Ein Transporter fährt in eine Menschenmenge. Steckt die Mafia hinter dem Anschlag? Doch auch zwei Deutsche verhalten sich verdächtig.
Der 15. Fall um die Bozener Chefkommissarin Sonja Schwarz (Chiara Schoras) beginnt in den Weinbergen Südtirols. In Sonjas angeheirateter Weinbauernfamilie hat sich ein Mensch aus Deutschland eingemietet, ein Journalist (Dirk Borchardt), der was Schönes über das Weingut und seine Winzer schreiben will. Während sich Sonjas Schwiegermutter schon über den künftig verdreifachten Umsatz freut, fährt ein Transporter in die Menge der Gäste vor einem Café in Meran.
Nachdem in Thorsten Näters Donnerstagskrimi alle Welt auf einen Anschlag der Mafia tippt, macht sich ein deutscher Tourist verdächtig, der sich vom Tatort davonstehlen will. Er wird sich alsbald als früherer Kollege Sonjas aus Frankfurter Zeiten erweisen – die Welt ist bekanntlich klein. "Vergeltung" ist nach "Verspieltes Glück" in der vergangenen Woche der zweite neue Krimi der Reihe hintereinander.
Thorsten Näter (Buch und Regie) geizt weder mit saftigen Dolomitenpanoramen noch scheut er verwinkelte Drehbuch-Pfade. Kaum hat "Commissario" Sonja Schwarz ihre mehrere Folgen übergreifende Beziehung zu einem Antimafia-Polizisten beendet, wird sie nun von einem Frankfurter Ex-Kollegen namens Mike (Hendrik Duryn) in eine neue Affäre hineingezogen. Wie sollte sie sich aber auch erwehren, wenn sie der Frankfurter mit zwei Flaschen Champagner unter dem Arm dazu verführt, über einen Zaun ins nahe Burgmuseum einzusteigen, um dort eine Nacht vor güldenen Buddhas zu verbringen?
Der Frankfurter Bulle gibt sich dabei als Sonjas Beschützer aus. Gefährdet sei sie, verfolgt von einem Mörder, den sie vor Jahren hinter Gitter brachte. Zu Unrecht, versteht sich – jetzt übt der Mann angeblich Rache. Oder ist es am Ende doch wieder die Mafia?
Schade, dass sich Polizist Mike so dreist gebärdet, dass man ihm die gute Beschützer-Absicht nicht so recht glauben mag. Aber auch der Journalist auf dem Weingut macht sich verdächtig – warum bloß versteckt er ein Schießeisen im Luftschacht seines Zimmers? Der Spuren sind da noch längst nicht genug gelegt: Ein Banker war unter den vor dem Café Verletzten, er hatte einem in Not geratenen Handwerker immer wieder den rettenden Kredit verweigert. Und erst der religiöse Eiferer Jakob (Wolfgang Menardi), den es so beängstigend umtreibt, dass er sich von der Brücke stürzen will: Wie gut, dass Sonjas Kollege Jonas (Gabriel Raab) so bibelfest ist und mithalten kann bei einer rettenden Zitatenschlacht mit dem Lebensmüden.
Wer ist hier Verfolger, wer der Verfolgte? – Wer's wirklich wissen will, wer dieses Vexierspiel um zwei Fremde durchhalten will, braucht einige Geduld. Sehr viele Erklärungen, viel Dialog. Es dauert, bis man beim Showdown vor Bergkulisse endlich aufatmen darf und sich Sonja und ihr treuer Kollege Jonas in die Armen fallen. Mehr Heimatgefühl täte dem Bozen-Krimi gut – und mehr Lässigkeit! Man schaue doch bei Gelegenheit einfach mal bei den Österreichern und deren "Landkrimis" vorbei. Ist ja von Südtirol aus gar nicht so weit.
Der Bozen-Krimi: Vergeltung – Do. 10.03. – ARD: 20.15 Uhr