Kölner Erfolgsduo

Seit 1997 ermitteln Ballauf und Schenk in der Domstadt. prisma hat mit den Schauspielern Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär über das 25-jährige Dienstjubiläum der Kommissare Max Ballauf und Freddy Schenk gesprochen. WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn vervollständigt die Fragerunde.
25 Jahre Tatort Köln: Was hätten Sie geantwortet, wenn Ihnen vor 25 Jahren gesagt worden wäre, dass Sie in 25 Jahren immer noch in neuen Fällen zu sehen wären?
Klaus J. Behrendt: Man hätte denjenigen nicht für voll genommen. Es ist unvorstellbar, und wir sind mit den Figuren viel weitergekommen, als wir uns das je hätten vorstellen können.
Dietmar Bär: Da wir damals und auch heute keine große Glaskugel vor uns hatten, hätte wir diese Frage schwer beantworten können. Im Nachhinein ist das schon eine ziemliche Strecke, die wir da machen konnten. Die lange Erfolgsgeschichte hat aber nicht nur mit uns zu tun, sondern mit dem Gesamtprodukt und dem Echo, das wegen der Geschichten, die wir erzählen, zu uns zurückkommt.
Was ist denn das Erfolgsrezept für den Tatort aus Köln?
Dietmar Bär: Wenn wir das wüssten, hätten wir nochmal 25 Jahre Tatort sicher (lacht). Das ist wahrscheinlich die Melange aus der Stadt, aus der Besetzung, aus den Büchern. Es ist schwer, da das Erfolgsrezept zu benennen. Das können vielleicht Außenstehende besser sagen.
Klaus J. Behrendt: Das ist schwer zu sagen. Die gesamte Filmindustrie, ob international oder national, überlegt ja ständig, wo der Schlüssel für den Erfolg liegt. Was macht einen erfolgreichen Film aus? Wie wird man erfolgreich, welche Zutaten braucht man dafür? Man findet es nicht so einfach, man kann ganz tolle Kollegen zusammenschmeißen, und irgendwie funktioniert es dann doch nicht. Es ist sehr schwer, jeder sucht danach, doch das Rezept, das immer funktioniert, ist noch nicht gefunden.
Herr Schönborn, was macht denn aus Ihrer Sicht den Reiz des Kölner Tatorts aus? Haben Sie selbst persönliche Verbindungen dazu?
Jörg Schönenborn: Erst einmal herzlichen Glückwunsch an Euch beide. Ich glaube, die Antworten von Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär sind ein wenig zu bescheiden. Natürlich gehört da viel zu, der Tatort, die Stadt, die Bücher, das Team. Aber für mich ist klar, dass Ihr da Charaktere geschaffen habt, die stark sind, obwohl sie häufig still auftreten, denen man vertrauen kann, die nicht persönlich scheitern, sondern immer wieder auf die Füße kommen und mir als Zuschauer deshalb einfach am Sonntagabend den festen Rahmen geben. Ihr führt mich da durch, ich weiß am Ende, ich kann irgendwie ruhig schlafen, auch wenn wir uns mit den schlimmsten Dingen beschäftigen, die in Köln passieren können. Und deshalb ist es kein Zufall, dass Ihr der erfolgreichste Ermittler-Tatort seid, da nehme ich Münster mal als Krimi-Komödie raus. Das sind zwei Kommissare, die haben über die Jahre ganz viel Vertrauen gewonnen. Und diese Figuren habt Ihr geschaffen.
Waren Sie von Anfang an ein Dream-Team? Von den beiden Münchener Kollegen wird erzählt, sie hätten sich erst ein wenig zusammenraufen müssen?
Dietmar Bär: Wir haben bereits 1990 das erste Mal zusammen für den WDR-Sechsteiler "Leo und Charlotte" gedreht. Da gibt es also eine rote Linie für uns beide zum Sender. Wir waren bereits befreundet, und Klaus kam 1995 auf mich zu, und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm das Projekt "Tatort Köln" anzuschieben. Wir kannten uns also bereits, und so ergab sich dann auch die Freundschaftsge-schichte zwischen Ballauf und Schenk über die Jahre hinweg in den Drehbüchern. Wir mussten uns auch nicht um jede Zeile kloppen, wie das bei den Kollegen in München schon mal zugehen kann. Dass da Sil-ben und Sätze gezählt werden: "Du hattest, glaub ich, gestern drei Sätze mehr als ich“ (lacht). Auf solchen Ebenen sind wir nicht unterwegs."
