Die düstere Seite der Digitalisierung
Die Zukunft ist düster, zumindest in "Arcadia": In der international co-produzierten Serie, die hierzulande unter anderem in der ARD Mediathek zu sehen ist, müssen sich die Menschen mittels eines "Bürgerscores" beweisen – eine erschreckende, aber nicht wirklich neue Idee.
Was, wenn – zum Beispiel aufgrund des Klimawandels – die Vorräte knapp werden? Wenn die Ressourcen nicht mehr für alle Menschen reichen? Wie wird entschieden, wer essen darf und wer nicht? – In der vermeintlich paradiesischen neuen Welt "Arcadia", wie auch der Titel der niederländisch-belgisch-deutschen Near-Future-Serie lautet, sind auf diese Fragen längst Antworten gefunden. Ein Bürger-Score, ablesbar an einem in der Hand implantierten Chip, bestimmt Klasse und Status der Menschen; gut leben dürfen vor allem diejenigen, die sich als besonders gesund, fokussiert und effizient erweisen.
ARD Mediathek (ab 18. August) meets George Orwell: Als Familienvater Pieter (Gene Bervoets) den Algorithmus austricksen will, kommt man ihm auf die Schliche – er wird in die unwirtliche Außenwelt strafversetzt. Auch seine Frau (Monic Hendrickx) und seine erwachsenen Töchter erwartet ein harter Überlebenskampf: Wer einen niedrigen Score hat, wird sozial geächtet, im Krankenhaus nicht behandelt, darf nicht mehr studieren oder heiraten. Die Message ist klar: Statt in Emanzipation und Utopie landet man durch den Fortschritt gewisser Technologien nicht selten in Selbstausbeutung und autoritärer Knechtschaft.
"Arcadia" erinnert an "Black Mirror"
Fans der Netflix-Serie "Black Mirror" dürften an dieser Stelle hellhörig werden: In der 2016 erschienenen Episode "Nosedive" bemisst das Smartphone den gesellschaftlichen Wert eines Menschen an dessen Social-Media-Punkten. Erreicht werden diese jedoch nicht nur online, sondern auch in realen Interaktionen. Die Folge: Eine verstörende Pastellwelt aus falschem Lachen und falschen Menschen – samt jener Ausgestoßenen, die keine Social-Media-Punkte mehr haben.
Tatsächlich ist die dystopische Geschichte, die "Black Mirror" einst in Kurzform behandelte und "Arcadia" nun über acht Episoden hinweg erzählt, mancherorts längst Realität – und deutlich banaler. In China etwa wurde bereits vor geraumer Zeit ein Sozialkreditsystem eingeführt. Zum vollständigen Techno-Autoritarismus ist es dort bislang jedoch nicht gekommen, wohl auch, weil es an technischen Mitteln und Digitalisierung mangelt. Gruselig bleibt die Vorstellung jedoch allemal – gänzlich unrealistisch ist das Schauermärchen vom technisch versierten Überwachungsstaat schließlich nicht.
Spannend, aber wenig innovativ
"Man muss nicht nach China schauen, um das Prinzip des Social Scoring, das 'Arcadia' zugrunde liegt, auch in der Wirklichkeit zu finden", erklären Alexander Bickel, Leiter Programmbereich Fiktion beim WDR, und Barbara Biermann, Leiterin der Hauptabteilung Fiktion und Familie beim SWR: "Wer hierzulande eine Wohnung sucht, einen Kreditvertrag abschließt oder bloß bargeldlos im Internet bezahlen möchte, sieht sich mit einem Punktestand für die eigene Kreditwürdigkeit konfrontiert. Und erlebt mitunter eine böse Überraschung."
Noch weitaus bösere Überraschungen erwarten indes die Protagonisten in "Arcadia". Es ist spannend und zugleich erschreckend, wie rigoros die Herrschaftsriege durchgreift, wenn der Score in Richtung Mindestpunktzahl sinkt. Wirklich neu ist an der Serie des niederländischen Regisseurs Tim Oliehoek (Drehbuch: Philippe de Scheper, Bas Adriaensen und Zita Theunynck) aber leider wenig. Wer "1984", "Die Tribute von Panem" oder auch die bereits erwähnte Netflix-Anthologie "Black Mirror" kennt und mag, dürfte zwar Gefallen an "Arcadia" finden, vielleicht aber auch ein wenig enttäuscht sein ob der wenig innovativen Handlung.
Die Serie ist zeitgleich zum Start in der Mediathek auch linear bei ONE zu sehen. Dort werden die ersten drei Folgen am 18. August, Folge vier bis sechs am 19. August und die letzten beiden Episoden am 20. August, jeweils ab 20.15 Uhr, gezeigt.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH