Start der neuen Staffel

Warum das Dschungelcamp beste Unterhaltung sein kann

16.01.2015, 11.33 Uhr
von Jasmin Buck

Heute startet die neunte Staffel der umstrittenen RTL-Show. Unsere Autorin guckt sie mit Begeisterung – und steht dazu. Dabei verstößt sie auch bewusst gegen eigene und gesellschaftliche Regeln.

Diese Zeilen werden mich direkt ins gesellschaftliche Abseits katapultieren. Mein Abitur, mein fünfjähriges Studium und mein Volontariat werden mir am Ende nichts mehr nützen. Und was am schlimmsten ist: Ich werde gegen den ersten Artikel des Grundgesetzes verstoßen, der da lautet: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Ja, meine nächtliche Freizeitbeschäftigung macht mich ab heute wieder zu einem grausamen Menschen. Mich und acht Millionen andere Zuschauer, die das RTL-Dschungelcamp gucken.

Qualität und Ehrlichkeit

Die Vorfreude ist riesig. Geht es doch um die beste Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen. Davon bin ich überzeugt. Denn das Dschungelcamp gibt gar nichts anderes vor, als lupenreiner TV-Trash zu sein. Das macht die Qualität und die Ehrlichkeit der Show aus. Die Moderatoren Daniel Hartwich und Sonja Zietlow lästern ungehemmt über die Kandidaten und stellen sich so auf die Seite der Zuschauer. Und selbst die Promi-Kandidaten wissen, dass die RTL-Sendung nur die Resterampe ihrer Showkarriere ist. Und deshalb ist das Dschungelcamp-Schauen ein bisschen wie das Verzehren von Känguru-Hoden: Geschmackssache. Aber wirklich schaden kann es auch nicht.

Ich bin kein Voyeur. Mir geht es nicht darum zu erfahren, wer Emu-Blut bei der Dschungelprüfung trinkt oder krabbelnde Kakerlaken verspeist, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich will Menschen dabei zusehen, wie sie sich in einer Gruppe verhalten, wie sie sich entwickeln, sich behaupten, für andere einstehen - oder eben nicht. Ich erlebe als Zuschauer soziale Prozesse, wie sie in jedem x-beliebigen Betrieb täglich zu beobachten sind. Das Ego-Getue findet jetzt halt nur am Lagerfeuer statt - und nicht am Konferenztisch. Gelästert wird vor dem Plumpsklo - und nicht in der Kantine. Den Zicken-Krieg gibt es vor laufender Kamera - und nicht hinter verschlossenen Büro-Türen.

Menschen, Gefühle und Konflikte

Im Dschungelcamp geht es um Menschen, um Gefühle und Konflikte, die als Show inszeniert sind. Eike Immel etwa, ehemaliger Nationaltorwart, ging ins Camp, um sich eine Hüftoperation leisten zu können. Eine Tragödie, die das Leben schreibt. Sie finden das schlimm? Ich nicht. Dieses Wort hebe ich mir für Möchtegern-Seifenopern im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auf. Oder komplizierte Handlungen und schlechten Ton bei beliebten TV-Krimis. Aber nicht für eine Show, in der elf Kandidaten freiwillig und mit - zugegeben hohen - Gagen bedacht zwei Wochen lang miteinander im Freien verbringen.

Beim Dschungelcamp nimmt niemand irgendetwas ernst, selbst die Macher ihre eigene Show nicht. Nur die Kandidaten im australischen Urwald verbeißen sich irgendwann ineinander. Sie lästern, toben, intrigieren. Was Menschen eben tun, wenn man sie lässt. Das ist manchmal erschreckend. Aber es ist immerhin real.

Zuschauer sind zum Zuschauen da

Und wissen Sie, was das Beste am Dschungelcamp ist? Man kommt zur Arbeit, erzählt, was man am Abend zuvor gesehen hat - und streitet. Denn mindestens ein Kollege, so viel sei verraten, will auch gegen die Menschenwürde verstoßen und schaltet brav ein. Was dazu führt, dass Menschen in Deutschland morgens wieder über das Fernsehprogramm diskutieren. Selbstverständlich ist das nicht.

Für mich gilt deshalb der Grundsatz: Zuschauer sind zum Zuschauen da. Die Dschungelcamper wollen schließlich nicht vor leeren Rängen spielen.

"Das Dschungelcamp", RTL, 21.15 Uhr.

In Kooperation mit RP ONLINE.

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