Klaus J. Behrendt: Uns war von Anfang an wichtig, dass es keinen Meister und keinen Knecht gibt, sondern zwei Figuren, die gleichgestellt sind. Wir wollten unbedingt auch Pro- und Contra-Positionen haben, die zeigen, dass Ballauf und Schenk sehr unterschiedliche Figuren sind, und dass es dadurch auch zwei unterschiedliche Sichtweisen auf den Film gibt. Dass es für das Publikum auch eine gewisse Spannung gibt, wo die Reise denn jetzt hingeht. Wem schließen wir uns an, dem Herrn Schenk oder dem Herrn Ballauf? Oder haben beide Unrecht? Das ist uns, glaub ich, ganz gut gelungen.
Wer entscheidet bei solch einem erfolgreichen Format, an welchen Stellschrauben gedreht wird? Welche Autos muss Freddy Schenk fahren? Was passiert mit der Würstchenbude? Wie filigran geht man da vor?
Jörg Schönenborn: Das ist natürlich Teamsache, aber am Ende muss natürlich auch jemand führen. Das macht die Redaktion, aber wir haben ja hier auch die Besonderheit, dass seit 25 Jahren mit der Bavaria Fiction eine Produktionsfirma für den Kölner Tatort arbeitet und somit nur zwei Produzenten mit Sonja Goslicki und Jan Kruse. Auch wenn die Entscheidung immer irgendwie beim Sender liegt, kann man gar nicht genug betonen, was starke Produzenten für die Entwicklung einer solchen Reihe bedeuten.
Wie konnten Sie sich denn zu Beginn in die Entwicklung der Figuren mit einbringen, wenn Sie zurückblicken, Herr Bär und Herr Ballauf?
Dietmar Bär: Es gab am Anfang eine Art Bibel, so haben wir das genannt. Darin gab es eine Art Vorlauf, eine Grundcharakterisierung der Figuren. Ballauf hatte ja schon eine dramaturgische Vorlaufgeschichte als Tatort-Kommissar in Düsseldorf. Niki Stein, Drehbuchautor und Regisseur, hat für die ersten beiden Fälle "Willkommen in Köln" und "Bombenstimmung", die wir direkt hintereinander gedreht haben, einen Vorlauf gegeben, dann schlüpft man in diese Rollen. Man nimmt die Figuren dann als Schauspieler an. So habe ich mir damals das erste Mal in meinem Leben mit 36 ein Paar Cowboystiefel gekauft, weil der Freddy Schenk da so eine Ader für hatte und hab die einlaufen müssen. Das kann ich aus dem Bereich des "Method Acting" erzählen (lacht). Man läuft dann auch ganz anders und kommt seiner Figur nahe. Und der Rest ergibt sich dann mit den Büchern im Arbeitsprozess.
Klaus J. Behrendt: Es gibt uns, die Schauspieler, dann gibt es die Produktion, die Redaktion, den Sender, und alle miteinander versuchen, die Figuren auf die Beine zu stellen. Das ist kein Gegeneinander, da hat auch jeder die Möglichkeit zu sagen, da klemmt es oder das passt mir jetzt nicht so.
25 Jahre sind ein unheimlicher Erfolg. Aber hat man, wenn man die Rollen so lange spielt, zwischendurch auch mal die Sorge, dass man festgelegt ist, dass man in eine Schublade gepackt wird, und bemüht man sich deshalb, auch Rollen zu bekommen, die ganz anders sind als der Kommissar, der ermittelt? Sucht man dann solche Rollen, die möglichst weit weg davon sind?
Klaus J. Behrendt: Wenn man bei Dietmar und mir den Katalog aufschlägt, was wir schon gemacht haben, da ist eine Menge an Fernsehspiel zu finden, auch beim WDR, aber auch bei anderen Sendeanstalten. Wir haben da ein sehr breit aufgestelltes Portfolio, das zeigt, dass wir nicht in die große Kiste mit der Aufschrift "Kommissar" gekommen sind, und das war es dann, bis du tot umkippst. Man darf auch nicht vergessen, der Tatort hat ja eine durchschlagende Wirkung mit Millionen von Zuschauern, aber wir haben auch sehr viele andere Figuren gespielt.
