlaubt sich keinerlei Gefühlsduselei und löst zweifellos erlittene Traumata mit präzise ausgeführten Tritten und Faustkantenschlägen gegen oft männliche Widersacher. Dass ihr zierlich-durchtrainierter Körper dabei in enger schwarzer Kleidung steckt und ein streng nach hinten gebundener Zopf den Blick auf eine analytische Denkerstirn freilegt, ist ebenfalls kein Zufall: Sarah Kohr nimmt unter all den deutschen Ermittlerinnen die zuvor unbesetzte Planstelle der Actionfigur ein. Die hart arbeitende Lara Croft mag ihr als explizites Vorbild dienen.

Im mittlerweile sechsten Film der Reihe verhindert Sarah Kohr gleich in der ersten Szene einen tödlichen Anschlag auf den chinesischen Geschäftsmann Mian Chen (Vu Dinh) und dessen kleine Tochter. Schon Chens Vater war in Hamburg unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen. Offenbar existieren einflussreiche Feinde des für die Hansestadt sehr lukrativen Groß-Deals mit den Chinesen, der den Hafen voranbringen soll. Zwar lässt sich der ebenso gefährdete wie sensible Chen von einem privaten deutschen Sicherheitsteam rund um Ex-Polizist Olaf Stölzer (Max Simonischek) schützen, doch es konnten den Anschlag nicht verhindern. Bald kommt heraus, dass Sarahs ehemaliger Kollege Henning Lanz (Sebastian Blomberg) der perfide Killer ist. Chen, dessen Tochter sowie seine Assistentin und heimliche Geliebte Marie Berger (Anna Unterberger) müssen weiter um ihr Leben fürchten, während sie auf den Hamburger Unterzeichnungstermin des Vertrages warten.

Staatsanwalt Anton Mehringer (Herbert Knaup) stellt Sarah als weiteren Bodyguard ab, um Chens Villa und ihre Bewohner zu schützen. Die neue Mitarbeiterin stößt beim privaten Sicherheitsteam allerdings auf Argwohn – und auch der mysteröse Killer scheint ein eigenes Katz- und Maus-Spiel mit Ex-Kollegin Sarah Kohr zu treiben.

Wer auf realistische Krimiplots und lebensnahe Figuren steht, sollte die Kohr-Krimis des ZDF grundsätzlich meiden. Man möchte fast sagen, dieser Film dürfte eines der knalltütigsten und irrationalsten Fiction-Machwerke des noch jungen Fernsehjahres 2021 sein. Sämtliche Erzählstränge und Wendungen sind aus dem Thriller-Fundus der letzten Jahrzehnte zusammengeklaut – und dennoch kann man sich das Ganze anschauen. Letzteres liegt zum einen an der sehr Kino-mäßigen Regie von Bruno Grass (übrigens der Sohn von Schriftsteller-Gigant Günter Grass) sowie der liebevollen Überzeichnung der Figuren durch das starke Schauspielensemble: Sebastian Blomberg als grimmiger Superbrain-Killer oder Max Simonischek als hünenhafter Hipster-Detektiv entfalten eine Aura, der man gerne beiwohnt.

Auch Lisa Maria Potthoff, die selbst ambitioniert Kampfsport betreibt und die zahlreichen Actionszenen in der Regel selbst meistert, scheint immer mehr mit ihrer Rolle zu verschmelzen und sie als echte Aufgabe zu betrachten. Sarah Kohr, deren Drehbücher seit Film zwei von Timo Berndt ("Die Toten vom Bodensee") geschrieben werden, ist für die Kritik ein leichtes Opfer. Die Plots sind hanebüchen, die Ästhetik der Filme könnte man als Blockbuster-Kino für Arme geißeln. Andererseits gilt es festzuhalten, dass hier mit vergleichbar schmalem Budget sehr solides Action-Fernsehen mit starken Hamburg-Bildern (Kamera: Tobias Schmidt) und soliden Kampfszenen gebastelt wird. Man möchte Sarah Kohr jedenfalls nicht zur Gegnerin haben – allein schon deshalb verbietet sich eine neagtive Kritik.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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