Bei "Maischberger"

Dieter Nuhr über die deutsche Gesellschaft: "Ich habe das Gefühl, dass wir immer mehr die Wahrheit verlieren"

22.03.2024, 08.37 Uhr
von Marko Schlichting

Am Mittwochabend war Dieter Nuhr zu Gast im Talk von Sandra Maischberger. Der Kabarettist wird häufig für seine politischen Aussagen angefeindet. In der Sendung sorgte er sich über die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und erklärte, dass er politisch in der Mitte stehe.

Der Kabarettist Volker Pispers nannte Dieter Nuhr einmal überspitzt den "humoristischen Arm der Pegida". Pispers steht in seinen politischen Ansichten ziemlich weit links. Es gebe aber auch Menschen, die nennen ihn "Agent des Systems", sagt Dieter Nuhr. Der Kabarettist, der sich selbst als Satiriker bezeichnet, ist am Mittwochabend bei Sandra Maischberger im Ersten zu Gast. Da soll er seine politischen Ansichten erklären. Das macht er auch, aber anders als gedacht: weniger satirisch, sondern sehr nachdenklich.

Dieter Nuhr: "Es ist meine Aufgabe als Satiriker, infrage zu stellen"

Politisch sieht sich der ehemalige Mitbegründer der Grünen in der Mitte. Aber: "Es ist meine Aufgabe als Satiriker, infrage zu stellen", sagt er. Und das tut er, donnerstags in der ARD und im Rahmen seiner aktuellen Tournee. Auch wenn das einigen nicht in den Kram passt.

Er selber sieht sich als "grundverzweifelt", und das schon seit seiner Kindheit in den 1970er-Jahren. "Da verzweifelte man an den Umweltschäden – damals stank der Rhein. Und an Atomkraft, und am Nato-Doppelbeschluss, und die Welt geht unter." Das sei dann durch Nuhrs ganzes Leben gegangen. Manchmal frage er sich, ob er mit seinem Weltuntergangsglauben zu negativ denke. "Aber wenn ich so eine Sendung sehe wie hier, dann denke ich, doch, das ist richtig, die Welt geht unter, es wird alles wunderbar."

Grundvertrauen sei verloren gegangen

Ein besonderes Problem gebe es in Deutschland: Die Deutschen suchten immer nach einer Lösung. Aber gerade jetzt seien da immer wieder Probleme, für die es einfach keine Lösung gebe. In den USA zum Beispiel. Mit Blick auf die Wahlen im November sagt er: "Ich finde das alles grotesk. Ich stehe fassungslos davor." Da sei Joe Biden, bei dem man nicht sicher sein könne, ob er im Herbst noch wisse, dass er zur Wahl stehe, und da sei Donald Trump, der neulich Viktor Orbán als Führer der Türken bezeichnet habe. Nuhr: "Das ist witzig, aber eigentlich nicht zum Lachen."

Ein weiteres Problem, das es grade in Deutschland gebe: "Ich habe das Gefühl, dass wir immer mehr die Wahrheit verlieren." Immer mehr Menschen fielen auf Verschwörungserzählungen herein. Nach einem seiner Auftritte habe ihm ein Zuschauer vorgeworfen, er behaupte, die Erde sei rund. Dabei sei sie in Wahrheit eine Scheibe. "Ich habe ihm dann gesagt, ich bin schon mal drum rumgeflogen und habe es gesehen. Und das glaubte er nicht. Er meinte, die machen das mit Absicht. Die fliegen eine ganz langsame Kurve, damit man denkt, man fliege drum herum."

Durch viele Erschütterungen wie die Corona-Krise sei ein Grundvertrauen in der Öffentlichkeit verloren gegangen, glaubt Nuhr. Käme dann jemand um die Ecke und behaupte, er sei der Führer, würden viele ihm folgen. Ein Grund für das "Verlieren der Wahrheit" sei zudem die Informationsflut, der die Menschen immer mehr ausgesetzt seien. Dagegen hat er ein Rezept, das er den Zuschauern mit auf den Weg gibt: "Ich gehe nicht mehr mit Handy aufs Klo."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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