Dietmar Bär: Dieses Schubladen-Wort hört man ja öfters, gerade bei den jüngeren Kollegen, wenn man sich darüber unterhält. Es gibt da Berührungsängste bei den Angeboten, Tatort-Kommissare zu spielen, oder die Rollen zu übernehmen. Da fällt mir immer mein Freund Armin Rohde ein, der immer sagt: Erstmal reinkommen in die Schublade, Freunde. Dann könnt Ihr darüber reden, ob Ihr wieder aus der Schublade rauskommt. Zum anderen unterstütze ich das, was Klaus sagt. Ich habe einen Theater-Hintergrund und habe irgendwann diesen anderen Zweig wieder für mich entdeckt, diese Hauptschlagader unseres Berufs. Ich glaube zudem, dass man das steuern kann. Man wird ja für die Journalisten vom Schauspieler zum Tatort-Kommissar. Seit 1997 sind wir ja keine Schauspieler mehr, wir sind ja Tatort-Kommissare (lacht). Aber wie gesagt, man kann das steuern. Es ist ja ein unheimliches Privileg, sich neben diesen durchschnittlich drei Tatort-Produktionen im Jahr die anderen Projekte aussuchen zu können. Das geht vielen Kollegen nicht so, und dafür mach ich täglich eine Demuts-Kerze an.
Zwei Jungs aus dem Pott ermitteln in Köln: Dietmar Bär kommt aus Dortmund, Klaus J. Behrendt aus Hamm. Wäre es da nicht mal schön, bei den Kollegen in Dortmund vorbeizugucken?
Dietmar Bär: Das Ermitteln im anderen Feld haben wir ja mit der Fusion mit Leipzig 2000, 2002 und 2012 schon vorgemacht. Ich erinnere mich noch an meine Anlaufschwierigkeiten, die ich in meiner Heimatstadt Dortmund hatte. Da musste ich bei meinen Kollegen im Westfalenstadion die ersten Filme aus Köln mit Händen und Füßen verteidigen. Dann kamen die Fragen: "Warum machst du das denn nicht in Dortmund?", und da habe ich geantwortet, dass ich schon zehn Jahre in Köln bin und da auch hingehöre. Man sieht ja auch, welchen Erfolg das Team in Dortmund hat. Es wäre bestimmt auch mal witzig, uns zusammenzubringen. Die Dortmunder haben das ja mit den Münchenern auch schon gemacht. Ich liebe solche Fusionen, auch wenn man in der alten Tatort-Archiv-Kiste alte Filme sieht, wenn sich die Wege der Kommissare in der 70er und 80ern gekreuzt haben. Also wir haben hier offene Ohren.
Der Ballauf hat ja einen Düsseldorfer Hintergrund: Seine Vorgeschichte spielt sich in den Tatort-Filmen mit Martin Lüttge alias Hauptkommissar Bernd Flemming ab, in denen Sie in acht Folgen mitgespielt haben, Herr Behrendt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Klaus J. Behrendt: Den Kollegen mochte ich sehr, Gott hab ihn selig den Martin. Ein sehr netter und toller Kollege. Der Tatort war aber ganz anders aufgestellt als die Kölner Geschichten. Ich sprach ja vorhin vom Meister und dem Knecht. In diesem Fall war Martin Lüttge der Meister und der hatte zwei Assistenten, die wurden ins Feld geschickt, und das waren sozusagen die Knechte. Das ist hier in Köln eben nicht so, da sind zwei Kommissare auf Augenhöhe, die sicherlich verschiedene Ansichten haben, was die Fälle angeht. Aber da war Düsseldorf ganz anders konstruiert. Aber ich habe den Martin in sehr guter Erinnerung, ein ganz wunderbarer Kollege.
Vom Kollegen Ulrich Tukur, der im Wiesbadener Tatort den beliebten Ermittler Felix Murot spielt, hört man kritische Worte. Er spricht da über die Budgets des Tatorts und die Geldverteilung bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern, und ob er sich da noch so wohlfühlt. Gab es da bei Ihnen in der Vergangenheit auch schon kritische Gedanken oder waren Sie da stets zufrieden?
