Armin Mueller-Stahl wird 95: Ein Leben voller Kunst und Kultur
Thomas Mann war deutsche Kultur – im Exil in den USA und bis zu seinem Tod 1955 in der Schweiz. Der Schauspieler Armin Mueller-Stahl ist fasziniert von dem großen Schriftsteller, den er nicht nur in "Die Manns" (2001), sondern auch in der Adaption von dessen berühmtem Romans "Die Buddenbrooks" (2008) spielte. Doch Mueller-Stahl und Mann verbindet mehr: Mueller-Stahl, der am 17. Dezember sein 95. Lebensjahr vollendet, ist der wichtigste deutsche Schauspiel-Export in den USA. Auch er ist deutsche Kultur.
Er studierte ursprünglich Violine, schauspielerisches Talent wurde dem im ostpreußischen Tilsit geborenen Mueller-Stahl in seiner späteren ostdeutschen Heimat abgesprochen. Dennoch konnte er Anfang der 50er-Jahre ein Engagement ergattern und wurde fortan einer der wichtigsten Schauspieler der DDR. In den 70-ern machte er sich in der Politik unbeliebt, 1980 wurde schließlich sein Antrag auf Ausreise nach West-Berlin bewilligt. Das tat seiner Karriere keinen Abbruch. Der damals 50-Jährige etablierte sich mit Fassbinders "Lola" (1981) sogleich auch in Westdeutschland. Dennoch lehnte er große Fernsehrollen in "Der Alte" oder der "Schwarzwaldklinik" ab, ging stattdessen, des Englischen kaum mächtig, in die USA. Dort brachte er es bis zur Oscar-Nominierung für "Shine – Der Weg ins Licht" (1996).
Man sollte meinen, der verdiente Mime, auf den seine Mitmenschen mit Bewunderung und Respekt reagieren, bereue beruflich wenig. Dennoch gab er einmal zu: "Statt 25 Jahre Theater zu spielen, hätte ich mich lieber mehr mit der Musik beschäftigt. Wenn man morgens vor dem Rasierspiegel steht, komponiert man ja schon wild drauflos: Dadiedadie und so weiter. Das kann sich zu einer ganzen Symphonie auswachsen. Vielleicht wäre es sogar gut!" Eine Symphonie hat er nie komponiert, aber immerhin: Mit "Es gibt Tage ..." veröffentlichte er ein Musikalbum. Die Lieder dazu schrieb er selbst.
Karriere "langsam auslaufen" gelassen
In den 2000er-Jahren hatte sich Mueller-Stahl allmählich aus dem Filmgeschäft zurückgezogen. Mit den "Buddenbrooks", sagte er damals, wolle er seine Karriere "langsam auslaufen lassen". Doch zunächst sah es nicht danach aus. Nur ein Jahr später stand Mueller-Stahl in Hollywood für "Illuminati"und Tom Tykwers "The International" vor der Kamera. Sechs Jahre später kam dann aber doch der Abschied. Noch einmal ließ sich der große Mueller-Stahl von einem großen Filmemacher locken, als er mit Terrence Malick "Knight of Cups" (2015) drehte. Den Rummel wird er seither nicht vermissen: "Früher war das furchtbar", sagte er einmal über das Gezerre um seine Person. "Da war ich wie der Affe im Zoo. Ich dachte anfangs, dass ich das vielleicht einmal vermissen würde, aber jetzt ist es höchst befreiend, den Finger in die Nase stecken zu können, wann ich will", resümierte er ein wenig trotzig.
Armin Mueller-Stahl arbeitete nie für den Publikumserfolg: "Die Monster bringen Quote: Hitler mit Frauen, Hitler ohne Frauen, Hitler im Bunker, Hitler in Berchtesgaden." Dass sein Lieblingsprojekt "Thomas Mann" nicht zu den Hits zählte, störte ihn nur wenig, Mueller-Stahl darf fast schon als radikaler Künstler gelten. Auch in seiner, wenn man so will, dritten Leidenschaft, der Malerei, geht es nicht ums Gefallen: "Als Maler kann ich all die Farben und Motive meiden, die sich leicht verkaufen lassen. Ich will keine gefälligen Blumen, die dem Massengeschmack entsprechen." Das hindert ihn nicht daran, erfolgreich auszustellen.
Die Freiheit des Alters genießt Mueller-Stahl an der Seite seiner zweiten Ehefrau Frau Gabriele, mit der er seit 1973 verheiratet ist und einen gemeinsamen Sohn hat. Er gehöre "zu den ganz Seltenen", die seit Jahrzehnten eine glückliche Ehe führen, sagte Mueller-Stahl. "Für Hollywood-Verhältnisse bin ich ein Außerirdischer." Ein unstetes Single-Leben ist für ihn undenkbar: "Wenn ich mir vorstellen müsste, nach Hause zu fahren und da wäre nichts, was mich erwarten würde, ist das keine nette Vorstellung." An Aufregung soll es ihm, der in der Jugend eine "kurze, aber kräftige Lotterzeit" hatte, dennoch nicht fehlen: "Wenn man nichts erlebt, dann schrumpft die Vergangenheit zusammen zu einem grauen Häufchen Zeit", so Stahl.
Kehrt Armin Mueller-Stahl Deutschland den Rücken?
In den letzten Jahren, auch im hohen Alter, musste er einiges erleben. Anfang 2025 wurde sein Haus in Pacific Palisades, wo er bis dato neben einer Gemeinde an der Ostsee und Berlin gelebt hatte, von den Feuern vollständig zerstört. Auch in Deutschland, wo er nun hauptsächlich lebt, hat Mueller-Stahl zuletzt Dinge gesehen, die er nicht sehen will. Er empfinde Deutschland, sagte er jüngst der Illustrierten "Superillu" als "kein freundliches Land". Den "zunehmenden Antisemitismus" und das "Erstarken der AfD", das alles habe er "schon einmal erlebt", damals in der Nazizeit und während des Zweiten Weltkriegs. Das wolle er nicht noch einmal durchmachen, daher überlege er, endgültig ins Ausland auszuwandern. Es wäre ein Verlust für Deutschland.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH