"The Prom"

Netflix-Musical setzt beschwingtes Zeichen gegen Homophobie

von Andreas Fischer

In dieser Komödie tanzen Stars wie Meryl Streep und Nicole Kidman auf den Tischen: Schöner als die Netflix-Musicalverfilmung "The Prom" kann ein Plädoyer für Toleranz nicht sein.

Ein glanzvolles Jahr war 2020 nun wirklich nicht, immerhin lässt es Netflix ab 11. Dezember in einem Glitzerregen zu Ende gehen, in einer Extravaganza von Film, in der alles, aber auch alles übertrieben ist. Und das ist genau richtig so! "The Prom" ist purer Eskapismus, eine Film gewordene Broadway-Show mit Starbesetzung: Meryl Streep, James Corden, Nicole Kidman, Kerry Washington singen, tanzen und spielen den Frust einfach weg.

In den Schatten gestellt wird die Hollywood-Garde dabei von der Newcomerin Jo Ellen Pellman, die mit unbekümmerter Frische und (fast) nimmermüdem Lächeln als Schülerin Emma zu lieben versucht, wen sie will. Das ist in Indiana, im sogenannten Heartland der USA, noch weniger einfach als anderswo. Vorurteile, Ablehnung, regelrechter Hass – wer anders ist, als die vermeintliche Norm, wird gnadenlos ausgegrenzt.

Emma soll vom Abschlussball ihrer Highschool ausgeschlossen werden – weil sie lesbisch ist und ihre Freundin als Date mitbringen will. Die Eltern laufen Sturm, die Schulbehörde droht den Ball abzusagen – und am Broadway beschließt ein Quartett abgehalfterter Stars einzugreifen: "Wir helfen der kleinen Lesbe, ob es ihr gefällt oder nicht!"

Vor allem Dee Dee Allen (Streep) und Barry Glickman (Corden) wollen ihre Karriere nach einem Bühnendesaster wieder in Schwung bringen: Mit dem Einsatz für eine gute Sache hoffen sie auf gute Publicity. Also machen sich die linksliberale Narzissten auf in die Provinz, um den Hinterwäldlern ein Liedchen zu singen von Toleranz und Weltoffenheit – und laufen damit gnadenlos auf.

Wer angesichts der heiteren Übertreibungen denkt, in "The Prom" geht alles seinen geregelten Gang zum Happy End, wird eines Besseren belehrt. Nichts wird gut, alles noch schlimmer. Und das ist, bei allem Pomp und bei aller Spielfreude, das, was den unwiderstehlich beschwingten Film, ziemlich spannend macht.

Klar, Regisseur Ryan Murphy hat vordergründig eine bombastische Glanz- und Glitterrevue inszeniert, scheut keine Übertreibung und setzt jede Dialogzeile als emotional-manipulatives Augenzwinkern ein. Aber er lässt auch Unsicherheiten und Ängste zu – und geht den Ursachen für gesellschaftlich gelernte Intoleranz auf den Grund.

Einige Dummheiten lassen sich mit der Bibel noch wegargumentieren, andere Motive für Homophobie der Hilflosigkeit geschuldet. Das ist umso erschreckender, als dass sie auf der Erkenntnis fußen, dass das Leben ziemlich Mist ist, wenn man lesbisch oder schwul ist. Vor allem in einer Kleinstadt in Indiana: Nicht umsonst spielt der Film im Herzen Amerikas, in der Mall, in der Highschool, eben dort, wo sich die stinknormalen Leute herumtreiben.

Nicht zuletzt ist "The Prom" eine großartige Liebeserklärung an das Theater und eine Erinnerung an die Verantwortung seiner Stars: Eine gute, herzerwärmende Show ist für viele Menschen die perfekte Möglichkeit, ein paar Stunden dem Alltag zu entfliehen – und zu entdecken, wie schön die Welt eigentlich kann.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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