Dietmar Bär: Zufrieden ist man nie, da ist nie genug Geld da. Es gibt verschiedene Drehbücher: Da sind die Kammerspiele, die natürlich anders aufgestellt sind als ein großer Film mit großem Cast, der mit vielen Motiven arbeitet. Was der Uli da anspricht, ist nicht unberechtigt. Wir tauschen uns ja an den Lagerfeuern der Tatort-Kommissare bei unseren Treffen auch aus. Wir sind die Flaggschiffe der ARD und natürlich wünscht man sich da auch die besondere Pflege. Es sind momentan aber dunkle Zeiten, und ich muss mich da auch auf anderen Foren verteidigen und sagen, seid froh, dass wir unsere Formate haben und wir das auf dem Niveau mit Kamera, Regie und Cast so hinkriegen.
Jörg Schönenborn: Dietmar Bär hat es eben schon angedeutet, wenn man so öffentlich arbeitet, wie wir das tun, ist man immer beidem ausgesetzt. Alles ist irgendwie zu teuer und jede Summe wird hinterfragt. Und wenn man weiß, dass ein Tatort mindestens 1,6, 1,7 oder 1,8 Millionen Euro kostet, ist das eine Summe, die für normale Zuschauer unvorstellbar ist, und zugleich ist es die tägliche Diskussion, wenn die Bücher kommen, wie viele Szenen können draußen stattfinden. Jetzt haben wir in Köln das Glück, das die Stadt Fernsehproduktionsort ist. Das ist in Münster oder Dortmund schwieriger. Natürlich sind wir in diesem Konflikt, aber wir müssen als ARD darauf schauen, dass wir den Tatort und den Polizeiruf 40-, 45-mal im Jahr machen. Insofern ist das Budget immer etwas, wo man gucken muss, gibt es etwas Besonderes im Film oder muss man das auf alle Filme umrechnen. Wir haben aber auch sehr deutliche Akzente gesetzt mit Event-Serien, mit Mehrteilern, wo wir durch Co-Produzenten, durch andere Finanzierungskonzepte auch Möglichkeiten schaffen, auf ganz hohem dramaturgischem und künstlerischem Niveau zu arbeiten. Ich nenne da Babylon Berlin, was internationale Finanzierungpartner hat. Insofern hat in der ARD alles seinen Platz. Ich möchte aber auch etwas sagen, was die Kreativen gerne als Einladung sehen dürfen: Ich würde mich über gute Ideen freuen, mit denen der Tatort im Einzelfall auch aus seinem Kleid herauswächst. Der Tatort "Manila" des Kölner Duos ist da ein gutes Beispiel. Nicht aus Prinzip, sondern weil es auch einem Bestseller wie dem Tatort guttut, wenn es einen besonderen Punkt an Aufmerksamkeit gibt. Wenn es das Buch gibt, wenn es die Idee gibt, das Besondere gibt, dann steh ich auch gerne dafür auf, dass wir das Ausnahme-Budget schaffen.
Wie sehen denn nach 25 Jahren die Zukunftspläne für den Kölner Tatort aus?
Dietmar Bär: Ich versuche es immer damit zu beantworten, dass Sie mit einem 61-jährigen und 62-jährigen Hauptkommissar der Kripo Köln darüber reden und wenn man sich die Rentenlandschaft in Deutschland anschaut, dass sie noch ein paar Jahre vor sich haben. Wir haben natürlich andere Hintergründe und Verträge über einen gewissen Zeitraum. Wir arbeiten noch.
Jörg Schönenborn: Als ich zum 20. Geburtstag genau diese Frage gestellt bekam, war ich total überrascht, weil ich sie echt weit hergeholt fand und nicht verstand, warum man sich diese Frage stellt. Da habe ich gesagt, dass ich mich auf den 25. Geburtstag freue. Heute bin ich vorbereitet und kann nur sagen, wir vom WDR haben mit Ballauf und Schenk noch eine Menge vor. Ich glaube, das Publikum hat auch die Erwartung, dass die Beiden als gute Freunde, als Bekannte, als Vertraute bleiben. Von Seiten des WDR gibt es die Einladung, es sollte nicht der letzte Geburtstag sein.
Was wünschen sich die Kommissare für die Zukunft?
Klaus J. Behrendt: Wir wünschen uns gute Arbeit mit guten Leuten, mit guten Regisseuren und guten Kollegen. Und gute Bücher, denn das ist nicht selbstverständlich, da steckt immer eine Menge Arbeit hinter.
Dietmar Bär: Ich wünsche mir in der Zukunft manchmal doch besser funktionierende Oldtimer (lacht). Was Sie alle nicht wissen, wir müssen uns dann häufiger mit wunderschönen Autos auseinandersetzen, die eben schon etwas älter sind. Ich frage mich dann öfters, warum kommt dieses Auto in diesem Zustand jetzt zu uns ans Set. Das ist ein heiliger Wunsch, den kann ich aber nur mal in die Ferne schicken, da können wir eben nichts gegen machen. Aber manchmal sieht das Auto dann vorher besser auf dem Schirm aus, als wenn Freddy dann da drinsitzen muss (lacht).
Klaus J. Berendt: Sonntag, 20.15 Uhr, das hat sich bei uns so eingebrannt, dann kommt eben der Tatort. Das ist der geilste Sendetermin in der Woche, das ist nun einmal so. Das Wochenende geht zu Ende, man schaut sich noch einen – hoffentlich – schönen Krimi an, und dann fängt auch wieder die Woche an. Das ist so fest drin seit vielen Jahren und jetzt auf einmal gibt es so einen Umschwung mit den vielen Streaming-Diensten, die jungen Menschen sind nicht mehr so auf eine Uhrzeit fixiert. Das finde ich sehr spannend, was da jetzt so kommt, womit ich zurück zu Ihrer Frage komme, was ich mir wünsche. Ich wünsche mir, dass auch ein junges Publikum an den Tatort herangeht und großen Gefallen an dieser Produktion hat.
Der Tatort-Ausstrahlung ist nun einmal linear und kann nicht durch die Mediathek umgangen werden…
Jörg Schönenborn: Als wir 50 Jahre Tatort gefeiert haben, haben wir uns sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, bleiben wir dabei, dass der Tatort unser einziges Angebot bleibt, das vorab nicht in der Mediathek zu sehen ist. Im ersten Moment erschien uns das absurd und wir dachten, nein, wir müssen das jetzt ändern. Bei näherem Nachdenken sind wir dann aber zu dem Schluss gekommen, zum Zauber des Tatorts gehört auch, dass er an einen bestimmten Abend in der Woche gehört, dass er mit einer gewissen Psychologie das Wochenende abschließt, und dass es etwas ist, von dem ich weiß, viele andere, die ich kenne, haben das auch wahrgenommen und mit denen kann ich drüber sprechen, oder chatten oder wie auch immer. Ob das so bleibt – für jetzt, für heute ja – ist aber eine Frage, die vielleicht in kurzer Zeit schon neu zu stellen ist. Denn wir erleben, dass das TV-Publikum am Hauptabend in diesem Jahr deutlich geschrumpft ist. Am Sonntag weniger, aber in der Woche ist die Zahl im gesamten Fernsehmarkt um 20.15 Uhr von 21 auf 18 Millionen zurückgegangen. Ob das jetzt mit heißem Sommer, dem Glücklichsein, dass die Pandemie etwas abgeflaut ist, lag, oder ob sich das Publikum gerade komplett umstellt, das kann man im Moment noch nicht sagen. Da könnte es aber sein, dass sich in wenigen Jahren die Frage nach dem Tatort noch einmal stellt. Stand heute, gehört aber zur Wertschätzung dieses Formats dazu: Ich weiß, wann er kommt, und er beendet mein Wochenende.
Was wünschen Sie denn dem Kölner Tatort und den beiden Hauptdarstellern, Herr Schönenborn?
Jörg Schönenborn: Wir gehen ja in noch schwierigere Zeiten gesellschaftlich, das Gefühl haben wir schon häufiger gehabt, aber bei all dem, was möglicherweise noch vor uns liegt, ist diese Flucht in Geschichten ja noch einmal von ganz anderer Bedeutung. Deshalb wünsche ich mir, dass Ballauf und Schenk am Ende stark bleiben, und bei allem, was sie ertragen, aufklären und worum sie ringen müssen, diejenigen sind, die mir am Ende das Gefühl geben, man kann auch schwere Zeiten durchstehen und schwierige Aufgaben bewältigen.